Universal Pictures (UPI)
Johnny English
Handkantenschläge vor Badezimmerspiegel
Feature: Rowan Atkinson rettet englische Krone
James Bond? Können Sie vergessen. Jetzt fährt der British Secret Service eine neue Generation von Geheimagenten auf. Naja, genau genommen ist es erstmal nur einer. Aber der spioniert für zwei. Mindestens. Sein Name? Johnny English. Merken Sie sich den gleich mal.
erschienen am 11. 04. 2003
Szene aus: Johnny English
Denn genauso heißt auch der Film, in dem Ihrer Majestät eifrigster Geheimagent dem Publikum vorgestellt wird. Rowan Atkinson alias Mr. Bean spielt den Titelhelden, und damit ist klar: Es handelt sich um eine Komödie. Wer aber jetzt eine Neuauflage des Bean-Kassenknüllers erwartet, sieht sich getäuscht: Glücklicherweise verfügt Atkinson über unterschiedliche Spielarten von Komik, und so ähnelt sein Agent eher James Bond als Mr. Bean.
Szene aus: Johnny English
Eigentlich ist Johnny English nur ein ganz kleines Licht beim Secret Service. Ein Schreibtischhengst, der schon froh ist, wenn er der Nr. 1 unter Englands Agenten mal ein paar Akten raussuchen darf. Doch er hat weitreichende Ambitionen - oder besser: hochfliegende Träume, denn eigentlich deutet nichts auf eine bevorstehende Beförderung hin -, sieht sich als künftigen Superspion und trainiert dafür schon mal vor dem Badezimmerspiegel Handkantenschläge. Und tatsächlich: Seine Stunde kommt. Dann nämlich, als bei der Beerdigung eines Kollegen alle britischen Top-Agenten auf einmal in die Luft gejagt werden. Und weil sich das Problem, das der Secret Service gerade bearbeitet, nicht zusammen mit den Agenten in Luft aufgelöst hat, muss Johnny English ran.
Szene aus: Johnny English
Das Problem heißt Pascal Sauvage, ist ein anglophober Franzose mit Absichten auf die englische Krone und wird gespielt von John Malkovich, dessen hinreißender französischer Akzent hierzulande leider, leider der Synchronisation zum Opfer gefallen ist. Wie Agent English nun versucht, Sauvages böse Pläne zu durchkreuzen, soll hier im Einzelnen natürlich nicht verraten werden, doch der Film bietet alles auf, was das Genre verlangt: Waffen, Autos, Stunts und ein Bond-Girl, pardon, eine dekorativ-flankierende Haupt-Nebendarstellerin (Popsängerin, Seriendarstellerin und Model Natalie Imbruglia).
Universal Pictures (UPI)
Rowan Atkinson in Johnny English
Wohltuend festzustellen: Rowan Atkinson kann mehr als virtuos das Gesicht verziehen und tolpatschig seinen Mitmenschen auf den Nerven herumstolpern. Wenn er will (und das eine oder andere Mal in "Johnny English" will er), kann er sogar richtig cool sein. Beinahe sexy, jedenfalls sehr maskulin. Jawohl, Sie haben richtig gelesen. Und wenn ihm gleich danach ein spionales Missgeschick passiert, ist das besonders komisch. Fallhöhe nennt man so was. "Mr. Bean" dagegen fällt nie so tief, der beginnt schon gleich unten.
Universal Pictures (UPI)
Rowan Atkinson ist "Johnny English"
Woher bezieht nun "Johnny English" seinen Witz? Der Film ist keine wüste Agenten-Parodie à la Austin Powers - er geht subtiler vor. Seine komische Dynamik entsteht aus der Diskrepanz zwischen dem Überehrgeiz, der maßlosen Selbstüberschätzung des Titelhelden und den realen Situationen, mit denen er konfrontiert wird. So ist English beispielsweise ein grandioser Redner (und unterschiedet sich damit grundlegend von Mr. Bean), der in kritischen Situationen mit treffenden Worten und markanter Stimme zu erklären weiß, was nun zu tun sei. Das könnte sehr beeindruckend sein - wenn er dabei nicht übersähe, dass das, was zu tun ist, bereits getan wurde. Zusammenfassend könnte man sagen: Johnny English tut die richtigen Dinge zum falschen Zeitpunkt. Von seinen Misserfolgen lässt er sich aber niemals unterkriegen. Wie er sich auch aus der verfahrensten Situation noch herauswindet, geschickt seine Fehler vertuscht oder sie wortgewandt uminterpretiert (um gleich darauf den nächsten zu begehen), das verhilft dem Film zu einem Großteil seiner Gags.
Universal Pictures (UPI)
Szene aus: Johnny English
Leider sind Regisseur Peter Hewitt sowie die Drehbuch-Schreiber Neal Purvis und Robert Wade (die übrigens auch das Skript für den Bond-Film "Die Welt ist nicht genug" geliefert haben) nicht konsequent bei dieser subtilen Art von Humor geblieben. Ab und zu rutscht Johnny English ins Beaneske aus: Zum Beispiel dann, wenn er sich in einer Sushi-Bar mit der Krawatte im Förderband verfängt und, selbst als Riesen-Sushi vom Band weiterbefördert, die Reihe der neben ihm Sitzenden abräumt. Oder wenn er ausgerechnet den Weg durch die Latrine nimmt, um die Festung seines Widersachers zu erstürmen. (Müßig zu erwähnen, dass es auch einen einfacheren Weg gegeben hätte.) Doch die Kinokarte lohnt sich trotzdem - allein, um Englishs diebische Freude zu sehen, als er mit seiner High-Tech-Handfeuerwaffe eine Verkehrs-Laserkamera "erschießt". Warum? Sie hatte es gewagt, den besten Agenten Ihrer Majestät bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu fotografieren.
erschienen am 11. April 2003
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