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Zug der Vögel

Zug der Vögel

Originaltitel
Les ailes de la nature
Regie
Jacques Cluzaud
Darsteller
Jacques Perrin
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Dokumentarfilm
Land
Frankreich
Jahr
2002
Länge
172 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Unaufgeregte aber begeisternde Doku über Zugvögel
Für den erfolgreichen, oscarnominierten "Nomaden der Lüfte" (2001) haben die Filmemacher Jacques Cluzaud und Michel Debats neue Techniken für besondere Aufnahmen mit Vögeln konstruiert. Für Cluzauds nächstes Projekt, "Zug der Vögel" (2002) konnte der Dokumentarfilmer auf dieses Wissen zurückgreifen. Mit Ultraleichtflugzeugen hat er Nahaufnahmen von Schwärmen in der Luft gemacht. Das Kamerateam hat ein Jahr des Lebens von Zugvögeln wie Kranichen, Pelikanen und Wildgänsen begleitet. In vier Episoden dokumentiert der Film die Etappen der Vögel und beginnt mit der Balzzeit im Winter. Er folgt den Schwärmen auf ihrem Zug in Gefilde mit reicherem Nahrungsangebot.
Wenn ein Dokumentarfilm eine Naturgeschichte erzählen will, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder beschreibt der Film objektiv die vorgefundenen Zustände ohne schmückendes Beiwerk und legt dadurch einen unverfälschten Tatsachenbericht vor. Oder aus dem Dokumentarfilm wird ein selbstständiges Kunstwerk gemacht. Mit aufwendigen Bildern und dramaturgisch platzierter Musik versuchen diese Filme die Aufmerksamkeit des Zuschauers in eine bestimmte Richtung zu lenken. Damit verfälscht die reine Naturerfahrung.

In "Zug der Vögel" ist Jacques Cluzaud und Michel Debats der Spagat zwischen beiden Ansätzen gelungen. Die Dokumentation enthält Szenen, in denen die Kamera rein narrative und objektive Aufgabe erfüllt. Sie dokumentiert etwa den Zug der Vögel. Andere Aufnahmen wiederum erzeugen einen künstlerischen Eindruck. So wirkt zum Beispiel eine Flamingo-Szene zum Blick durch ein Kaleidoskop: Wenn der große Schwarm aufsteigt, sieht man ein bewegtes Farbenspiel aus weiß, hellrosa und schwarz. Nur hin und wieder ist in der Flut von Rottönen ein einzelner Vogelkörper auszumachen. Andere Filmbilder wirken wie Gemälde in Bewegung, wenn unzählige schwarze, m-förmige Vogelsilhouetten vor dem graublauem Himmel aufsteigen und sich wieder fallen lassen.

Durch die Musik von Bruno Coulais wird der künstlerische Anstrich des Dokumentarfilms verstärkt. An bestimmten Stellen verdichten seine Kompositionen die Natur-Atmosphäre. Der Soundtrack ist keine reine Tonunterlage für eindrucksvolle Aufnahmen, sondern steht gleichberechtigt neben den Bildern und unterstützt deren Aussage. Durch einen elegischen Singsang bekommt der Balztanz zweier Kraniche, die umeinander herumhüpfen, etwas anmutiges, kunstvolles. Dieser Effekt ist von den Regisseuren gewollt, die manche Filmbilder bewusst künstlerisch gestaltet haben. Diese Szenen dominieren den Film aber nicht, sondern sind stimmig mit den objektiven, narrativen Abschnitten zu einer Einheit verwoben. Das macht den "Zug der Vögel" zum einem optisch packenden und emotional berührenden Dokumentarfilm. Er vermittelt die Begeisterung der Regisseure über den Vogelzug, den sie als rätselhaftes aber fantastisches Naturwunder verstehen. Dieser Enthusiasmus gibt dem Film seine Spannung und Intensität, die den Zuschauer aufmerksam hält.
Lena Pauli/Filmreporter.de
2024