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Stirbt im 4. Fast & Furious viel zu früh: Michelle Rodriguez
"Niemand will unabhängige Frauen!"
Interview: Michelle Rodriguez bleibt wild
Wir werden von einer breit grinsenden, rassigen Latina empfangen. Ihre Jeans besteht mehr aus Löchern, denn aus Stoff. Im vierten Teil der "Fast & Furious"-Reihe, "Fast & Furious - Neues Modell. Originalteile.", sieht man Michelle Rodriguez wieder in ihrer typischen Rolle: Als draufgängerisches Action-Girl, das kein Risiko scheut. Auch privat ist die gebürtige Texanerin kein Kind von Traurigkeit. Wegen diverser Gesetzesverstöße wurde sie mehrmals verurteilt, ihre jüngste Gefängnisstrafe saß sie 2008 ab. In unserem Interview erklärt Rodriguez, warum ein Reifeprozess schwieriger ist, wenn er von der Öffentlichkeit begleitet wird, und warum sie den Verlust ihrer Privatsphäre als lohnenswertes Opfer versteht. Während dem Gespräch lacht die 30-jährige viel und laut. Doch bei einem Thema versteht Michelle Rodriguez keinen Spaß: Die Rolle der Frau in Hollywoodfilmen.
erschienen am 3. 04. 2009
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Fast & Furious die Vierte...
Ricore: Wir sind sehr enttäuscht.

Michelle Rodriguez: Warum?

Ricore: Weil Ihre Rolle in "Fast & Furious" so klein ist. Der Film hat kaum angefangen, da sterben Sie schon.

Rodriguez: Ich habe gedrängt, meine Rolle größer zu machen. Doch dann bekamen wir Zeitprobleme. Ursprünglich sollte der Film im Sommer rauskommen, dann hat man gedrängt, um ein Release im April zu erreichen. Ich kam gerade von den Dreharbeiten zu "Avatar" zurück, da musste ich schon mit "Fast & Furious" beginnen. Ich hatte selbst keine Zeit, mir eine andere Version der Geschichte auszudenken, die ich dann hätte präsentieren können, um das ganze Projekt zu ändern. Für mich war es also das Wichtigste, meinen Boy Vin (Hauptdarsteller und Produzent Vin Diesel; d. Red.) nicht hängen zu lassen. Das ist für mich letztlich genauso wichtig. Denn er war es, der mich damals in "Girlfight" gesehen hatte und sagte "Ich will, dass sie meine Freundin in "The Fast and the Furious" spielt!" Ich schulde ihm also etwas.

Ricore: Sie sind jetzt 30 Jahre alt, seit "Girlfight" sind fast zehn Jahre ins Land gezogen. Was ist das für ein Gefühl?

Rodriguez: Es ist wunderbar. Gott, ich bin so froh, dass ich diese verwirrenden Zwanziger hinter mir habe. Mann! Hatte ich einen langen, öffentlichen Reifeprozess. Heute fühle ich mich gut.
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Michelle Rodriguez und Vin Diesel in Bochum
Ricore: Ist es schwieriger einen solchen Reifeprozess in der Öffentlichkeit durchzumachen? Oder ist es ein Vorteil, weil man viel mehr über sein Tun nachdenkt?

Rodriguez: Schwieriger an einem öffentlichen Reifeprozess ist die Aufmerksamkeit, die Dir entgegen gebracht wird. Wenn die Leute eine Aktion von Dir mitbekommen, reduzieren sie Dich darauf. Obwohl Du nicht nur durch eine Tat definierbar bist, Du bist viel mehr als das. Doch sie setzen Dein gesamtes Wesen mit einer Aktion gleich. Wenn Du eine gute Tat vollbringst, bist Du deshalb zwangsläufig ein guter Mensch. Wenn Du einmal einen Alkoholtest machen musst, bist Du sofort ein rücksichtsloser Mensch, der immer unverantwortlich und dumm handeln wird. Aber wissen Sie, ich habe eben auch in meine Windeln gemacht, und tue das jetzt nicht mehr. Ich bin auch gekrabbelt, doch jetzt laufe ich. Das nennt sich Entwicklung.

Ricore: Ihre typische Rolle scheint die des Action-Girls zu sein. Von dieser Sorte gibt es nicht allzu viele, die meisten Schauspielerinnen wollen Dramen spielen.

Rodriguez: (ironisch) Oh, danke. Wie freundlich. Ich denke, die meisten Schauspielerinnen wollen Geld verdienen.

Ricore: Was ist daran auszusetzen?

Rodriguez: Mit weiblichen Actionrollen gibt es eben nicht viel Geld zu holen. Als Filmfreundin eines topgelisteten männlichen Schauspielers gibt es eine Menge Geld.

Ricore: Meinen Sie, dass sich das irgendwann ändern wird?

Rodriguez: Ich hoffe. Mit Frauen wie Zoe Bell, einer Ex-Stuntfrau. Das Problem ist, dass die Drehbücher immer von Männern kommen. Die wissen nicht, was eine starke, unabhängige Frau ist. Die meisten dieser Autoren sind Nerds, die vor ihren Computern hocken. Die kennen eben keine coolen Frauen. Die kennen keine Frauen, die auf einen fahrenden Pick-up aufspringen. Ebenso wenig kennen sie Stuntfrauen, die aus Flugzeugen springen. Sie wissen einfach nicht, wie solche Frauen sind. Also müssen sie sich die Frauen ausdenken. Und dabei sind sie nicht besonders kreativ. Solche Filme floppen. Und ich denke mir "Warum wusste ich von Anfang an, dass das passiert?" Die einzige, die es immer richtig macht, ist Angelina Jolie. Und das ist so schade, denn es gibt so viele Geschichten da draußen, die noch erzählt werden können. Meistens sterben die armen Mädels am Ende des Films. Es gibt so wenige gute Beispiele, "Thelma & Louise" - ich würde gerne mehr aufzählen, doch es gibt so wenige wirklich coole Actionfilme. Es sei denn, es handelt sich um einen Science-Fiction Film oder etwas anderes imaginäres. Wie "Underworld" "Resident Evil" oder "Tomb Raider". Aber es muss fiktional sein! Sonst will man keine unabhängige Frau sehen, sondern eine, die von einem männlichen Helden gerettet wird (summt eine Fanfare).
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Vin Diesel
Ricore: Hollywood ist also ungerecht?

Rodriguez: Ich denke nicht, dass die Autoren das absichtlich machen. Sie schreiben einfach langweiliges Zeug. Ich denke wirklich, dass sie rausgehen sollten um richtige Frauen kennenzulernen, die in den Kongo gehen, ihr Leben dem Schutz von Tieren widmen. Oder sie sollen sich mit Stuntfrauen verabreden, die in ihrer Freizeit gefährliche Dinge machen. Diese Leute sind cool und kennen eine Menge noch coolerer Leute. Doch Flops wie "Catwoman" sind einfach inakzeptabel. Das meine ich Ernst. Ich bin mit Catwoman groß geworden. Sie war eine meiner absoluten Superheldinnen. Und dann macht man einen Film und steckt Catwoman in einen Anzug, das alles wie ein Porno wirken lässt. Und deshalb floppt das Ding. Man macht einen Film für Kinder, verdammt noch mal. Also macht sie cool, lasst sie austeilen, gebt ihr das beste Stuntdoubel. Bringt Action rein und macht Euch ein paar Gedanken. Macht einen Rebellen aus ihr. Deshalb mag ich "Fast & Furious". Ich sah den Charakter und fand, dass er die Subkultur einführte. Nicht nur das, sondern die Mischung aus verschiedenen Kulturen. Und Du bist übermenschlich. Wenn Du Dich in das Auto setzt und das Gaspedal drückst, bist Du nicht länger menschlich. Du bist übermenschlich.

Ricore: Das ist nicht nur im Film so. Mein 50-jähriger Nachbar fühlt sich auch wie ein Held, wenn er in seinen Opel steigt.

Rodriguez: (lacht laut auf) In seinen Opel… Das ist ein Klassiker. Daran sieht man, dass all diese Filmmotive aus dem Leben gegriffen sind, sie passieren wirklich.

Ricore: Sie spielen in James Camerons lange erwartetem Film "Avatar" mit. Ihr Leben könnte sich dramatisch ändern. Gibt es jemanden, der Sie auf all die Aufmerksamkeit vorbereitet?

Rodriguez: Nein, das ist cool. Ich denke nicht, dass sich viel ändern wird. Ich bin ein bodenständiges Mädchen. Beim ersten Teil der "Fast & Furious" Reihe habe ich so ein Training erhalten. Ich saß da und fragte: "Ihr bringt Leuten wirklich bei, wie man Fragen beantwortet? Warum?" Ich konnte das nicht verstehen. Als ich jedoch älter und reifer wurde, die Wirkung meines großen, fetten, verdammten Mauls verstand, begriff ich warum. "Ach so… Deshalb!"
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Michelle Rodriguez in Bochum
Ricore: Doch wie kommen Sie mit dem Verlust Ihrer Privatsphäre klar?

Rodriguez: Man sieht das als ein Opfer für das, was man mit seinem Leben plant. Ich entschied mich eben dazu, Geschichten zu erzählen. Als ich mit allem anfing, wollte ich schreiben. Wie konnte ich das in einem großen Rahmen machen? Ich fing an, zu Schauspielen. Dort würde ich Regisseure und Produzenten kennenlernen, und sehen, wie es läuft. Nun, zehn Jahre später, bin ich soweit und kann anfangen, zu schreiben. Das ist eben eine Entwicklung. Und wenn ich endlich anfange zu schreiben, fange ich auch an, zu produzieren. Und Ihr seht mich nicht mehr. Dann bin ich nämlich hinter der Kamera, und mir wird keine Aufmerksamkeit mehr beigemessen. Dann kann ich endlich unbehelligt mit meinem Auto rasen.

Ricore: Wann wird Michelle Rodriguez Ihren ersten Film produzieren?

Rodriguez: Momentan arbeite ich an meiner ersten Produktion. Es handelt sich um einen dominikanischen Film, in dem ich auch mitspiele. Es geht um die Diktatur unter Rafael Trujillo. Genauer gesagt, um eine Frau, die in der Dominikanischen Republik eine Revolution gestartet hat. Ich denke, das ist eine tolle Geschichte. Diese Zeitspanne, von 1950 bis 1961, ist eine sehr schwierig gewesen: Man hatte Algerien, Gandhis begann in Indien, der Vietnam-Konflikt eskalierte, in Nordkorea war was los... es war weltweit etwas geboten. Stellen Sie sich vor, in dieser Zeit auf so einer kleinen Insel gelebt zu haben. Alle Informationen über das Weltgeschehen erhalten Sie von Touristen. Informationen über eine Welt, die Sie niemals zu Gesicht bekommen, niemals erleben können. Es ist eine wirklich schöne Geschichte. Doch ich muss sehen, was daraus wird. Wir haben einen Regisseur, der noch nie zuvor Regie geführt hat. Und nun ist zwischen den Szenen kein Übergang. Also muss ich wieder zurück und einiges erneut drehen. Wir hatten einen Kameramann vor Ort engagiert. Der war nicht gerade ein Genie, in dem was er tat, konnte nicht besonders gut fokussieren.

Ricore: Wenn Sie sich einen Film aussuchen, auf was achten Sie dann? Eher auf eine gute Geschichte oder auf interessante Hauptfiguren?

Rodriguez: Hauptsächlich auf Frauen und Kinder. Im Moment schreibe ich an einem Projekt namens "Kingdom come". Darin geht es um Kinder. Und um Tiere, die im Jahr 2012 alles angreifen, was nicht gut ist. Mir gefällt diese Idee. (lacht laut) Die Kinder beschützen alles vor den Tieren. Was Frauen betrifft, will ich etwas mehr Spaß in Filmen. Und zwar in Major-Produktionen, in Hollywoodfilmen. Ich will Frauen sehen, die Leuten in den Arsch treten. Denn ich bin wirklich gelangweilt von den Frauen, die ich im Film sehe. Ich respektiere die Kleopatra-Energie, ich respektiere die Mutterfigur. Doch ich bin solche Figuren leid. Ich will eine Kriegerprinzessin sehen, die Spaß hat. Das beachte ich hauptsächlich bei der Auswahl meiner Filme.
erschienen am 3. April 2009
Zum Thema
Michelle Rodriguez mag es wild. Bekannt wird sie durch Actionfilme. In der erfolgreichen US-Abenteuerserie "Lost" spielt sie die gestrandete Ana Lucia. Die hübsche Texanerin zieht Blicke auf sich - im wahren Leben nicht zuletzt jene der Polizei. Wegen Trunkenheit am Steuer, Fahrerflucht und anderer Verkehrsdelikte wird sie im November 2007 zu 180 Tagen Gefängnis verurteilt. Wegen Überfüllung des Gefängnisses muss sie zu ihrem Glück aber nur 17 Tage absitzen. In den "Fast and..
Dom Toretto (Vin Diesel) ist zurück. Im vierten Teil klaut er in der Dominikanischen Republik Tanklastzüge. Wegen eines Mordfalls trifft er Brian O'Connor (Paul Walker) wieder. Eher widerwillig kämpfen die beide gemeinsam gegen ein Drogenkartell. Das gibt Regisseur Justin Lin ("The Fast and the Furious: Tokyo Drift") Gelegenheit, Verfolgungsjagden und Autorennen am laufenden Band zu inzenieren.
2024