Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Brigitte Hobmeier
Brigitte Hobmeiers Angst vor Nacktszenen
Interview: Land - Erde - Äcker
Mit hochgesteckten Haaren und einem spitzbübischem Lächeln streckt mir Brigitte Hobmeier freundlich ihre Hand entgegen. Eigentlich will ich sie zu ihrem neuen Film "Räuber Kneißl" befragen. Doch ihr Filmpartner Maximilian Brückner lässt uns kaum Ruhe. Dass die beiden Spaß bei den Drehabreiten hatten, kann ich mir nach unserem Gespräch gut vorstellen. Theaterschauspielerin Hobmeier erklärt mir außerdem, warum sie sich wünscht, dass diese kleine bayerische Geschichte um den Räuber Kneißl ein Erfolg wird und warum sie will, dass ihr kleiner Sohn bayrisch spricht.
erschienen am 23. 08. 2008
Movienet
Räuber Kneißl
Filmreporter.de: Kannten Sie schon vor den Dreharbeiten die Geschichte des "Räuber Kneißl"? Brigitte

Hobmeier: Natürlich!

Filmreporter.de: Sind Sie damit aufgewachsen?

Hobmeier: Seit wann ich das kenne, weiß ich gar nicht! Ich kann mich auch nicht erinnern, wann ich das erste Mal davon gehört habe.

Filmreporter.de: Sie waren mit Maximilian Brückner am Volkstheater?

Hobmeier: Ja, wir haben die "Geierwally" und "Die Räuber" gespielt. Er war der Karl und ich der Spiegelberg.

Filmreporter.de: Man hat Ihnen den Spaß bei den Dreharbeiten angemerkt. Es gibt diesen Gegensatz, einerseits die Liebesgeschichte und dann diese Dramatik, bei der man am liebsten heulen möchte. Wie setzt man das als Schauspielerin um?

Hobmeier: Ich glaube, dass lag sehr an der Dramaturgie des Buches. Es war eines der wichtigsten Dinge für Rosenmüller, dass er den Abenteurer, den Cowboy Räuber Kneißl, diesen wilden Kerl, rüberbringen wollte. Und gleichzeitig wollte er die Liebe zwischen diesen beiden aufzeigen. Er wollte dem Räuber Kneißl nicht ein braves Mädel zur Seite stellen, sondern eher etwas Gleichberechtigtes. Mit dieser Konstellation hat er viel ausgelöst. Mathilde wird frech dargestellt, sie ist kein Häschen, das dem Kneißl nachhüpft. Sie zeigt eine tiefe Liebe zu ihm, wo sich der Zuschauer denkt "Wahnsinn, die vertraut dem!" Er ist dann Jahre weg und sie erfährt nur Lügengeschichten. Aber sie vertraut ihm, dass er immer noch der ist, der er einst war. Es verleiht große Kraft, wenn man so etwas spürt.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Brigitte Hobmeier mit Filmpartner Maximilian Brückner
Filmreporter.de: Ist es ein Klischee, dass Mädchen doch eher auf böse Jungs stehen?

Hobmeier: Der Räuber Kneißl ist, denke ich, gar nicht so böse. Aber ich glaube, dass er sie schon beeindruckt. Es ist die Szene, in der dieser verwegene Kerl die Treppe hochkommt. Ich glaube schon, dass ihr dann kurz anders wird und sie sich denkt "Huch so etwas habe ich noch nicht gesehen." Gleichzeitig ist das, was dann mit den beiden passiert, eine Geschichte von tiefem Vertrauen. Das ist unsere romantische Romeo und Julia-Geschichte. Nach Amerika will er erst, als er merkt, dass ein Leben auf dem Land nicht mehr möglich ist. Ihm wurden alle Türen zugehaut. Er ist ein geächteter, befleckter Gefängnisinsasse, der nicht mehr gesellschaftsfähig ist. Diese Demonstration spüren die Beiden am eigenen Leib. Daraus entsteht der Entschluss, nach Amerika zu gehen. Dort können sie von vorne anfangen. Sie stehen da und sagen: Eigentlich würden wir uns ein nettes, kleines, bürgerliches, spießiges Leben wünschen. Sie ist die Hausfrau, er ist in der Schreinerei und sie macht vielleicht noch eine kleine Wäscherei auf. Der Ansatz ist da, nur gelingt es nicht. Sie sind ja nicht von vorne bis hinten wie Bonnie und Clyde. Sie wollen eigentlich nur ein ganz normales Leben führen. Aber das normale Leben wird ihnen nicht gestattet. Daraus entsteht der Wunsch, nach Amerika zu gehen.

Filmreporter.de: Die Geschichte trägt sich Ende 19., Anfang 20. Jahrhundert zu. Würde die Geschichte heute auch noch so aussehen?

Hobmeier: Ich weiß es nicht. Mit abgeschwächten Merkmalen würde der Weg wahrscheinlich sehr ähnlich sein.

Filmreporter.de: Maximilian Brückner meinte, dass er die Liebesgeschichte sehr genossen hätte, weil Sie eine super Partnerin waren. Gibt es eine Szene, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Hobmeier: Ich glaube, ich kann mich noch an jede Szene erinnern. Am meisten Angst hatten wir vor der Liebesszene im Stadel, die jedoch ganz wenig im Film zu sehen ist.
Movienet Film
Brigitte Hobmeier in einer Szene vom "Räuber Kneißl"
Filmreporter.de: Warum hatten Sie Angst?

Hobmeier: Weil wir beide nackt im Stadel liegen. Da dachten wir uns "Oh Jesus Maria". Aber wir haben uns da gegenseitig aufgefangen, und haben auch Witze darüber gemacht. Ich glaube, das Schönste war am ersten Drehtag, als der Rosi mich mit dem Rad über die Wiese gehetzt hat. Das stand gar nicht im Drehbuch. "Komm Gitti, schmeiß dich aufs Radl. Fahr da rüber, das schaut gut aus. Maxi, schmeiß dich dazu. Das machen wir jetzt." Das war Improvisation im letzten Augenblick vor Sonnenuntergang. Ich hatte davor noch nicht mit Rosi gearbeitet. Er sagt etwas und wir machen es. Wir ziehen am gleichen Strang. Das verleiht mir das größte Glücksgefühl. Das ist auch das, was uns alle so verliebt in einander gemacht hat. Ich erinnere mich an die letzte Szene, die auch mein letzter Drehtag war: Im Gefängnis, als Mathilde sich von Mathias Kneißl verabschiedet. Ich habe gewusst, wenn ich loslasse, sind die Dreharbeiten vorbei. Dann ist Cut, und es wird gesagt "Danke". Ich hätte gerne versucht, die Zeit still zu halten, was aber nicht geht.

Filmreporter.de: Sie waren die letzte Zeit mit Arbeit zugedeckt, haben noch einen weiteren Film mit Rosenmüller gedreht. Waren Sie am Theater auch noch engagiert?

Hobmeier: Dieses Jahr hatte ich nur ein Stück am Theater. Ich wollte eine Ruhephase. In Rosi neuem Film "Die Perlmutterfarbe" hatte ich auch keine große Rolle. Darin spielen nämlich Kinder die Hauptrolle. Das hat Gott sei Dank alles gut funktioniert.
Movienet Film
Brigitte Hobmeier und Maximilian Brückne
Filmreporter.de: Sind Sie denn immer noch nervös, wenn Sie einen Ihrer Film auf der Leinwand sehen?

Hobmeier: Ja, furchtbar.

Filmreporter.de: Sehen Sie sich als Figur oder als Fremde?

Hobmeier: Ich glaube, ich habe es noch gar nicht gelernt, mich als Figur zu sehen. Ich sehe einfach nur mich. Das ist schade, weil ich so nie der Geschichte des Films folgen kann und immer nur darauf achte, wie ich aussehe. Auf der Bühne ist das ja etwas anderes. Da spielst du, und du siehst dich nicht im Spiegel. Aber ich bin schon nervös vor Premieren.

Filmreporter.de: Hat man auch Angst, wie das Publikum reagiert, oder denkt man nicht daran?

Hobmeier: Natürlich wünsche ich dem Film, dass es ein Erfolg wird. Das wir die Herzen und die Leute erreichen. Das das Publikum die Geschichte toll findet und sich den Film anschaut. Den Film für sich selbst zu machen - darum geht es nicht. Es wäre toll, wenn sich die Leute für diesen Rebellen und seiner kleinen Liebe faszinieren könnten.

Filmreporter.de: Es geht in "Räuber Kneißl" auch um das Thema Heimat. Was bedeutet für Sie der Begriff Heimat.

Hobmeier: Heimat ist für mich meine Sprache.

Filmreporter.de: Sie sprechen den bayrischen Dialekt?

Hobmeier: Ja. Ich habe auch einen Sohn, dem versuche ich gerade bayrisch beizubringen. Ich merke, wie schwer das ist, wenn man in einer Umgebung lebt, in der fast nur hochdeutsch gesprochen wird. Ich merke immer mehr, wie wichtig es für mich ist, meinem Kind den bayrischen Dialekt beizubringen, dass er ihn beherrscht. Es ist gerade eine Phase, in der ich wahnsinnig viel bayrisch spreche, weil ich auch nicht immer switchen will. Aber vor der Kamera spreche ich normalerweise nicht bayrisch. Man wird schnell in eine Schublade gesteckt, da will ich den anderen nicht auch noch die Genugtuung geben, und bayrisch reden. Bayrisch ist die Sprache mit der ich aufgewachsen bin, die meine Eltern mir beigebracht haben. Auch das Land, die Erde, der Acker.

Filmreporter.de: Ich bedanke mich für das Gespräch.
erschienen am 23. August 2008
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Seit 1997 spielt die Münchnerin Brigitte Hobmeier am Theater, 2000 ist sie in ihrem ersten Film "Stiller Sturm" zu sehen. Nach der Gesangsausbildung an der Christian Stückl, Stefan Kimmig und Thomas Ostermaier. Sie wird für mehrere Preise nominiert und erhält unter anderem den Theaterpreis Faust als beste Schauspielerin, den Publikumspreis des Münchner Merkur.
Räuber Kneißl (Kinofilm)
Mathias Kneißl (Maximilian Brückner) ist der älteste Sohn der sechsköpfigen Kneißl-Familie. Diese lebt auf der heruntergekommenen und abgelegenen Schachermühle. Da sie kein Einkommen haben, verdient sich die Familie durch Raub und Wilderei den Lebensunterhalt. Dies kommt sie jedoch teuer zu stehen und Mathias wird im Laufe der Zeit zu einer wahren Legende. Für sein Kinoadaption hielt sich Marcus H. Rosenmüller an die historischen Vorgaben und engagierte exzellente Darsteller. Neben Brigitte..
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