Universum Film
Wotan Wilke Möhring
Wotan Wilke Möhring in Action
Interview: Der Möchtegern-Gangster
Wotan Wilke Möhring spielt in In "Hardcover" einen üblen Möchtegern-Gangster, der es durch seine tollpatschige Art nicht bis ganz nach oben schafft. Dabei hat der 43-jährige Schauspieler eigene Erfahrungen mit dem Milieu in die Rolle eingebracht. Aufgrund seines vollen Terminkalenders konnten wir mit dem Schauspieler nur ein Telefongespräch führen, dieses hatte es jedoch in sich. Während des Gesprächs eröffnete er dunkle Geheimnisse aus seiner Vergangenheit, die der Akteur heute mit Humor nimmt. Außerdem spricht er über seine Mitfahrgelegenheit Tom Cruise...
erschienen am 7. 04. 2008
Universum Film
Wotan Wilke Möhring in "Hardcover"
Ricore: Sie stecken wieder in Dreharbeiten?

Wotan Wilke Möhring: Ja, am 25. Januar 2008 ging es wieder los.

Ricore: Um was handelt es sich dabei?

Möhring: Ich drehe mit Rolf Schübel, den man von "Ein Lied von Liebe und Tod - Gloomy Sunday" kennt. Wir machen einen kleinen, stillen Fernsehfilm fürs ZDF.

Ricore: Sie waren zwei Jahre in den Staaten, was genau haben Sie da gemacht?

Möhring: Ich war nicht als Schauspieler dort. Ich habe die Freiheit genossen. Nach der Schule und Bundeswehr hatte ich ein Arbeitsvisum, und bin herumgereist, solange das Geld reichte.

Ricore: Jetzt als vielbeschäftigter Schauspieler ist es sicher nicht immer einfach, alles in sich aufzusaugen?

Möhring: Man ist seltener zu Hause. Man fängt sogar an, das zu vermissen, was der Normalbürger als seinen größten Feind betrachtet, nämlich den Alltag, die Regelmäßigkeit. Der Mensch ist Teil eines Rhythmus, und somit ist es schwerer die künstlerische Freiheit, die sich an keinen Ort und keine Uhrzeit hält und einen gewissen Lebensrhythmus miteinander zu vereinen.
Universum
Hardcover
Ricore: Können Sie sich an eine besondere Szene während der Dreharbeiten zu "Hardcover" erinnern?

Möhring: Der Unfall am Ende des Films ist kein Trick. Wir hatten drei bis vier Autos vorbereitet, denn bei Stunts muss man ja mit mehr Takes rechnen. Aber Lukas ist gleich am Anfang total bescheuert auf diesen Block aufgefahren, dass das Auto total festklemmte. Das sieht aus wie geschummelt war aber echt. Die anderen drei Autos haben wir noch.

Ricore: Im Film geht es wesentlich um Autos. Welches Auto fahren Sie privat?

Möhring: Gar keines. Ich fahre einen alten 200er Roller. Wenn man ein Auto hat, braucht man es wahrscheinlich. Zum Drehort werde ich immer gefahren, da brauche ich also auch kein Auto.

Ricore: Können Sie sich mit Ihrer Filmfigur Dominik identifizieren?

Möhring: Ja, selbstverständlich. Sonst hätte ich die Rolle nicht angenommen. Es gibt immer Berührungspunkte. Manchmal ist es erschreckend, wie viel Wahrheit in manchen Figuren steckt. Was ich grundsätzlich mache, mit all meinen Figuren, ich nehme sie ernst. Das wäre sonst Verrat und Figuren verraten gilt nicht. Dominik ist auch einer, der es gut meint, aber durch die Umstände wurde er zu dem, was er jetzt ist. Ab und zu schüttelt man schon den Kopf und denkt sich "Was ist das denn für ein Spacko?". Aber das geht mit allen Figuren gleich. Und der Drehspaß wird mit extremen Figuren ja nur noch größer.

Ricore: Wie viel Freiraum hatten Sie bei der Gestaltung Ihrer Figur?

Möhring: Die Interpretation einer Figur kommt immer von einem selber. Von sich selber Dinge einfließen zu lassen, wäre jedoch zu einfach. Da würde man immer gleich spielen. Aber natürlich denkt der Regisseur auch bei der Besetzung an bestimmte Leute. Und als Schauspieler hat man natürlich die Möglichkeit, mit ihm die Figur zu besprechen.
Ricore: Sie haben mit Regisseur Christian Zübert schon öfters zusammengearbeitet, nicht wahr?

Möhring: Ja, ich habe bei allen seiner Filme mitgespielt. Bei "Lammbock" haben wir uns kennengelernt und so begann unsere Zusammenarbeit.

Ricore: Entwickelt sich durch die oftmalige Zusammenarbeit im Laufe der Zeit Freundschaft?

Möhring: Natürlich bin ich mit Christian auch über die Arbeit hinaus befreundet. Es ist immer wieder ein Geschenk, mit Freunden arbeiten zu dürfen. Aber wenn ich für die Rolle nicht passe, dann werde ich auch nicht genommen. Ich sage: Die Energie eines Projektes zieht immer die richtigen Personen an.

Ricore: Haben Sie ein bevorzugtes Genre, da Sie bisher in vielen unterschiedlichen Rollen zu sehen waren?

Möhring: Das Genre, das mir vielleicht am meisten liegt, das gibt es hier in Deutschland nicht. Das ist der Held. Das was Tom Cruise und Bruce Willis machen. Das ist ein Genre mit Action, das es hier in Deutschland im Kino nicht gibt. Dann gibt es natürlich so Perlen wie "Antikörper", den ich vor zwei Jahren gemacht habe. Der Films sorgte international für Furore, und war wirklich todesmutig in Deutschland. Ein Genrefilm, ein Horrorthriller, das sind Filme, die hierzulande selten sind. Gerade habe ich in München einen Film abgedreht, da geht es auch richtig ans Eingemachte. Bei solchen Sachen lernt man richtig viel. Zur Arbeit gehört aber natürlich auch Freude.

Ricore: Was denken Sie über eine Hollywoodkarriere?

Möhring: Es gibt nicht dieses Projekt "USA". Jürgen Prochnow, Thomas Kretschmann, Til Schweiger... Klar, das sind Leute, die haben es mehr oder weniger geschafft. Natürlich ist das interessant. Ich habe im vergangenen Herbst mit Tom Cruise "Walküre" gedreht, zwar nur eine kleine Rolle, aber es war toll, an der Seite von Tom Cruise zu stehen.

Ricore: Welche dunklen Geheimnisse können Sie uns über Tom Cruise verraten?

Möhring: Tom Cruise ist ein Super-Kerl. Es war ein toller Tag, er hat mich sogar noch im Helikopter mitgenommen, weil wir zeitlich im Verzug waren. Ich fand es toll, bei einer derart großen Produktion mitzumachen.
Universum Film
Wotan Wilke Möhring beim Autoklau
Ricore: Dass Sie mal Punker waren, haben Sie uns schon verraten, aber was von Ihrer Vergangenheit stimmt? Clubbesitzer?

Möhring: Ja, ich war mal Besitzer eines illegalen Clubs, so wie sich das früher gehörte. Aber von dem steht jetzt nicht mal mehr das Gebäude. Türsteher war ich auch noch. Ich habe viel gemacht und eigentlich stimmt alles.

Ricore: Und Sie hatten gefärbte Haare?

Möhring: Ja und das stimmt. Aber jetzt war ich schon vier Jahre lang nicht mehr beim Frisör. Das machen die Leute beim Film.

Ricore: Also gibt es doch eine Menge Parallelen zwischen Ihnen und Ihrer Filmfigur Dominik?

Möhring: Als ehemaliger Türsteher brachte ich für die Rolle natürlich auch gewisse eigene Erfahrungen mit und ich kannte mich im Milieu bereits etwas aus, das verkürzte die Vorbereitungen.

Ricore: Vermissen Sie die Zeit, wo es noch etwas ruhiger um Sie herum war?

Möhring: Das kann ich ja selbst bestimmen.

Ricore: Gab es einen Moment wo Sie wussten, dass Sie Schauspieler werden wollten.

Möhring: Ich bin in dieses Metier hineingerutscht. Aber wenn ich was mache, will ich es auch richtig machen. Gleich am Anfang habe ich dann gemerkt, dass es ein richtiges Handwerk ist, was man erlernen muss. Zu 80 Prozent ist Schauspielerei Handwerk, der Rest setzt sich zusammen aus Talent oder was weiß ich, ein schönes Gesicht vielleicht.
Universum Film
Wotan Wilke Möhring beim Versuch, den Hund außer Gefecht zu setzen
Ricore: Sie haben auch einige Preise erhalten. Wie wichtig sind diese für Sie?

Möhring: Ich sag mal so: Zuschauerbriefe oder Leute, die mich direkt ansprechen, sind viel besser. Ich mache das ja nicht für die Quote. Preise sind letztlich natürlich eine schöne Anerkennung, aber selten kommen sie für das, wofür man sie eigentlich erhofft hat. Ohne dass ich etwas abwerten möchte, haben Preise stets auch mit Politik und Lobbyismus zu tun. Man darf den Beruf nicht für die Preise machen.

Ricore: Wer hat Sie im Laufe Ihrer Karriere besonders beeindruckt?

Möhring: Da kann ich viele nennen, beispielsweise Moritz Bleibtreu. Ich habe viel von ihm gelernt. Lange Zeit dachte ich, mit denen du arbeitest müsstest du auch Freund sein, was man auf Dauer natürlich nicht durchzuhalten ist.

Ricore: Manchmal hat die Filmbranche doch den Anstrich von Oberflächlichkeit und Heuchelei. Sehen Sie das ähnlich?

Möhring: Das habe ich noch nie erlebt. Freundschaften in der Filmbranche sind natürlich anders als solche aus der Jugend. Aber es sind tolle Begegnungen. Ein Filmprojekt schweißt unglaublich zusammen. Es ist nicht so, als würde man fünf Tage im selben Büro sitzen. Es ist eher so, als würde man fünf Wochen gemeinsam durch die Hölle gehen.

Ricore: Das klingt ja drastisch…

Möhring: Ja, aber es gibt solche Projekte, wo geheult und zusammengebrochen wird. Das sind Momente, wo die Wahrheit ans Tageslicht kommt, wo sich niemand mehr verstellen kann. Daher mag ich auch solche Projekte, die zeigen, wie die Menschen wirklich sind.

Ricore: Vielen Dank für das nette Gespräch.
erschienen am 7. April 2008
Zum Thema
Wotan Wilke Möhring hat schon so manches in seinem kurzen Leben erlebt: Er war Punk, ging trotzdem zur Bundeswehr, er ist gelernter Elektriker und ehemaliges Model. Er verdiente sein Geld als Türsteher und war Inhaber eines illegalen Clubs, er studierte Kommunikation und lebte zwei Jahre in den USA. In New York arbeitete er mit geistig behinderten Menschen, in Los Angeles nahm er Schauspielkurse. Heute ist er in der Medienstadt Köln sesshaft geworden, schauspielert und produziert Filmmusik.
Hardcover (Kinofilm)
Christian Zübert gelingt mit "Hardcover" eine deutsche Buddy-Komödie, die über weite Strecken überzeugt. Lucas Gregorowicz und Wotan Wilke Möhring spielen ihre Filmfiguren mit viel Liebe, dennoch gelingt es nicht, den Zuschauer über die gesamte Strecke des Films an die Handlung zu fesseln. Vor allem der tollpatschige, weltfremde und naive Christoph (Lucas Gregorowicz) lässt manches fragende Stirnrunzeln zurück. Dennoch besitzt das Werk einen Charme, der nachhallt.
2024