Universum Film
Tanguy - der Nesthocker

Tanguy - der Nesthocker

Originaltitel
Tanguy
Regie
Étienne Chatiliez
Darsteller
Antoine Valli, Christophe Ratandra, John Paval, Olivier Pajot, Elvire Melliere, Philippe Maymat
Kinostart:
Deutschland, am 30.05.2002 bei Prokino Filmverleih
Kinostart:
Schweiz, am 11.04.2002 bei Filmcoopi
Genre
Komödie
Land
Frankreich
Jahr
2001
FSK
ab 6 Jahren
Länge
108 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
6,5 (2 User)
Komödie von Étienne Chatiliez
Das verzogene Muttersöhnchen Tanguy (Eric Berger) will nicht zu Hause ausziehen. Wieso soll der Langzeitstudent die frisch gewaschene Wäsche, den Frühstücksservice für die ständig wechselnden weiblichen Übernachtungsgäste oder die kostenlose Autonutzung aufgeben? Immerhin hat es der smarte Jüngling zu einen Magister der Philosophie und Orientalistik (cum laude) gebracht, ist als Dozent für Chinesisch gefragt und selbst das Ministerium will auf seine Beartung nicht mehr verzichten.

Seine Eltern Edith (Sabine Azéma) und Paul (André Dussollier) haben dennoch genug von ihrem höflichen aber gnadenlos verzogenen Sprössling. Edith geht seit Jahren erfolglos zum Psychiater und klagt dem überforderten Analytiker immer neue Variationen ihres Leidens. Die Eltern geben Tanguy zwar Signale - erst subtil, dann immer fordernder, der Filius möge sich doch bitte ein Wohnung suche. Doch der denkt gar nicht daran, das warme Nest zu verlassen. Tanguy hat den Überlebenswillen seiner Erzeuger gründlich unterschätzt. Nach und nach bringen die verzweifelten Eltern alle Geschütze in Stellung um den Sohn endlich aus dem Haus zu jagen.

Pustekuchen - mit einem Gerichtsbeschluss wehrt sich Tanguy erfolgreich gegen die Verbannung. Doch so schnell geben die nicht auf - der Familienkrieg geht nur in die nächste Runde!
In vier Millionen deutschen Haushalten leben längst flügge Kinder mit ihren genervten (oder neurotischen) Eltern. Hotel "Mama" ist wie eh und je ein beliebter Wohnort. Auch in Frankreich ist das Problem nicht unbekannt: Marcel Proust lebte auch fünfunddreißigjährig noch mit seiner Mutter - bis zu Ihrem Tod. Étienne Chatiliez ist Frankreichs Spezialist für schräge Komödien. In seinem Kinodebüt, der phantastischen Komödie "Das Leben ist ein langer ruhiger Fluß" hat er sich bereits sehr erfolgreich mit dem Phänomen Familie beschäftigt. Vier Millionen Zuschauer haben im Kino über seinen gleichermaßen liebenswerten und schrägen Humor gelacht. Mit "Tante Daniele" und "Das Glück liegt in der Wiese" machte Chatiliez deutlich, dass er die erste Riege des französischen Kinos gehört. "Tanguy" fängt ebenfalls sehr vielversprechend an. Seine Figuren sind vielschichtig und entziehen sich souverän jeglichem Schwarz-Weiß-Denken. Sabine Azéma ("Das Leben ist ein Chanson") spielt die erst gluckenharte später verzweifelt um ihre Eigenständigkeit kämpfende Mutter Edith enorm präzise. Ernste und komische Aspekte spielt sie mit ergreifender Authentizität.

André Dussollier ("Ein Sommer auf dem Lande") ist in Frankreich ein gefragter Toppakteur, der mit seinen Rollen eher selten im Komödienfach zu finden ist. Er hat von Truffaut über Rohmer, Resnais und Rappenau bis Serreau, Costa-Gavras und Jean-Pierre Jeunet fast ausschließlich mit den Großen des Fachs gearbeitet. Mit der Rollenauswahl hat er immer eine gute Nase bewiesen. Sein Paul ist enorm glaubwürdig und mit genau der richtigen Prise Humor an den richtigen Stellen ausgestattet.

Nur Tanguy, dargestellt von Eric Berger, weiß nicht zu überzeugen. Das liegt weniger an dem Schauspieler. der mit "Mein Vater, der Held" an der Seite von Gérard Depardieu seinen Durchbruch feiern konnte, als an dem in dieser Figur gescheiterten Drehbuch. Während die anderen Figuren vielschichtig gezeichnet sind und einen Zugang zu ihrer Motivation und ihrer Gefühlswelt zulassen, bleibt Tanguy seltsam emotionslos und einfarbig. Im Gegensatz zu den Eltern macht er weder eine Entwicklung durch, noch ergeben seine Reaktionen wirklich einen Sinn. Zu Beginn des Films hat das Stil und führt zu vielen komischen Situationen. Je mehr die Auseinandersetzung eskaliert, desto mehr kommen die Schwächen der Figur zum Tragen.

Trotz dieser störenden Schwachstelle hat Chatiliez eine ganze Salve von komischen Ideen zu einer leichten und runden Sommerkomödie verwoben, die es allemal mit der amerikanischen Fabrikware aufnehmen kann.
Nicola Turri, Filmreporter.de
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2024