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Zug des Lebens

Zug des Lebens

Originaltitel
Le train de vie
Regie
Radu Mihaileanu
Darsteller
Constantin Draganescu, Mircea Constantinescu, Cornel Ciupercescu, Corneliu Revent, Alexandru Georgescu, Mircea Cojan
Kinostart:
Deutschland, am 23.03.2000 bei Movienet Film
Genre
Komödie
Land
Frankreich, Belgien, Rumänien, Niederlande
Jahr
1998
FSK
ab 6 Jahren
Länge
103 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
9,0 (Filmreporter)
8,5 (8 User)
Skurrile Charakteren, absurd komische Geschichte
Das kleine osteuropäisches Schtetl ist im Sommer 1941 in hellem Aufruhr. Die jüdischen Bewohner begreifen langsam, wie nahe die Nazis schon an ihr Dorf herangerückt sind. Die Angst vor der Deportation ins Konzentrationslager bringt Dorfnarr Schlomo (Lionel Abelanski) auf eine aberwitzige Idee: Die Einwohner sollen sich selbst deportieren, sollen den Deutschen ihre eigene Verschleppung vorspielen und mit einem Geisterzug voller falscher Nazis und fast echter Häftlinge gen Palästina flüchten. Also wird ein Zug organisiert und properes Deutsch gelernt.

Auch Nazi-Darsteller müssen ausgewählt und ausgebildet werden, was sich als gar nicht so leicht herausstellt, denn zunächst will keiner die kalten Mörder spielen. Doch am Ende siegt der Gemeinsinn, in einer dunklen Nacht besteigt das ganze Dorf ihren "Zug des Lebens". Die "Deportierten" fahren im Viehwagon, die "Bewacher" in den Salonwagen. Eine Odyssee mit ungewissem Ausgang beginnt. Die Flüchtlinge müssen nicht nur die deutschen Soldaten täuschen, sie geraten gleichzeitig in Gefahr, weil Partisanen ihr Schauspiel nicht durchschauen und den Zug angreifen wollen. Die Rollenverteilung innerhalb der Gemeinschaft verselbständigt sich nach und nach und treibt die absurdesten Blüten. Schließlich werden die Reisenden doch von deutschen Nazis gestoppt, doch deren Deutsch hat eine seltsame Sprachfärbung ...
Als "Zug des Lebens" im März 2000 mit zwei Jahren Verspätung in die deutschen Kinos kommt, ist viel von Roberto Benigni und "Das Leben ist schön" die Rede. So viel, dass der Film des in Frankreich lebenden rumänischen Regisseurs Radu Mihaileanu in den Schatten der erfolgreichen Komödie geriet. Dabei sollte Benigni zunächst die Hauptrolle von "Train de Vie", so der Original Titel, übernehmen. Nach dem ausgiebigen Studium des Drehbuchs lehnte der jedoch ab und produzierte stattdessen sein Oskargekröntes Werk.

Dass Mihaileanu ohne den italienischen Star große Schwierigkeiten hatte, die Finanzierung zu bewerkstelligen versteht sich von selbst. Seine Klage gegen Benigni hatte dennoch keinen Erfolg, denn außer der grundsätzlichen Thematik haben die Filme wenig gemein. Das tragikomische Railroadmovie errang trotz aller Schwierigkeiten eine ganze Latte renommierter Filmpreise, unter anderem in Sundance und Venedig. Gespickt mit dem sprichwörtlichen jiddischen Humor balanciert "Zug des Lebens" gekonnt zwischen Tragik und Komik. Er geht sehr sensibel mit der Frage um, wie man sich dem Völkermord auf humoristische Weise nähern sollte.

Melancholischer als Ernst Lubitsch der mit dem beißenden Spott von "Sein oder Nichtsein" schon 1942 die Maßstäbe für NS-Komödien setzte, erzählt Mihaileanu seine aberwitzige Geschichte, ist unterhaltsam und nachdenklich zugleich. Dass sein Schluss nicht aus einem lächerlich-witzigen Ende besteht und der Film dennoch nicht in Peinlichkeiten abrutscht, verdankt er einem genialen Einfall. Der Kloß im Hals ist hernach nicht so leicht zu schlucken wie die Witze zu Beginn. Aber das sollte bei diesem Thema auch eine Selbstverständlichkeit sein. "Le train de vie" geht nicht nur ernsthafter mit dem heiklen Thema um, er ist auch entschieden lustiger als sein italienisches Pendent. Das liegt an den herrlich skurrilen Charakteren, der absurd komischen Geschichte und den vielen netten Details. Die deutsche Synchronfassung ist dem französischen Original vorzuziehen, da der jiddische Dialekt und Sprachwitz zentral im Leben osteuropäischer Juden war. Last but not least ist der Soundtrack zu erwähnen, die Mischung aus osteuropäischer jüdischer Volksmusik und den nicht minder melancholischen Klängen der Roma und Sinti vermischen sich zu einem akustisch überzeugenden Ensemble.
Nicola Turri, Filmreporter.de
Videoclip: Zug des Lebens
Die Einwohner des kleinen jüdischen Schtetls wollen den heranrückenden Nazis durch einen aberwitzigen Trick entgehen: Sie inszenieren ihre eigenen...
 
Galerie: Zug des Lebens
Radu Mihaileanu setzt in "Zug des Lebens" gekonnt auf das sensible Gleichgewicht von Tragik und Komik. Er hätte neben den unzähligen Filmpreise...
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2024