Rufus F. Folkks/Ricore Text
Regisseur Guillermo Arriaga
Guillermo Arriagas Befreiungsschlag
Interview: Im Zeichen der Elemente
Guillermo Arriaga machte als Drehbuchautor preisgekrönter Werke wie "Amores perros", "Babel" und "21 Gramm" auf sich aufmerksam. Dabei stand er noch im Schatten seines großen Regiekollegen Alejandro González Inárritu. Jetzt holte er mit "The Burning Plain" zum Befreiungsschlag aus und verpflichtete mit Charlize Theron und Kim Basinger zwei Topstars für die Hauptrollen. In Venedig stellten sich Arriaga und Theron unseren Fragen.
erschienen am 26. 05. 2011
Rufus F. Folkks/Ricore Text
Charlize Theron, Guillermo Arriaga und Jennifer Lawrence
Ricore: Herr Arriaga, wie lange arbeiten Sie schon an dieser Geschichte und worum geht es?

Guillermo Arriaga: Ich habe die Geschichte schon Jahre in meinem Kopf. Wenn ich eine Auszeit brauche, dann ziehe ich mich immer wieder in die mexikanische Wüsten zurück. Ich glaube, diese Landschaft zieht Menschen auf eine ganz bestimmte Art und Weise an. Dieser Film basiert auf den vier Elementen: Feuer, Wasser Luft und Erde. Jeder einzelnen Geschichte liegt ein Element zugrunde.

Ricore: Worum geht es?

Arriaga: Er handelt von der Misere der Protagonistin Sylvia, gespielt von Charlize Theron. Sie geht durch eine große emotionale Phase, die sie an ihre die Grenzen ihrer Existinz bringt. Ich wollte zeigen, warum das Leben mancher Leute so ruiniert wird. Und das ist die Thematisierung der vier Elemente, das ist die Geschichte, die ich erzähle.

Ricore: Frau Theron, was macht eine Figur für Sie interessant?

Charlize Theron: Sie sollten diese Frage an die Menschen da draußen stellen. Warum sind bestimmte Menschen interessanter als andere? So sind wir einfach. Ich glaube, immer wenn man einen Film macht, ist etwas Wahres dran. Warum gibt es Dinge auf der Leinwand, die dich bewegen? So, dass man zu weinen anfängt. Das geschieht deshalb, weil man sich in diesem Moment wiederfindet. Und das passiert dir vielleicht einmal oder zweimal im Leben.
Rufus F. Folkks/Ricore Text
Regisseur Guillermo Arriaga mit Charlize Theron (Venedig 2008)
Ricore: Wie war die Arbeit mit Kim Basinger?

Theron: Es war einer der schönsten Momente in meinem Leben. Ihr beim Schauspielen zu zusehen ist, als würde man Monet zuschauen, wenn er ein Kunstwerk malt. Sie ist die ganze Zeit voll konzentriert. Sie ist intelligent und nett und eine großartige Schauspielerin. Von Anfang an haben wir uns darauf geeinigt, ehrlich miteinander zu sein. Kim Basinger ist viel strenger mit sich selbst, als sie es mit 30 war.

Ricore: Das Drehbuch ist außergewöhnlich. Worüber ich mich gewundert habe, war die junge Sylvia. Können Sie erzählen, wie Sie das junge Double von Charlize Theron gefunden haben?

Arriaga: Ja, wir haben eine Casting-Chefin, die dafür verantwortlich ist, dass wir die beiden heute hier haben: die wunderschöne Jennifer Lawrence und den großartiger J.D. Pardo. Als ich sie auf DVD gesehen habe, hab ich gesagt "die will sie haben!" Es war einer der ersten Castingtage und ich war überzeugt, dass sie gute Schauspieler sind.

Ricore: Wie würden Sie sich als Regisseur beschreiben?

Arriaga: Ich erzähle keine geradlinige Geschichten. Wenn ich jetzt erzählen würde, wie ich Regisseur geworden bin, würde ich nicht bei meinem Großvater anfangen. Ich glaube, Kino ist ein junges Medium mit einer eigenen Sprache. Dazu gehört auch die Dekonstruktion der Zeit.
Rufus F. Folkks/Ricore Text
Charlize Theron ist auch als Produzentin aktiv
Ricore: Warum thematisieren Sie immer wieder den Tod in ihren Filmen?

Arriaga: Ich bin von der Bedeutung des Todes besessen. Die Identität wird von jenen Leuten geschaffen, die ich liebe. Jedes Mal wenn jemand dieser Menschen stirbt, geht ein Teil meiner Identität verloren. Ich frage mich, inwieweit jemand, den ich liebe, meine Identität beeinflusst. Wir leben in einer Gesellschaft, die besessen davon ist, den Tod wegzudrücken. Mein Job als Filmemacher ist es, existenzielle Themen aufzugreifen.

Ricore: Mr. Arriaga, inwiefern unterscheiden Sie sich in Ihrer Arbeit von Alejandro González Inárritu, der drei Ihrer Drehbücher verfilmt hat?

Arriaga: Alejandro González Inárritu hat mehrfach bewiesen, dass er ein großartiger Regisseur ist. Bei drei Filmen haben wir bestens zusammengearbeitet und können auf das Ergebnis stolz sein. In meiner Eigenschaft als Regisseur war ich so getragen von der Arbeit meines Kameramanns und meiner Schauspieler, dass alles ganz einfach war. Und dann hatte ich natürlich auch die Rückendeckung meiner Produzenten Walter und Laurie. Ich habe wirklich jeden Moment der Dreharbeiten genossen. Charlize wird mich jetzt wahrscheinlich umbringen, wenn ich das sage. Aber wir hatten soviel Spaß miteinander. Oft haben wir uns gefragt, ob andere Menschen das wohl würden verstehen können. Dass wir einen so intensiven Film miteinander machen und dennoch soviel Spaß dabei haben. Ganz ehrlich: Das Regie führen war wohl der glücklichste Moment meines bisherigen Berufslebens. Jeden Morgen bin ich mit einem Lächeln an den Dreh gekommen. Es war ein großes Privileg, mit all diesen Menschen arbeiten zu dürfen. Sie haben mir meinen Job so angenehm wie möglich gemacht. Seien es die Produzenten, die Disponenten, die Assistenten, sie alle sind Teil dieses Films.

Ricore: "The Burning Plain" spielt in New Mexico. Es hat den Anschein, als spiegelten sich die Charaktere in der Landschaft. Welchen Einfluss hatte das auf die von Ihnen dargestellte Figur?

Arriaga: Das hat mir sehr geholfen. Zum Beispiel brachte es den Vorteil mit sich, sowohl in der Wüste als auch im vergleichsweise kühleren Portland drehen zu können. Das hatte großen Einfluss auf die eigene Stimmung, man wird körperlich und emotional davon berührt. Ich drehe generell lieber an Draußen als im Filmstudio.

Theron: Der ursprüngliche Titel war ja "The Four Elements". Das sagt ja schon eine Menge über den Film aus. Die Wechselwirkung zwischen der Landschaft und den Figuren war für Guillermo während des Schreibens am Drehbuch sehr inspirierend. Ich denke, dass es die Aufgabe eines Schauspielers ist, so etwas aufzugreifen. Wir haben uns dessen bedient, was Guillermo uns vorgesetzt hat.
erschienen am 26. Mai 2011
Zum Thema
Geboren am 7. August 1975 im südafrikanischen Benoni, wächst Charlize Theron auf einer kleinen Farm auf. Bevor sie 1996 in "2 Tage in L.A." ihr Filmdebüt feiert, ist sie vier Jahre als Model tätig. Mit 16 von einer italienischen Agentur entdeckt, bekommt sie fortan sowohl in Europa, als auch in Amerika Aufträge. Monster". 2006 wird sie für "Kaltes Land" erneut nominiert. Beides kann sie nicht mit ihrem Vater Charles feiern. Der wurde von ihrer Mutter Gerda 1991 in Notwehr erschossen.
Guillermo Arriaga hat sich einen Namen als Drehbuchautor gemacht. Meist schrieb er für seinen mexikanischen Landsmann Alejandro González Inárritu, mit dem er die Drehbücher von "Amores perros", "21 Gramm" und "Babel" schrieb. "The Burning Plain" ist sein Spielfilmdebüt, welches ebenfalls mehrere Geschichten über Raum und Zeit hinweg verknüpft. Die Musik komponiert das deutsche Hollywoodurgestein Hans Zimmer.
2024