Ulrich Blanché /Ricore Text
Zack Snyder
"Citizen Kane" der Comic-Verfilmungen
Interview: Zack Snyder mag die dunkle Seite
Drei Jahre nach "300" bringt Zack Snyder "Watchmen - Die Wächter" ins Kino. Das aufwendige Projekt ist seit über 20 Jahren in Planung, doch keiner wollte sich an dem schwierigen Stoff die Finger verbrennen - außer Snyder. Mit seiner Gattin und "Watchmen"-Produzentin Deborah Snyder spricht er mit Filmreporter.de über Comic-Verfilmungen, den extra-langen Director's Cut und neue Projekte.
erschienen am 5. 03. 2009
Paramount Pictures
Deborah Snyder
Ricore: Hat es Spaß gemacht, "Watchmen" zu drehen?

Zack Snyder: Es hat großen Spaß gemacht. Ich war ein großer Fan des Graphic Novels und alle unterschrieben am Ende der Dreharbeiten die Kopien der anderen. Es war dennoch anstrengende Liebesmüh und die größte Herausforderung war, die verschiedenen Levels, die Komplexität der Vorlage unter einen Hut zu bringen.

Deborah Snyder: Wenn man es wirklich eins zu eins umgesetzt hätte, wäre der Film wohl sechseinhalb Stunden geworden. Die Kunst war es, dass es zwar immer noch "Watchmen" blieb, zugleich aber eine Länge kriegen würde, die man ins Kino bringen kann.

Zack Snyder: Ein Herausforderung war auch, die Umwandlung des Materials in den Film, den wir machen wollten. Es stand ja nicht schon am Anfang so fest. Die jetzige Fassung flog mir nicht einfach zu.

Deborah Snyder: Auch der Schluss, wo die Figur Adrian Veidt eigentlich stirbt. Das Skript war noch kein Film.

Zack Snyder: Das Studio sagte: "Also wir hätten gerne, das der Film irgendwie auch vom "War on Terror" handelt, der Irak sollte auch vorkommen." Das war natürlich auch ein großer Teil der Arbeit, dass wir "Watchmen" wieder zurück in den Film bekamen.

Deborah Snyder: Nach dem Erfolg von "300" hatten wir Zeit. Das Studio hatte das Skript vorliegen, das auf einem Graphic Novel basiert. Ich denke, dass wir ohne den Erfolg von "300" all die Sachen nicht hätten machen können. Auch "300" entstand nach der Vorlage einer Graphic Novel und war sehr gewalttätig, dennoch kam es beim Publikum an. Das hat den Verantwortlichen vom Studio ein gewisses Vertrauen gegeben. Es war an der Zeit, diesen Film zu machen.
Paramount Pictures
Watchmen - Die Wächter (2009)
Ricore: Wollten die so etwas wie "Iron Man"?

Zack Snyder: Eigentlich wollten die ein Sequel von "300".

Ricore: Stimmt es, dass im Trailer von "300" ein "Watchmen"-Smiley auftaucht?

Zack Snyder: Im "300"-Trailer gab es ein Still-Bild der "Watchmen"-Figur Rorschach, den ich während der Post-Produktion von "300" kreiert habe. Zu dieser Zeit arbeitete ich bereits an der Pre-Produktion von "Watchmen".

Deborah Snyder: Wir fragten uns, wie lange es wohl dauern würde, bis das tatsächlich jemand entdecken würde. Es dauerte genau einen Tag. Das war schon beeindruckend.

Ricore: Mussten Sie neben den Produzenten auch gegen die Fans kämpfen? Immerhin verfilmten Sie die Bibel der Comic-Bücher?

Zack Snyder: Ich will das nicht auf das Studio schieben, die wollen natürlich Geld mit dem Film verdienen. Was der Film dennoch sein hätte können, ist eine ganz andere Sache. Ehe das Studio sich versah, hatten sie diesen Film über ein Buch das 160 Seiten lang war.

Ricore: Warum haben Sie das Ende geändert?

Zack Snyder: Das war schon hart. Natürlich war das problematisch und wir haben viel darüber gesprochen. Ich dachte mir am Ende, als ich den Film dann ansah, dass das alternative Ende besser sei.
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Zack Snyder
Ricore: Was ist mit der Hai-Sequenz?

Deborah Snyder: Wir haben "Tales of the Black Freighter" gedreht. Wir gingen zu Warner-Premier, die die DVDs von Warner machen und sagten denen, die "Tales of the Black Freighter" mussten weggelassen werden. Wir haben aber die Idee, ihn animiert extra zu drehen. Wir wollen aber auch einen Director's Cut machen, wo diese Geschichte in der Geschichte wieder drin ist. Nachdem wir an viele Türen geklopft haben, waren sie einverstanden. Auf der DVD wird reichhaltiges Material sein, dass unter dem Titel "Under the hood" zeigt, wie alle "Watchmen"-Figuren zu Superhelden wurden.

Zack Snyder: Genau, der Director's Cut wird letztendlich drei Stunden lang sein, der dann als Basis für den "Black Freighter"-Cut genommen. Das wird dann der ultimative total verrückte "Watchmen"-Cut sein.

Ricore: Wird diese Langversion auch im Kino laufen?

Zack Snyder: Das weiß ich nicht, vielleicht gekürzt...

Deborah Snyder: Zumindest in den USA kann das schon sein.

Zack Snyder: In New York und L.A. wohl.

Ricore: Sehen Sie "Watchmen" als Metapher für eine Nation? Oder für die Menschheit generell?

Zack Snyder: Ich denke beides. Ich denke, dass der Kalte Krieg und dieses Konzept von "wer wacht über die Wächter, wer regiert die Regierung, wer schützt uns vor der Polizei?", dass das die Frage ist, die der Film stellt. Er beantwortet sie jedoch nicht und lässt es offen.
Ulrich Blanché /Ricore Text
Zack Snyder
Ricore: Hatten Sie zum Autor der Vorlage, Alan Moore Kontakt?

Zack Snyder: Nein. Es ist allgemein bekannt, dass sich Alan von dem Projekt verabschiedet hat. Er hat verlangt, dass ich und Andere, die an dem Film mitarbeiten, ihn nicht kontaktieren. Ich habe das zu respektieren.

Ricore: Und der Zeichner, Dave Gibbons?

Zack Snyder: Dave? Der ist großartig, sehr kooperativ, er hat Story-Boards für uns gezeichnet. Er hat am Poster und am Videospiel mitgearbeitet. Er ist cool.

Ricore: Waren Sie immer ein Comic-Nerd?

Zack Snyder: In gewisser Weise ja. Ich war ein großer Fans von illustrierten Comic-Magazinen für Erwachsene. Ich war eher Hardcore. Viele Comics waren mir nicht finster genug. Als ich dann im College war, las ich "Watchmen" und "Frank Miller's Dark Knight". Solche Sachen fand ich cool.

Ricore: Wie stark war die dunkle Seite in Ihnen? Haben Sie Mickey Maus gehasst?

Zack Snyder: Ja, die hat mich verprügelt, wie ich noch klein war (lacht).

Ricore: Woran arbeiten Sie im Moment?

Deborah Snyder: Das ist ein animierter Film namens "Guardians of Ga'Hoole", der auf einer Bücherreihe von Kathryn Lasky basiert. Darin gibt es auch Kriegs- und Schlachtenszenen. Es geht um die Reise eines Helden.
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Jeffrey Dean Morgan als Comedian
Ricore: Ihr Stil ist sehr visuell. Inwieweit hilft Ihnen Ihre Zeit als Werbefilmer?

Zack Snyder: Klar hilft das. Werbung ist ein erstaunliches Feld zum lernen. Ich habe hunderte von Werbefilmen gedreht, viele davon in Deutschland. Interessant ist, dass das in Hollywood nicht wirklich zählt. Ich habe bereits viele hundert Drehtage gehabt als Regisseur, der auch die Kamera bedient. Daher wusste ich viel über das Film drehen. In Hollywood haben die mich so behandelt, als ob ich noch nie im Leben eine Kamera in der Hand gehabt hätte.

Ricore: Ihr visueller Stil ist in "Watchmen - Die Wächter" im Vergleich mit "300" viel zurückhaltender.

Zack Snyder: Das ist auch ein völlig anderer Comic. Viel realistischer, er ist immer noch eine Oper, aber "Watchmen" ist einfach etwas, das für sich steht.

Ricore: Und der nächste Film wird wieder eine Comic-Verfilmung? Ich könnte mir "The Authority" von Warren Ellis und Bryan Hitch vorstellen.

Zack Snyder: Ja? Ich habe ein Original-Skript verfasst, dass ich im Herbst machen werde: "Sucker Punch" heißt er. Es handelt sich um einen Fantasy-Action-Film.

Deborah Snyder: Was mir daran gefällt ist nicht nur das Spektakel, die Action. Was so kraftvoll daran ist, sind diese fünf Mädchen und ihre Beziehungen. Sie sind in einer Fantasie-Welt, wo sie sich schützen müssen. Es geht um ihre Beziehungen zueinander. Ich mag die Vorstellung von einem Actionfilm, der zugleich eine Intensität hat, Ein Spektakel, das auch etwas zu sagen hat.

Zack Snyder: Ich mag Filme wie "Hinter dem Rampenlicht", der einer meiner Lieblingsfilme ist. Er weist diese besondere Atmosphäre auf. Ich denke auch an "Pans Labyrinth". Es ist schwer zu beschreiben.

Deborah Snyder: Der Film wird auch von der Musik vorangetrieben.
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Deborah Snyder und Zack Snyder
Ricore: Ist es schwierig, als Ehepaar zu arbeiten oder macht es die Sache einfacher?

Zack Snyder: Ich denke es wird dadurch wesentlich einfacher.

Ricore: Zu welcher Figur aus "Watchmen" haben Sie Gemeinsamkeiten?

Deborah Snyder: Ich denke Dan Dreiberg ist die Figur, mit der sich der Zuschauer am meisten identifiziert, weil er am ehesten einer von uns ist.

Zack Snyder: Dr. Manhattan ist mein Favorit.

Ricore: Haben Sie nie daran gedacht, die Geschichte in der Gegenwart spielen zu lassen?

Zack Snyder: Das Studio wollte das von mir. Ich dachte mir, wenn ich es modern mache, wird die Kalte-Krieg-Metapher ein wenig zerstört. Ich will nicht zu sehr meine Meinung reinbringen. Ich wollte die Leute entscheiden lassen, auf welchen zeitgenössischen Konflikt sie es übertragen. Die können dann sagen: "Oh, das erinnert mich an den War on Terror oder an Irak."

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 5. März 2009
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Bevor er mit seinem Spielfilmdebüt "Dawn of the Dead" den Durchbruch schafft, macht sich Zack Snyder einen Namen als Regisseur und Produzent von Musik- und Werbespots. Zudem dreht er Portraits über Sportstars. Das Regieangebot für "S.W.A.T. - Die Spezialeinheit" lehnt er ab, da der Film keine Jugendfreigabe erhält. Den endgültigen Durchbruch schaffte er mit der Comicverfilmung "300". Das Actionspektakel spielt weltweit rund 400 Millionen US-Dollar ein.
In einem fiktiven Amerika von 1985 wird der außer Dienst gestellte Superheld der Comedian (Jeffrey Dean Morgan) ermordet. Sein ehemaliger Mitstreiter Rorschach (Jackie Earle Haley) warnt die anderen Superhelden, dass ihnen das gleiche Schicksal drohen könne. "300"-Regisseur Zack Snyder machte sich an die schwierige Aufgabe, das von Fans verehrte Kultbuch zu verfilmen. Mit Liebe zum Detail wagte er den gelungenen Spagat zwischen Actionfilm und tiefgründigem Mystery-Thriller.
2024