News: Hollywood Insider
Szene aus: Väter
Nr. 43 - Neues aus der Traumfabrik
Die große Freiheit
Klein, aber fein: Um ihre künstlerische Freiheit zu bewahren, setzen immer mehr Regisseure auf Low-Budget-Produktionen. Dabei ersetzen digitale Kameras den wesentlich teureren Film. Außerdem: Nach dem Tod von Douglas Adams soll "Per Anhalter durch die Galaxis" doch noch in die Kinos kommen, und mehr als hundert Disney-Charaktere kämpfen in einem neuen Videospiel.
20. Sep 2002: "Gib mir 50 Millionen Dollar, und ich verspreche dir, einen sehr schönen Film daraus zu machen", lacht Filmemacher Dani Levy (45), dessen Familiendrama "Väter" diese Woche in die deutschen Kinos kommt. Die Geschichte eines jungen Ehepaares, das am plötzlichen Ende seiner Beziehung in ein Wechselbad der Gefühle taucht, ist freilich keine teure Produktion und mit Levis in New York gedrehten Film "Meschugge" nicht vergleichbar. "Low Budget hat viele Vorteile", erklärt der Regisseur. "Dank des minimalen Kostenaufwandes hatte ich keinerlei Auflagen und konnte drehen, wie, wann und mit wem ich wollte."

In "Väter" arbeitete Levy wieder mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin Maria Schrader zusammen, die sich während der Dreharbeiten in ihren Filmpartner Sebastian Blomberg verliebte. "Hobbits, Feen und Papp-Hollywoodhelden sind auf Dauer langweilig", findet Levy, der in "Väter" in sich widersprüchliche Figuren zeigt. "Ich habe einfach keine Affinität zu den amerikanischen Leinwandhelden, die immer über alle Probleme erhaben sein müssen." Schließlich stecke Deutschland "derzeit in einer großen gesellschaftlichen Ratlosigkeit".

Zu Levys Low-Budget-Konzept gehört auch eine digitale Videokamera. Ein weltweiter Trend sei das, meint Levy, der mit dem "Blair Witch Project" angefangen habe, einem mit simplen digitalen Kameras gedrehten Film, der lächerliche 30.000 Dollar gekostet und 600 Millionen eingespielt hat. Davon ist "Väter" weit entfernt, ebenso wie von der Wackelästhetik seines Vorreiters: "Wie man sieht, kann man mit diesen Kameras einen ästhetischen Kinofilm produzieren, der nicht im Geringsten Ähnlichkeiten mit einem Amateurvideo besitzt", konstatiert der Filmemacher nicht ganz ohne Stolz.

Technik-Evolution: Top-Regisseure propagieren digitales Video
Die digitale Technik ist auch in der Traumfabrik gefragt - zumindest im Prinzip, denn in der Praxis herrscht oft Ratlosigkeit. Der Teufel steckt wie immer im Detail. Was zunächst einfach klingt, ist in der praktischen Anwendung oft ziemlich kompliziert.

Beispiel digitale Kinoprojektion: Vor drei Jahren mit "Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung" lautstark eingeführt, steht diese Technik immer noch am Anfang. In Deutschland sind weniger als eine Handvoll Kinos mit den teuren Projektoren ausgestattet, und von störungsfreiem Betrieb kann keine Rede sein: Ein Filmriss lässt sich eben leichter reparieren als ein Crash des File-Systems just zum Beginn der Vorführung.

George Lucas ist der Anführer der digitalen Hollywood-Bewegung, der sich inzwischen auch einige Spitzenregisseure angeschlossen haben. Lucas' Freund Steven Spielberg, ein ausgewiesener Freund des 35mm-Filmformats, hat sich etwa bereit erklärt, den vierten Teil von "Indiana Jones" mit digitalen Kameras zu produzieren. Und auch Regiegrößen wie Steven Soderbergh ("Full Frontal"), Robert Rodriguez ("Spy Kids 2") und Spike Lee ("Showtime") haben inzwischen digital gedreht - und werden es ganz gewiss wieder tun.

Zwischen den einzelnen Projekten liegen jedoch Welten: "Spy Kids 2 - Die Rückkehr der Superspione" wurde wie "Star Wars: Angriff der Klonkrieger" mit 350.000 Dollar teueren HD-Kameras von Sony/Panavision produziert, die (wie herkömmliche Filmkameras) pro Sekunde 24 hoch auflösende Bilder liefern. "Voll Frontal" und Levis "Väter" wurden dagegen mit handelsüblichen Videokameras gedreht, die man in jedem Laden für ein paar Tausend Euro kaufen kann.

Große Freiheit mit kleinen Budgets
"Star Wars" und "Spy Kids 2" belegen, dass man mit digitalen Kameras professionelle und vor allem auch hoch kommerzielle Filmprojekte stemmen und dabei Kosten einsparen kann - auch wenn die Technik noch nicht völlig ausgereift ist. Das Kostenargument kommt dabei nicht nur den auf Sparkurs eingeschwenkten Studiochefs entgegen, auch die Filmemacher haben daran ihre Freude. Robert Rodriguez' neuer Kinofilm "Once Upon a Time in Mexico" mit Johnny Depp wurde mit digitalen HD-Kameras für nur 28 Millionen Dollar hergestellt, und entsprechend groß waren die künstlerischen Freiheiten, die sich der Filmemacher nahm.

Angeführt von Sony Pictures propagieren mittlerweile auch die großen Studios die neue Technik. In drei Hallen auf dem Sony-Studiogelände konnten Hollywoods Produzenten, Kameraleute, Techniker und Regisseure das Equipment unlängst in einem mehrwöchigen Kursus ausprobieren. Und auch die großen Agenturen führen ihre Klientel mit Workshops an die Digitaltechnik heran. Im Juni rief George Lucas höchstpersönlich zu einer Art Gipfeltreffen auf: Francis Ford Coppola, Ron Howard, Frank Marshall, Martin Scorsese, Robert Zemeckis und Steven Spielberg folgten seiner Einladung auf die Skywalker Ranch, um über das digitale Kino zu beratschlagen. Und auch wenn es noch ein paar Jahre dauern mag: Am Ende werden alle mit der digitalen Technik Filme machen.

"Per Anhalter durch die Galaxis" kommt ins Kino
Nach dem plötzlichen Herztod von Douglas Adams im Mai letzten Jahres war es still geworden um die Kinoversion seines Kultromans "Per Anhalter durch die Galaxis". Adams hatte ein unfertiges Drehbuch hinterlassen, das Karey Kirkpatrick ("Chicken Run - Hennen Rennen") nun zu Ende schreiben soll.

Als Regisseur der feinsinnig-ironischen Science-Fiction-Komödie um Arthur Dent und seine Suche nach dem Sinn des Lebens ist Jay Roach im Gespräch, der Regisseur der "Austin Powers"-Filme. Wann der Film ins Kino kommen soll, steht noch nicht fest. Ein bis zwei Jahre werden sich die Fans wohl noch gedulden müssen.

Gewagt: Disneys "Final Fantasy"
Die Firma mit der Maus hütete ihre Filmfiguren bislang wie einen wertvollen Schatz - Sex und Gewalt waren tabu. Zumindest letzteres wird sich nun ändern, denn über hundert Disney-Charaktere - von Bambi bis Tarzan - wuseln demnächst in "Kingdom Hearts" über den Bildschirm, einem action-geladenen Videospiel von Square, der japanischen Firma hinter Gaming-Hits wie "Final Fantasy".

Natürlich mussten die Japaner Kompromisse machen. Zwar wird in "Kingdom Hearts" sehr viel gekämpft, doch Sterben ist tabu. Die Figuren lösen sich ganz einfach spurlos auf. Auch das Marketing des Spiels läuft etwas anders als gewöhnlich ab - das Wörtchen "Angriff" soll dabei auf ausdrücken Disney-Wunsch möglichst vermieden werden.
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2024