Just a Kiss

Just a Kiss

Originaltitel
Ae Fond Kiss...
Regie
Ken Loach
Darsteller
Atta Yaqub, John Yule, Ruth McGhie, David Wallace, Dougie Wallace, Jacqueline Bett
Kinostart:
Deutschland, am 11.11.2004 bei Neue Visionen Filmverleih
Genre
Drama
Land
Großbritannien, Italien, Deutschland, Spanien
Jahr
2004
FSK
ab 6 Jahren
Länge
103 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
8,0 (1 User)
Viele tausend Kilometer von Schottland entfernt, ereignet sich am 15. August 1947 auf dem indischen Subkontinent eine menschliche Tragödie. Der Rückzug der Kolonialmacht Großbritannien führt zu einem Machtvakuum in dessen chaotischer Mitte es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems kommt. Massen von Indern müssen von ihren bisherigen Nachbarn gejagt, ihre angestammte Heimat verlassen. Muslime ziehen nach Norden, Hindus nach Süden. Bei der Massenflucht kommt es zu tausendfachem Mord, Vergewaltigungen und anderen brutalen Gewaltausbrüchen. In sogenannten "Geisterzügen" werden die geschändeten Überreste der ermordeten Ehefrauen und Töchter über die neu entstandene Grenze zwischen dem muslimischen Pakistan und dem mehrheitlich hinduistischen Indien gekarrt.

In Schottland können die emigrierten Verwandten nur ohnmächtig der Berichterstattung der BBC folgen. So auch Tariq Khan (Ahmad Riaz). Er lebt mit seiner Familie in bescheidenen Reichtum, hat ein kleines Haus und eine liebenswerte Familie. Seine Einstellung gegenüber der Gastkultur ist jedoch eher skeptisch. Auch in seiner neuen Heimat Glasgow hält er eisern an den Pakistanischen Traditionen fest. Sohn Casim (Atta Yaqub) ist aber ein trendiger DJ. Er möchte mit seinem Freund einen eigenen Club aufzumachen. Weniger begeistert ist er von den Heiratsplänen seiner strenggläubigen Eltern. Denn Casim hat sich in die irische Musiklehrerin seiner Schwester, Roisin (Eva Birthistle) verliebt. Die selbstbewusste Katholikin ist attraktiv, intelligent und temperamentvoll. Als die zunächst geheimgehaltene Beziehung auffliegt, unternehmen nicht nur Casims Eltern alles, um die Beziehung zu torpedieren.
Paul Laverty erlebt den schicksalhaften 11. September 2001 in den USA. Seine unmittelbare Beobachtung der tief in ihrem Selbstbewusstsein getroffenen Amerikanern, ihrer Hysterie und ihrer schnell aufkeimende Ablehnung von Arabern und Moslems gibt ihm einen ersten Anstoß für ein Drehbuch zu einem multikulturellen Filmstoff. Auch im heimischen Schottland werden Immigranten muslimischen Glaubens schnell mit Bin Laden und seiner Gesinnung in Verbindung gebracht und diskriminiert. Auf Lavertys Drehbuch basiert das sich zunächst als Komödie tarnende Drama des britischen Filmemachers Ken Loach. Ohne zu polarisieren führt er uns in die Irr- und Wirrnisse seiner Figuren ein, die ihrerseits nicht ohne Vorurteile gegenüber der Kultur des Gastlandes sind. Die Liebesgeschichte zwischen Casim und Roisin ist sehr authentisch erzählt. Mit viel Behutsamkeit führt uns der Regisseur in die Gefühlswelt seiner Protagonisten. Beide kämpfen um eine Liebe, die sich entgegen jeglicher Traditionen durchsetzten muss. Mit großer Intensität wird uns der Gewissenskonflikt in dem sich Casim befindet, aufgezeigt. Er muss sich zwischen seiner Familie - die Roisin als Katholikin niemals akzeptieren würden - und seiner Liebe entscheiden. Das schöne an Loachs Drama ist, dass er beide Seiten beleuchtet: Nicht nur die Beziehung der beiden wird thematisiert, sondern auch ihre Verbundenheit zu den kulturellen und religiösen Wurzeln.
Birgit Deiterding/Filmreporter.de
2024