Senator Filmverleih
Vincent Cassel als Jaques Mesrine
Zwischen Legende und Realität
Feature: Medienliebling Jacques Mesrine
Wie verfilmt man die Geschichte eines Mannes, der zu Lebzeiten einen zweifelhaften, aber legendären Ruf erlangt? Der sich selbst zu insgesamt 39 Verbrechen bekennt. Darunter Banküberfälle, Schlägereien, Entführungen, Morde, Misshandlungen und Gefängnisausbrüche. Der einerseits liebender Vater, andererseits brutaler Ehemann ist. Der vor nichts und niemandem Halt macht und sich mit Hilfe der Medien selbst inszeniert. Der Franzose Jean-François Richet hat das schwierige Projekt angepackt und verfilmt Jacques Mesrines Leben. Vincent Cassel übernimmt die Hauptrolle und übertrifft sich dabei selbst.
erschienen am 23. 04. 2009
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Szene: Jaques Mesrine als Geliebter
Lebendige Geschichte
Das Kapitel Jacques Mesrine ist französischen Justizbehörden bis heute ein Dorn im Auge. Der jahrelang als Staatsfeind Nummer 1 gejagte Schwerkriminelle spielte mit der Polizei und den Medien, fast wie es ihm beliebte. Er wusste, wie er sich inszenieren musste, um die Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen - trotz seiner Verbrechen. Angesehenen Tageszeitungen und Magazinen gab er Exklusivinterviews, in denen er Details seiner Gefängnisausbrüche ausplauderte. Er ließ Fotos von sich und seiner Geliebten machen, rückte sich medienwirksam in Pose und provozierte wo er nur konnte. Erst als er durch seine immer stärker werdende Paranoia einen Journalisten entführte, quälte und Fotos der Misshandlungen schoss, wandte sich das Wohlwollen der Öffentlichkeit von Mesrine ab. Jene, die ihm zuvor zujubelten, reagierten nun mit Abscheu. Nur zwei Monate nach dem Vorfall wurde Jacques Mesrine in Paris auf offener Straße mit 19 Schüssen von der Polizei hingerichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch galt er fünf Jahre lang als französischer Staatsfeind Nummer 1.
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Public Enemy No. 1 - Todestrieb
RAF und die Rote Brigaden
Zwischen der ersten Verhaftung Jacques Mesrines und seinem Tod liegen 17 Jahre. In dieser Zeit heiratete er und zeugte drei Kinder. 1972 wurde er zu Kanadas Staatsfeind Nummer 1, nur ein Jahr später machte es Frankreich nach. 1977 veröffentlichte er seine im Gefängnis verfasste Autobiografie "Der Todestrieb". Darin prangert er unter anderem die teilweise unmenschlichen Haftbedingungen an. Das Buch wurde zum Bestseller. Die Politik reagierte mit der "Loi Mesrine": Künftig darf niemand mehr Gewinn mit der Veröffentlichung seiner Verbrechen machen. All diese Tatsachen machen es dem französischen Regisseur Jean-François Richet und seinem Filmteam nicht eben einfacher, Mesrines Leben auf die Leinwand zu bannen. Es gilt zu vermeiden, ihn zum Helden, gar zum Märtyrer zu machen. Andererseits wollte man seine Ambiguität darstellen und dem heutigen Publikum verständlich machen, warum ein Verbrecher in den 1960er und der 1970er Jahren in einem Europa, das von der RAF und den Roten Brigaden dominiert wird, Kultstatus erreicht.
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Public Enemy No. 1 - Todestrieb
Kinotaugliche kriminelle Karriere?
Schnell wird klar, dass ein Spielfilm mit normaler Länge nie und nimmer Mesrines Leben gerecht werden kann. Jean-François Richet teilt die Geschichte daher auf. Der erste Teil, "Mordinstinkt", handelt von einem jungen, ungestümen Mann auf der Suche nach sich selbst. Ein Mann, der erste Kontakte mit der Unterwelt knüpft und seine Erfüllung im Verbrecher-Milieu anstatt in Ehe und Familie findet. Der zweite Teil trägt denselben Titel wie Mesrines Autobiografie, "Todestrieb", und zeigt eine bereits etablierte Verbrecher-Persönlichkeit, die Provokationen, medienwirksame Auftritte und Konflikte mit dem Gesetz förmlich sucht. Dabei beginnt Mesrines Leben unspektakulär. Am 28. Dezember 1936 wird er im französischen Clichy geboren. Seine Eltern sind fleißige Arbeiter und schicken den Sohn 20-jährig auf eigenen Wunsch in den Algerienkrieg. Als er drei Jahre später mit einem einwandfreien Zeugnis zurückkehrt, ist er ein anderer Mensch.
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Vincent Cassel als Jaques Mesrine
Ähnlichkeiten
Regisseur Richet nähert sich behutsam aber auch mit Eifer und Leidenschaft dem Sujet. Allein die Wahl der Schauspieler und die Zeit, die er sich nimmt, um die Charakter zu zeichnen, zeugen von seinem Enthusiasmus und der Wichtigkeit des Themas. Von seinem Team fordert er alles. Hauptdarsteller Vincent Cassel muss vor Drehbeginn 20 Kilos zulegen, die er im Verlauf der fünfmonatigen Drehzeit unter ärztlicher Kontrolle wieder verliert. Dennoch wird sich der 43-jährige Schauspieler nie wieder einer solchen Rosskur unterziehen. Gedreht wird rückwärts. Zu Beginn sieht man einen hageren Vincent Cassel, gegen Ende einen mit Bierbauch und Schnurrbart Arroganz ausstrahlenden Multi-Verbrecher. Erschreckend ist Cassels äußerliche Ähnlichkeit mit Mesrine, die für Regisseur und Produzenten sehr wichtig war. Auch die anderen Hauptdarsteller wurden ihren realen Vorbildern nachempfunden, wenn es sein musste, mit täglich mehrstündigen Make-Up-Sitzungen.
Central Film
Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt
Großes Kino
Mit "Public Enemy No.1" schuf Richet großes Kino. Er baut auf wunderbare Art und Weise das Flair der 1960er und 1970er Jahre nach. Es ist nicht nur Cassel, der durch sein Spiel überzeugt. Eine ganz besondere Freude macht Gérard Depardieu, der Mesrines Mentor und Unterweltboss Guido mit jener romantischen Verklärung spielt, die man aus Hollywoods Mafiaepen kennt. Außerhalb seiner Figur ist von dieser Romantik allerdings nicht mehr viel zu spüren. Die Härte dieser Welt deutlich herausgearbeitet. Es ist bemerkenswert, wie souverän das Duo Richet und Cassel ihren Auftrag erfüllt. Dem Duo gelingt jene schwierige Gradwanderung, Jacques Mesrine als Verbrecher mit all seinen Facetten und Gesichtern darzustellen, ohne ihn zum Helden zu machen. Dennoch verlieren sie nicht den notwendigen Unterhaltungseffekt aus den Augen, der für einen zweiteiligen Kinofilm erforderlich ist. "Public Enemy No. 1" ist somit neben all den anderen Effekten und Botschaften auch hervorragendes, buntes und spannendes Actionkino.
erschienen am 23. April 2009
Zum Thema
Er war der Staatsfeind Nummer 1, überfiel unzählige Banken, tötete und brach aus mehreren Gefängnissen aus: Jacques Mesrine. Durch seinen überraschenden Tod - die französische Polizei streckte ihn mit mehreren Schüssen auf offener Straße nieder - wurde er trotzdem zum Helden. In einer zweiteiligen Kinoreihe widmet sich Regisseur Jean-François Richet seiner Biografie. Weder beschreibt er, noch will er jedes Detail festhalten, es geht ihm mehr um die Komplexität seiner Hauptfigur.
Berufsverbrecher Jacques Mesrine (Vincent Cassel) hat es geschafft: Die Medien erklären ihn Anfang der 1970er Jahre in Frankreich zum Staatsfeind Nummer Eins. Genüsslich verfolgt die Grande Nation die immer wilderen Eskapaden des Ein- und Ausbrecherkönigs, der eine Spur der Verwüstung und Gewalt durch Frankreich und Kanada zieht. Der zweite Teil von Jean-François Richets geteiltem Thriller "Public Enemy No. 1" ist ein schnell geschnittenes Actionabenteuer, das spannend, unmittelbar und..
Regisseur Jean-François Richet wird 2005 mit der Neuverfilmung von John Carpenters Polizei-Film "Das Ende - Assault on Precinct 13" international bekannt. Der 1966 geborene Pariser arbeitet auch als Drehbuchautor und Produzent. Sein bisher ambitioniertestes Projekt ist die Verfilmung des Lebens von Schwerverbrecher Jacques Mesrine, das 2009 in zwei Spielfilmen in die Kinos kommt.
Jacques Mesrine war ein französischer Gewaltverbrecher, der in den 1960er und 1970er Jahren in Frankreich und Kanada Berühmtheit erlangte. Der selbst ernannte Robin Hood der Gegenwart zog durch seine eitle Selbstinszenierung in der Klatsch-Presse große Aufmerksamkeit auf sich. Durch spektakuläre Gefängnisausbrüche und Bank-Überfalle sowie durch einen selbst geschriebenen Roman ("Der Todestrieb": darin gestand er unter anderem Morde, die er gar nicht beging) galt er lange Zeit als berühmt..
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