Piffl Medien
Martina Gedeck in "Hinter der Tür"
Missglücktes Drama mit Helen Mirren
Feature: István Szabós Freundschaft
Eine Schriftstellerin braucht Hilfe im Haushalt und findet sie in Gestalt einer etwas verschrobenen alten Frau. Martina Gedeck und Helen Mirren spielen in "Hinter der Tür" druchaus überzeugend das ungleiche Paar, doch Altmeister István Szabó zerrint der komplexe Stoff um eine komplizierte Freundschaft aus den Händen.
erschienen am 2. 04. 2012
Piffl Medien
Geheimnisvolle Helen Mirren ist "Hinter der Tür"
Geschichte Europas
Die Verfehlung Europas im 20. Jahrhundert, Krieg und Zerstörung, das Schicksal seiner Heimat Ungarn, die Dialektik zwischen Macht und Individuum - das sind die Themenkomplexe, die sich durch das umfangreiche Werk István Szabós ziehen. Selbst wenn sich der 1938 geborene Filmemacher literarischen Vorlagen widmet, ist die gelebte Geschichte hinter den Bildern stets zu spüren. So auch in "Hinter der Tür", eine Adaption der ungarischen Schriftstellerin Magda Szabó, die mit dem Regisseur nicht verwandt ist. Anders als in seinen ambitionierteren Filmen - vor allem seine als Trilogie angelegten "Mephisto", "Oberst Redl" und "Hanussen" - ist in dem Drama nicht nur die Verknüpfung zwischen den Einzelschicksalen und dem historischen Hintergrund allzu diffus geraten, dem Altmeister gelingt es auch nicht, seinen komplexen Stoff in eine einheitliche filmische Form zu verpacken.

Im Mittelpunkt von "Hinter der Tür" steht die Beziehung zwischen der erfolgreichen Schriftstellerin Magda (Martina Gedeck) und ihrer mehr als eigenwilligen Haushälterin Emerenc (Helen Mirren). Bereits die erste Begegnung zwischen den unterschiedlichen Frauen gestaltet sich schwierig. "Ich koche nicht für jeden", weist die alte Frau die Autorin zunächst schroff zurück, nachdem diese sie gebeten hatte, ihr und ihrem Ehemann Tibor (Károly Eperjes) im Haushalt auszuhelfen. Trotzdem findet sich Emerenc noch am selben Abend im Haus des Intellektuellenpaares ein, um sogleich die Arbeit aufzunehmen. Schnell fällt allen Beteiligten auf, dass mit der alten Frau etwas nicht stimmt. Sowohl ihre große Angst vor Gewitter, als auch die abweisende Art, mit der sie ihren Mitmenschen begegnet, deuten auf eine schwierige Vergangenheit hin. Seltsam mutet auch der Umstand an, dass Emerenc niemanden in ihr altes kleines Haus lässt. Und so stellt sich nicht nur Madga immer dringender die Frage: Welches Geheimnis verbirgt Emerenc?
Piffl Medien
Helen Mirren in "Hinter der Tür"
Zu viel für einen Film
Soweit die im Grunde interessante Ausgangsposition. Die Klärung des Geheimnisses 'hinter der Tür' der verschrobenen Protagonistin ist indes alles andere als aus einem Guss geraten. Szabó durchbricht seine Handlung immer wieder mit Rückblenden, die Licht auf das dunkle Schicksal Emerencs werfen sollen. Diese hat als kleines Mädchen nicht nur den Tod von Geschwistern und Mutter hautnah miterlebt, sondern wurde als junge Frau mit einem weiteren Schicksalsschlag konfrontiert: Weil eine Familie aus politischen Gründen Ungarn verlassen musste, vertrauten sie ihre kleine Tochter Emerenc an. Nachdem diese für das Mädchen nach bestem Gewissen gesorgt hat, muss sie es nach der Rückkehr der Eltern wieder abgeben. Die Verschachtelung der verschiedenen Zeitebenen verkompliziert den Film jedoch nicht nur merklich, Szabó gelingt es auch nicht, die Kausalität zwischen den psychischen Symptomen der Frau und ihren schrecklichen Erlebnissen plausibel darzustellen. Überhaupt ist es fraglich, ob Psychologismus das probate Mittel ist, um sich einer Figur wie Emerenc zu nähern oder ob Szabó stattdessen nicht besser beraten wäre, ihr ein Stück ihres Geheimnisses zu lassen. Zumal diese nicht nur ein an Erfahrung reicher Charakter ist, sondern mit ihrer Altersweisheit und ihrer Lebensverbundenheit auch das spirituelle Element des Films darstellt.

Zum uneinheitlichen bis chaotischen Eindruck von "Hinter der Tür" trägt auch der Umstand bei, dass Szabó sein Drama thematisch und motivisch überfrachtet. Dabei müsste er bei seiner Erfahrung mit Literaturadaptionen wissen, dass der Film die thematische Überfülle eines Romans nicht verträgt, sondern nach Straffung und Konzentration verlangt. Am Ende scheitert "Hinter der Tür" nicht nur an einer missglückten Charakterstudie und einer wenig griffigen Frauenfreundschaft, sondern auch und vor allem an einer nur in Ansätzen vorhandenen Verknüpfung des Stoffs mit der Zeitgeschichte. Da hilft dem Film auch nicht die brillante Darstellung Helen Mirrens. Mehr noch: gerade vor dem Hintergrund des thematischen Mischmaschs und der dramaturgischen Unausgewogenheit wirkt ihr Spiel geradezu überambitioniert.
erschienen am 2. April 2012
Zum Thema
Hinter der Tür (Kinofilm)
Die ungarische Schriftstellerin Magda (Martina Gedeck) engagiert die alte Eigenbrötlerin Emerenc (Helen Mirren) als Haushälterin, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren kann. Bald schon merken Magda und ihr Mann Tibor (Károly Eperjes), dass mit Emerenc etwas nicht stimmt. Nicht nur ihre Angst vor Gewittern, sondern auch ihre schroffe Art deuten auf eine schlimme Vergangenheit hin. "Hinter der Tür" ist ein gut gespieltes Drama, das jedoch seiner holprigen Inszenierung scheitert.
Weitere Kritiken
Zum Weinen lustig
"Lost City - Das Geheimnis der verlorenen Stadt"
2024