3 Zimmer/Küche/Bad

Künstlerische Allianzen gibt es im Kino immer wieder. Sei es, dass zwei Regisseure zusammen inszenierten, mehrere Autoren an einem Drehbuch werkeln oder der Regisseur in enger Zusammenarbeit mit dem Autor kollaborierte. Gerade der letzte Fall kann das künstlerische Ergebnis bereichern, wenn die im Kino sonst übliche Fallhöhe zwischen der Vision des Autors und deren filmische Umsetzung durch einen künstlerischen Austausch überbrückt werden. Die Voraussetzung dafür und zugleich die größte Hürde einer solchen Kooperation ist das Verständnis auf der persönlichen Ebene. Erst recht wenn die künstlerischen Partner miteinander verwandt sind, dürfte einem kreativen Prozess nichts im Wege stehen. Man kennt sich, weiß wie sein Partner tickt, was er denkt. Man kann auf ihn eingehen, ihm seine noch kaum formulierten Gedanken von den Lippen ablesen. So oder so ähnlich muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Joel und Ethan Coen vorstellen. Wie anders sind ihre großen Filme entstanden, wenn nicht durch ein Ringen um eine künstlerische Idee auf persönlicher Ebene.

In Deutschland gibt es seit einigen Jahren auch so eine Allianz. Seit ihrem gemeinsamen Kurzfilm "Warum läuft Herr V. Amok?" arbeiten sie als Autoren/Regie-Gespann zusammen. Mit ihrem zweiten Spielfilm "Renn, wenn Du kannst" begeistern sie nicht nur die Kritiker, sondern lenken auch die Zuschauer auf sich. Mit "3 Zimmer/Küche/Bad" kommt nun ihr dritter Spielfilm in die Kinos. Die Rede ist von den Geschwistern Dietrich und Anna Brüggemann. Ob ihre Zusammenarbeit am Drehbuch auf Augenhöhe stattfindet, darf bezweifelt werden. Der ausgebildete Filmemacher und Autor ist Dietrich, Anna ist hauptberuflich Schauspielerin. Tatsächlich ist der Bruder ihr Mentor, von dem sie vieles lernt, verriet Anna im Interview mit Filmreporter.de im Rahmen des Filmfests München, wo die Komödie Deutschland-Premiere feierte. Er sei ein Filmfreak, versichert sie, der drei Drehbuch-Handbücher verschlinge, während sie sie noch am ersten sitze.

Die akademische Verankerung merkt man dem amüsanten und temporeichen Film an. Handwerklich steht "3 Zimmer/Küche/Bad" auf solidem Boden. Den Brüggemann-Geschwistern gelingt das Kunststück, die einzelnen Stränge ihres Ensemblefilms auszubalancieren und zu einem harmonischen Ganzen zu fügen. Auch sind die Figuren keine blutleeren Schablonen, sondern scheinen dem Leben entnommen. Es sind authentische Charaktere, mit denen der Zuschauer mitfühlt, mitlacht und -leidet - auch wenn ihre Entscheidungen fragwürdig sind. Und davon gibt es einige in diesem an Wendungen reichen Film. Dass auch diese nicht gezwungen erscheinen, macht "Drei Zimmer/Küche/Bad" zu einem kleinen Ereignis. Die Fähigkeit, einen Film authentisch wirken zu lassen, als wäre er von selbst entstanden, verdankt sich Großteils auch der Tatsache, dass die Brüggemanns ihre Themen immer wieder dem gelebten Erfahrungshorizont entnehmen. Auch in "Drei Zimmer/Küche/Bad" sollen eigene Erlebnisse verarbeitet worden sein, so Anna Brüggemann. Allerdings seien sie im Film nur als Kondensat erkennbar.

Akademismus und persönliche Erfahrung - das klingt vielversprechend. Das klingt nach dem, was sich Deutschland so sehnlichst herbeiwünscht: eine Allianz zwischen Handwerk und Subjektivität. Das klingt nach einem Autorenfilm, der hierzulande die Mitte ausfüllen würde zwischen belanglosen Klamotten und den eher Zuschauerfernen 'Kunstfilmen' der Berliner Schule.