Grabgeflüster
Brite nimmt Bestattungen aufs Korn - todlangweilig!
Feature: Tabuverletzung macht keine Komödie
Ein beschauliches walisisches Städtchen: Die blasse Bürgermeistergattin Betty wird seit Jahr und Tag von ihrem Mann herumkommandiert und betrogen. Doch das Leben hält für sie noch eine Chance bereit - in Gestalt des örtlichen Bestattungsunternehmers Boris. Er war schon vor 30 Jahren in sie verliebt und ist es immer noch. Damit sie mit ihm ein neues Leben beginnen kann, stimmt sie seinem Vorschlag zu, ihr eigenes Ende zu inszenieren - schließlich ist ihr Neuer ja vom Fach.
erschienen am 16. 06. 2003
Ottfilm
Brenda Blethyn und Alfred Molina in: Grabgeflüster
Natürlich läuft dann alles nicht so glatt, wie das Liebespaar sich das dachte: Vorher schon versucht die Geliebte von Bettys Mann, die Konkurrentin mit Gift aus dem Weg zu räumen. Betty entgeht dem Anschlag nur knapp und "stirbt" wenig später wie geplant.

Unvorhergesehen kommt auch der Wunsch ihres Gatten, die Verblichene bei der Trauerfeier in einem offenen Sarg zu präsentieren. Und dann gibt es noch ein konkurrierendes Bestattungsunternehmer-Duo, das ständig versucht, seine Nase in Boris' Angelegenheiten und Särge zu stecken.
Lee Evans und Christopher Walken in: Grabgeflüster
Der deutsche Titel des Films, "Grabgeflüster - Liebe versetzt Särge", soll sicher nicht von ungefähr an die erfolgreiche Kiffer-Komödie "Grasgeflüster" erinnern (in der die Darstellerin der Betty, Brenda Blethyn, übrigens auch mitspielte). Aber der Titel allein macht eine Komödie noch nicht komisch. Genauso wenig wie das Etikett "schwarzer Humor", das dieser Streifen allzu demonstrativ trägt.
Regisseur Nick Hurran und Drehbuchautor Frederick Ponzlov scheinen sich darauf verlassen zu haben, dass eine Parodie der Themen Tod und Bestattung automatisch komisch wirkt.

Aber die Rechnung geht nicht auf: "Grabgeflüster" verlässt mit seinen Gags nur selten das Niveau von Pennälerwitzen - also solchen, die ihr gesamtes komisches Potential allein aus der Tatsache beziehen, dass sie Themen aufs Korn nehmen, über die man eigentlich keine Witze machen darf. Doch der Reiz der Tabuverletzung erschöpft sich im jugendlichen Alter schnell, und genauso dürfte es vielen Zuschauern auch in diesem Film gehen.
Ottfilm
Brenda Blethyn und Alfred Molina in: Grabgeflüster
Vor allem das konkurrierende Bestattungsunternehmer-Duo, gespielt von Oscar-Preisträger Christopher Walken und dem britischen Komiker Lee Evans, ruft eher Gähnen als Lachen hervor. Die beiden wollen in der walisischen Kleinstadt eine neue Art von Bestattungen einführen: Themen-Begräbnisse.

Der Anblick der ersten Toten mit Spock-Ohren (sie soll ein "Star Trek"-Fan gewesen sein) mag noch leidlich komisch sein, aber Gags wie "Der Sarg des Monats" analog zum "Hamburger der Woche" oder die Tatsache, dass für Beerdigungen Mengen-Rabatte gewährt werden, überraschen dann nicht mehr - sie langweilen nur noch. Und warum ist im Hintergrund immer wieder derselbe alte Mann in unterschiedlichen Varianten des Hinfallens zu sehen? Nein, britischen Humor haben wir auf der Leinwand schon weitaus besser erlebt.
Robert Pugh in: Grabgeflüster
Aber "Grabgeflüster" hat auch eine andere Seite. Wie der große sanfte Bestattungsunternehmer (Alfred Molina) seine romantische Sehnsucht über Jahrzehnte bewahrt und pflegt, wie Boris und Betty über das Tanzen und die gemeinsame Schwärmerei für Fred-und-Ginger-Filme zueinander finden, wie die geduckte Bürgermeistergattin unter der Zuneigung von Boris plötzlich aufblüht - das ist herrlich zart und unprätentiös gespielt. Hätte der Film sich nicht darauf beschränken können? Er wäre eine wunderbare Liebesgeschichte geworden.
erschienen am 16. Juni 2003
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Der deutsche Titel des Films, "Grabgeflüster", soll sicher nicht von ungefähr an die erfolgreiche Kiffer-Komödie "Grasgeflüster" erinnern, in der auch Brenda Blethyn mitspielte. Aber der Titel allein macht eine Komödie noch nicht komisch. Genauso wenig wie das Etikett "schwarzer Humor", das dieser Streifen allzu demonstrativ vor sich her trägt.
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