Alive
Ein kurzer Film über die Liebe

Ein kurzer Film über die Liebe

Originaltitel
Krótki film o milosci
Alternativ
Dekalog, Sechs (DVD + TV-Titel)
Regie
Krzysztof Kieslowski
Darsteller
Emilia Ziólkowska, Malgorzata Rozniatowska, Jaroslawa Michalewska, Hanna Chojnacka, Krzysztof Koperski, Jan Piechocinski
Kinostart:
Deutschland, am 20.04.1989 bei Filmverleih Die Lupe
Genre
Drama
Land
Polen
Jahr
1988
FSK
ab 12 Jahren
Länge
87 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
10,0 (1 User)
Faszinierendes Werk über Einsamkeit und Liebe
Der schüchterne und einsame Tomek (Olaf Lubaszenko) ist gerade 19 Jahre alt und arbeitet als Postangestellter. Vorübergehend bewohnt er das Zimmer eines Freundes in einer der vielen tristen und anonymen Warschauer Wohnkomplexe. Die Mutter (Stefania Iwińska) eines Freundes nimmt Tomek herzlich bei sich auf. Sie ist der einzige soziale Kontakt, den der junge Mann zu der Außenwelt hat. Aus Langeweile beginnt er, seine deutlich ältere Nachbarin, die Künstlerin Magda (Grazyna Szapolowska), im gegenüberliegenden Haus per Fernrohr zu beobachten. Langsam entsteht ein Interesse für ihr Leben, ihre Gewohnheiten und ihre Liebschaften. Anfangs passiv beobachtend, beginnt Tomek Gefühle für Magda zu entwickeln und beginnt aktiv in ihr Leben einzugreifen. Schließlich gesteht er der Künstlerin seine Liebe - doch diese weist ihn zurück. Das hat nicht nur für Tomek weitreichende Folgen.
"Ein kurzer Film über die Liebe" ist der sechtse Teil von Krzysztof Kieslowskis Dekalog. Er behandelt das biblische Gebot, "Du sollst nicht ehebrechen". Es geht dem polnischen Regisseur um die Liebe, den Schmerz und die Einsamkeit. Mit reduzierten visuellen Mitteln spiegelt er die Seelenlage seiner Protagonisten wieder. Dunkle, menschenleere Straßen, schwach leuchtende Laternen und die triste Einsamkeit der anonymen Warschauer Wohnsiedlung, dass man hier auf trübsinnige Gedanken kommt, scheint vorprogrammiert. "Krótki film o milosci" ist ein ruhiger Film, der zum großen Teil in der Nacht spielt und mit wenigen Dialogen auskommt. Wird man zu Beginn noch an Werke wie Alfred Hitchcocks "Fenster zum Hof" erinnert, so hat Kieslowskis Werk tatsächlich wenig mit Voyeurismus zu tun. Vielmehr geht es ihm um die Einsamkeit seiner Charaktere, um die unterschiedliche Auffassung von Liebe, um zarte Annäherungsversuche und rüde Zurückweisung. Dabei hat der Regisseur keine Angst vor Perspektivwechsel. Erlebt man die erste Hälfte des Films aus den Augen und den Gefühlen des männlichen Hauptdarstellers, so ändert sich abrupt. Der Zuschauer ist gefordert. Beschleicht ihn über die gesamte Spielfilmlänge ein deprimierendes, unbehagliches Gefühl und will man aus dieser ausweglosen Situation austreten, so hilft vielleicht ein kleiner Tipp: dranbleiben, durchbeißen und genießen.
Andrea Niederfriniger, Filmreporter.de
Alive
Ein Kurzer Film über die Liebe
2024