Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Martin Feifel
Martin Feifel, der trinkfeste Kommissar
Interview: Alkohol, Inzest, Tod!
Martin Feifel spielt in der neuen ARD-Krimireihe "Kommissar Süden" einen alkoholsüchtigen Kriminalkommissar. Schauspiel-Kollege ist Ulrich Noethen. Viele mögen nun denken, Krimiserien gibt es doch schon zuhauf. Wir haben Feifel gefragt, was das Besondere an Süden ist und ob er im Privaten tatsächlich auch so trinkfest ist, wie seine Filmfigur. Und wir bekamen überraschende Antworten.
erschienen am 3. 04. 2009
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Martin Feifel
Ricore: In den beiden ersten Teilen der "Kommissar Süden"-Reihe sehen Sie ziemlich fertig aus. War alles nur Make-Up oder haben Sie sich auch privat etwas gehen lassen?

Martin Feifel: Im ersten Teil "Kommissar Süden und das Geheimnis der Königin" sehe ich wirklich etwas wilder aus. Natürlich hilft man mit Schminke noch nach, aber der Grundstock war schon da, weil ich kurz vorher noch gedreht habe. Als mich Dominik Graf, der Regisseur von "Kommissar Süden und der Luftgitarrist", vor der Maske sah, hat er allerdings gesagt: "Du schaust ja viel zu gut aus. Macht ihn richtig fertig!"

Ricore: Als Münchner ist es ja eine Kleinigkeit, gleich in der ersten Szene eine ganze Mass zu bewältigen…

Feifel: Natürlich übt sich das. Aber wir haben diese Szene schon forciert. Im Privatleben würde ich das nicht machen, da wäre der gesamte Abend ja gelaufen.

Ricore: Sie haben einige tolle Szenen, beispielsweise im zweiten Teil mit der Luftgitarre. Spielen Sie selbst Luftgitarre?

Feifel: Nein, das war absolutes Neuland für mich. Ich muss allerdings sagen, ich habe früher Gitarre gespielt, daher ist mir die Art und Weise des Spielens geläufig. Ich habe auch eine recht intensive Pantomimenausbildung hinter mir. Das hat natürlich sehr geholfen.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Martin Feifel
Ricore: Sie winden sich ja förmlich auf dem Boden…

Feifel: Dank einer erfolgreichen Operation an der Bandscheibe, der ich mich vor zwei Jahren unterziehen musste, ist das nun zum Glück auch kein Problem mehr. Ich bin wieder zu akrobatischen Übungen fähig!

Ricore: Was macht in Ihren Augen den Erfolg der Reihe "Kommissar Süden" aus. Denn geraden in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern gibt es einige Krimireihen…

Feifel: Ich habe den Eindruck, dass wir gegen den Mainstream steuern. Gerade was die schnelle Schnitttechnik oder die Wackelkamera betrifft. Wir versuchen, eine Ruhe hineinzubringen und diese auch zu bewahren, um der Geschichte folgen und die Personen beobachten zu können. Wir schaffen außerdem eine bestimmte Erzählatmosphäre und Dichte, damit man in die Figuren anders eindringen kann. Der Zuschauer soll sich tragen lassen können. Er soll nicht das Gefühl haben, gehetzt zu werden. Und das finde ich sehr angenehm. Mir persönlich geht die Geschwindigkeit, die heutzutage in vielen Filmen oder Fernsehserien vorherrscht, mächtig auf die Nerven.

Ricore: Diese Langsamkeit, die Sie bereits angesprochen haben, ist wirklich sehr auffällig. Ist dies aber nicht auch riskant?

Feifel: Natürlich beinhaltet dies ein gewisses Risiko. Eine bestimmte Altersklasse hat sicherlich ihre Schwierigkeiten mit "Kommissar Süden". Aber wir wollen auch jene ansprechen, die gesagt haben "Wir haben nun wirklich jeden "Tatort" gesehen und wissen, wie das abläuft." Wir wollen solche Zuseher zurück ins Krimi-Boot holen, damit sie wieder Lust bekommen. Man kann es natürlich nicht jedem Recht machen.
ZDF/Erika Hauri
Kommissar Süden und der Luftgitarrist
Ricore: Ein weiteres Risiko beherbergt auch die Auswahl der Themen. Gerade im 1. Teil, wo es um Inzest geht.

Feifel: Natürlich ist das riskant, aber genau das macht die Besonderheit der Reihe und der Persönlichkeit der Hauptfigur Tabor Süden aus. Ich glaube Dominik Graf hat es einmal passend gesagt: "Das Bestreben von Süden ist es, jeder noch so dunklen und finsteren Geschichte etwas Positives abzutrotzen." Er hat auch für den schlimmsten Übeltäter noch ein Fünkchen Sympathie oder, wenn man so will, Verständnis, übrig. Inzest ist ein heikles Thema, da haben Sie Recht. Wir haben am Set auch regelrecht darüber gestritten. Es war nicht so, dass wir das so locker aus dem Ärmel gespielt haben. Selbst im Film ist dies eine Grenzfrage, welche die Freundschaft zwischen meiner Figur und Tabor Süden bedroht. Ich stehe ja auf dem ganz normalen, alltäglichen Standpunkt, Süden allerdings bewegt sich einen Schritt weiter vor und entdeckt dadurch etwas dahinter. Natürlich ist eine solche Haltung grundsätzlich abzulehnen, das weiß auch Süden.

Ricore: Sie wurden für Ihre Rolle des Martin Heuer nicht gecastet. Die Produzenten kamen auf Sie zu. Haben Sie einen Moment lang gezögert, diese Rolle anzunehmen?

Feifel: Der einzige Moment, wo ich gezögert habe, war der, dass ich die Bücher von Friedrich Ani nicht kannte. Ich hatte keinen Eindruck von dem, was da gemacht werden soll. Ich habe sie dann gelesen, und zwar innerhalb von zwei Nächten.

Ricore: Alle 14 Bücher?

Feifel: Ja, ich habe mich da regelrecht durchgefressen. Danach habe ich sehr schnell zugesagt. In Uli Noethen habe ich einen fantastischen Kollegen. Die Aussicht auf die beiden Regisseure Martin Enlen und Dominik Graf war auch sehr interessant für mich. Und nicht zuletzt schätze ich Produzent Oliver Berben sehr.

Ricore: Was schätzen Sie an ihm?

Feifel: Ich mag seinen jugendlichen Enthusiasmus. Das finde ich toll.
ZDF/Erika Hauri
Martin Feifel übt sich im Luftgitarrespielen
Ricore: Als Sie die Bücher gesehen haben, haben Sie sich in Ihrer Filmfigur gesehen? Da Sie äußerlich eher an Süden erinnern…

Feifel: Ich hatte am Anfang auch gedacht, "Moment mal, der Süden, das bin doch eigentlich ich." Ich führte dann ein Gespräch mit Friedrich Ani und er meinte, es sei gut, wenn ich Südens Partner spielen würde. Ich bringe eine ganz andere Persönlichkeit mit, welche den Zusammenbruch, die Sensibilität und Empfindlichkeit ganz anders zeigen kann, als Uli Noethen es vielleicht bereit ist zu tun. Insofern haben wir das Äußere recht schnell aus den Augen verloren.

Ricore: Wurden Sie von Außen damit konfrontiert?

Feifel: Klar, als Süden-Fans und andere Krimileser gehört haben, Martin Feifel spielt Martin Heuer haben viele gesagt: "Eigentlich müsstest du doch den Süden spielen." Das war auch sehr lustig. Als ich zum ersten Mal zur Kostümprobe gegangen bin, hab ich mir ja auch was überlegt und habe mich so angezogen, wie Süden im Buch beschrieben wird: schwarzer Gehrock, Lederhose und so weiter. Die Kostümbildnerin meinte dann: "Ne, da musst jetzt die Privatsachen tauschen!" Das war ganz lustig. Nach dem zweiten Dreh habe ich auch völlig begriffen, dass diese Konstellation besser ist.

Ricore: Es gibt sichtbare Unterschiede zwischen den ersten beiden Teilen dieser Reihe. Nicht nur in den Themen, auch in den Figuren. Wie wird es nun weitergehen?

Feifel: In den Büchern wird der sukzessive Verfall von Heuer und wie die Probleme zwischen ihm und Süden größer werden, beschrieben. Der Alkohol drängt sich immer mehr zwischen die beiden Freunde. Wir wollen aber ganz vorsichtig mit dem Thema umgehen, da das Krankheitsbild des Alkoholikers irgendwann uninteressant wird. Deshalb werden wird das langsam steigern, bis es in einem großen, furchtbaren Finale endet.

Ricore: Na hoffentlich kommt es zu diesem furchtbaren Finale…

Feifel: Ganz bestimmt.

Ricore: Dann wünsche ich Ihnen einen guten Serienstart und alles Gute. Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 3. April 2009
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Die Hauptkommissare Tabor Süden (Ulrich Noethen) und Martin Heuer (Martin Feifel) arbeiten im Vermisstenbüro der Kripo München. Als eine Leiche gefunden wird, und bei ihr das Foto einer seit zehn Jahren vermissten Frau, führt sie die erste Spur nach Italien. Die neue ZDF-Krimiserie basiert auf den Romanvorlagen des Münchner Autors Friedrich Ani. Die Serie hebt sich vor allem durch das ungewöhnlich gemächliche Erzähltempo, die besondere Figurenkonstellation und die überzeugenden Hauptfiguren..
Im zweiten Fall der Münchner Kommissare Tabor Süden (Ulrich Noethen) und Martin Heuer (Martin Feifel) geht es um einen verschwundenen Luftgitarristen. Auch hier herrscht dieselbe Grundstimmung wie in "Das Geheimnis der Königin", trotz dem Regisseur- und Autorenwechsel. Das Skript schrieb Romanautor Friedrich Ani dieses Mal selbst. Das gemächliche Tempo aus dem ersten Teil wurde zwar beibehalten, wird allerdings - vielleicht aufgrund der menschlichen Gewohnheit - nicht mehr als so auffällig..
2024