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Zurück im Sommer
Familientragödie in Rückblenden
Interview: Blut ist dicker als Wasser
Mittlerweile ist Julia Roberts nicht mehr nur erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch dreifache Mutter. Um sich genügend um ihre Kinder kümmern zu können, nahm sie sich eine Auszeit von der Schauspielerei. "Fireflies in the Garden" ist einer ihrer ersten Filme nach der Schaffenspause. Darin ist sie an der Seite von Willem Dafoe, Hayden Panettiere und Ryan Reynolds zu sehen. In einer lebhaften Pressekonferenz auf der Berlinale 2008 plauderten nicht nur die Schauspieler Familiengeheimnisse aus. Es stellte sich heraus, dass auch Männer mit dem Bauch entscheiden und Dennis Lees Familie das semi-biographische Werk noch nicht gesehen hat. Leider war Roberts aufgrund ihrer familiären Pflchten nicht anwesend.
erschienen am 13. 02. 2008
Berlinale
Julia Roberts in "Fireflies in the Garden"
Ricore: Wie war die Zusammenarbeit und die Beziehung zwischen Vater und Sohn im Film?

Ryan Reynolds: Die Beziehung zwischen Vater und Sohn birgt meist Komplikationen. Die Erfahrung habe ich selbst gemacht und darauf konnte ich in diesem Film ganz gut zurückgreifen. Ich fand diese Beziehung sehr echt, sehr authentisch. Wichtig in so einem Film ist nicht das, was gesagt wird, sondern das, was unausgesprochen bleibt.

Willem Dafoe: Wir haben ja auch gar nicht so viele Szenen, in denen wir zusammen auftreten. Wir haben die Szenen gespielt und haben versucht darzustellen, worum es geht.

Ricore: Können Sie vielleicht etwas mehr zur Entwicklung der Story erzählen?

Reynolds: Diese Frage ist schon sehr oft gestellt worden. Ich würde sie wie folgt beantworten. Wir alle - auch das Publikum - erleben die Familie Taylor in schweren Zeiten. Es geht darum, ob man zuverlässig ist. Wir sehen nur ausgewählte Szenen, haben nicht alle Informationen, so wie das auch im Leben ist. Das Publikum und auch wir müssen ergänzen, was nicht gesagt oder gezeigt wird. Das gilt für uns alle.

Ricore: Herr Dafoe, können Sie etwas zu der Figur sagen, die Sie spielen. Diesen sehr starrköpfigen Vater. Warum verändert er sich?

Dafoe: In der Geschichte geht es um zwei Episoden aus dem Leben der Familie und des Vaters. Er ist Perfektionist, er will die perfekte Familie. Er will alle glücklich sehen. Das macht er auf eine sehr plumpe Art. Er ist ein liebender Vater, aber auch ziemlich brutal. Nach dem tragischen Unfall muss er nicht nur mit dem Verlust seiner Frau fertig werden, sondern auch lernen, wie er mit seinem Leben zukünftig umgeht. Er muss erkennen, dass er Schuld auf sich geladen hat.
Berlinale
Willem Dafoe als Charles Waechter
Ricore: Herr Lee, wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Film?

Dennis Lee: Die Idee zu "Fireflies in the Garden" kam mir zum ersten Mal 1999. Meine Mutter ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ich habe daraufhin über mein Leben nachgedacht und dann dieses Drehbuch geschrieben. Das war für mich eine Art Katharsis. Ich habe dadurch das ganze Unglück verarbeitet.

Ricore: Herr Dafoe, die Figur, die Sie spielen, ist sehr kompliziert. Welche Wesenszüge gehören wirklich zu Ihnen und welche haben Sie speziell für die Rolle angenommen? Was konnten Sie über sich selbst herausfinden?

Dafoe: Nun, das kann man schwer auseinander halten. Ich weiß ja nicht genau, was das für ein Charakter ist, den ich darstelle, was er schon durchgemacht hat. Ich spiele ihn so, wie ich ihn verstehe. Im gewissen Sinne gefällt er mir natürlich als Charakter. Ich habe mich ja auch teilweise mit ihm identifiziert, beziehungsweise identifizieren müssen. Dieser Mensch, den ich spiele, ist grausam und brutal zu seiner Familie, weil er das Beste für sie will. Das erkenne ich oft in Beziehungen. Das macht ihn mir sympathisch.
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Dennis Lee
Ricore: Herr Reynolds, wie sind Sie an ihre Rolle heran gegangen?

Reynolds: Als Schauspieler habe ich eine unglaubliche Erfahrung gemacht. Beide sind sich sehr ähnlich. Es gibt eine gewisse Hybris, auch bei der Gestalt, die ich spiele. Was mich am meisten betroffen hat, ist, dass diese perfekte Familie ein Trugbild ist. Der kleine Junge ist verletzt worden. Aber der liebende Vater ist trotzdem brutal und macht vieles falsch. Vieles meint er aber auch gut. Ich glaube, das ist ein guter Film, weil Charaktere vorkommen, die sehr dynamisch sind, die verschiedene Facetten haben und es eigentlich gut meinen, auch wenn sie brutal sind. Das macht sie menschlich.

Ricore: Herr Lee, die Farbe und die Beleuchtung sind in diesem Film besonders wichtig. Sie sind sehr emotionalisierend. Haben Sie das geplant?

Lee: Vielen Dank. Wir wollten die extremen Kontraste zwischen den Flashbacks in die Vergangenheit und den Szenen, die in der Gegenwart spielen, vermeiden. Deshalb haben wir die Farben nur ein wenig gedämpft und das Licht sanfter gestaltet. Die Szenen der Vergangenheit haben wir farblich nur ganz wenig verändert. Die Farben waren etwas greller als die in der Gegenwart. Und dann haben wir uns bei den Flashbacks bewusst für die Handkamera entschieden. Ich wollte zeigen, wie Familienfilme damals gedreht wurden. Heute ist das ja anders. Es gibt viele ruhige Kamerafahrten mit der Steadycam.

Ricore: Frau Panettiere, haben Sie damit gerechnet, einen dermaßen großen Erfolg zu haben?

Panettiere: Ich denke ja nicht, dass ich wirklich so toll bin. Also, ich mache das ja auch schon sehr lange und ich hatte oft das Glück mit wirklich tollen Schauspielerkollegen zusammen zu arbeiten. Und es ist wirklich ein Geschenk mit so großen Leuten an einem Set zu sein. Sie beobachten zu können. Ich glaube man rechnet selbst nicht damit, einen so großen Erfolg zu haben.
Berlinale
Emily Watson in "Fireflies in the Garden"
Ricore: Herr Lee, sie sprachen von einer Katharsis. Ist es nicht gefährlich, wenn man so viele eigene Gefühle in ein Projekt steckt? Ich bin neugierig, wie es Ihnen dabei ergangen ist.

Lee: Meinen Sie, wie meine Familie reagiert hat? Die haben das fertige Werk noch nicht gesehen. Meine Schwester war im Produktionsdesignteam bei "Fireflies", sie wird den Film demnächst sehen. Mein Vater hat den Film noch nicht gesehen, hat aber das Drehbuch gelesen. Ich habe ihm zuerst das Drehbuch gegeben und zu ihm gesagt, dass das Fiktion sei, aber gewisse Ähnlichkeiten mit meiner Kindheit habe. Aber mein Vater ist eigentlich mein bester Freund. Ich war immer sehr zufrieden mit meinen Eltern.

Ricore: Haben Sie nun das Gefühl, dass Ihr nächster Film nichts mehr mit Ihrer Familie zu tun haben kann?

Lee: Das Beste, das mir hier passiert ist, dass es halb biographisch ist. Als Drehbuch und als Film. Ich würde gerne eine Komödie als nächstes machen.

Ricore: Herr Dafoe, wir haben oft von Sängern gehört, dass Musik nichts an der Politik ändern kann. Glauben Sie, dass Filme das schaffen können?

Dafoe: Ich glaube, Filme können bei den Menschen etwas bewirken. Dass sie anders denken, Dinge neu sehen. Ja, das glaube ich.
erschienen am 13. Februar 2008
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Ryan Reynolds kommt 1976 im kanadischen Vancouver zur Welt und verbringt dort seine Kindheit. Zu Beginn seiner Schauspielkarriere in den 1990ern spielt er in erster Linie in Fernsehproduktionen. Im darauffolgenden Jahrzehnt ist er überwiegend auf der Leinwand zu sehen. Dabei variiert seine Rollenwahl zwischen Komödien wie "Selbst ist die Braut" und Action-Filmen wie "Green Lantern 3D". Begeistert zeigt sich die Kritik von seiner eindringlichen Darstellung des im Sarg eingesperrten..
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