Es ist kaum vorstellbar, dass die folgenden Fakten ein und dieselbe Person beschreiben! In seiner College-Abschlussarbeit beschäftigt er sich mit der Identität Afroamerikanischen Juden. In einem Interview bittet er den umstrittenen amerikanischen Politiker Pat Buchanan, seinen Vornamen zu buchstabieren. Kann jemand einen College-Abschluss haben, der nicht mal den Namen "Pat" schreiben kann? Ja, denn beides kommt von Sacha Baron Cohen. Grund für sein Auftreten ist seine Berufung als Schauspieler und Komiker. Er traf Buchanan nicht als Sacha, sondern als eine seiner vielen Persönlichkeiten - in diesem Fall Ali G.

Doch wie kommt ein braver Junge, ein guter und gewissenhafter Student auf die Idee, in andere Rollen zu schlüpfen und seine Interviewpartner bis aufs Blut zu reizen? Die Antwort ist kurz und simpel: Er wird als Kind zum Peter Sellers-Fan. Nach eigener Aussage bringen ihn die "Inspektor Clouseau"-Filme auf den Gedanken, andere zu parodieren. Auch Monty Pythons "Das Leben des Brian" trägt seinen Teil dazu bei. "Ich hatte an der Uni eine Wahl zu treffen: Sollte ich meine Universitätskarriere fortsetzen, meinen Doktor machen und ständig alleine in der Bibliothek sitzen? Oder sollte ich mir einen Beruf suchen, der Spaß macht? Ich entschied mich dafür, Menschen zum Lachen zu bringen", gibt Cohen 2007 in einem Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph an.

Doch Cohen ist auch mal unsicher. Als er nach dem Collegeabschluss beschließt, in die Showbranche zu wechseln, setzt er sich ein Zeitlimit. "Ich gab mir fünf Jahre, bis ich von meinem Beruf leben kann. Hätte das nicht geklappt, wäre ich heute wahrscheinlich Anwalt", so Cohen in dem Rolling Stone-Interview. Im Alter von 24 Jahren findet er endlich einen Job als Moderator bei einem kleinen TV-Sender. Dass die Bezahlung schlecht ist und durchschnittlich nur etwa 50 Leute seine Show sehen, stört ihn wenig. Ihm ist wichtig, Zugang zu einem Team und einem Schnittraum zu haben. Er will sich ausprobieren. Gemeinsam mit seinen Kollegen produziert er Kurzfilme. Das geht gut, bis zwei von ihnen erwischt werden und ihren Job verlieren. Es dauert nicht lange bis der Sender schließt.

Seitdem ist Cohens Karriere im Steigflug. Seine Figuren erobern die Welt: Ali G., Borat und seine österreichische Kreation, der schwule Fashion-Reporter Brüno kommen beim Publikum an. Als Ali G. verscherzt Cohen es sich nicht nur mit Donald Trump und Mohamed Al-Fayed. Als Borat hat er gleich ein ganzes Land gegen sich. Bevor die Regierung Kasachstans merkt, dass Cohen durch seinem Film und die Werbung den Bekanntheitsgrad des Landes und somit den Tourismus ankurbelt, wird über eine Klage spekuliert. Cohen reagiert in bewährter Comedy-Manier: "Ich, Borat, möchte hiermit bekannt geben, dass mich mit Mr. Cohen nichts verbindet und ich die Entscheidung meiner Regierung, diesen Juden zu verklagen, voll und ganz unterstütze", erinnert er sich an seine Reaktion während des Rolling Stone-Interviews. Bei den MTV Movie Awards 2009 macht er sich einen weiteren Feind. Diesmal trifft es niemand geringeren als Eminem. Im Zuge seines Auftritts als Brüno landet Cohen, hereingeschwebt an einem Seil, mit seinem fast nackten Hintern genau auf dem Gesicht des Skandal-Rappers. Dieser verlässt sichtbar wütend die Veranstaltung. Erst im Nachhinein wird bekannt, dass Cohen und Eminem sich den Scherz gemeinsam ausgedacht haben. "Es hat noch viel besser funktioniert, als wir es geplant hatten. Viele Leute sind regelrecht durchgedreht", zitiert die "Bild" Eminem kurze Zeit nach dem MTV-Auftritt. Wahrscheinlich ein kluger Schachzug von Sacha Baron Cohen alias Ali G. alias Borat alias Brüno, sich einen Verbündeten zu suchen, der mit ähnlichen Kontroversen zu kämpfen hat, wie er selbst. Wer weiß, vielleicht sehen wir die beiden mal zusammen in einem Film?