Universal Pictures International (UPI)
Nick Frost als DJ Doctor Dave
"Sex mit Bond-Girl ist toll!"
Interview: Nick Frost geht's gut
In der Musik-Komödie "Radio Rock Revolution" spielt der britische Fernseh-Komiker Nick Frost einen beleibten Womanizer und leidenschaftlichen DJ. Nach ersten Erfolgen in britischen Comedy-Serien wurde Frost 2004 als Ed in "Shaun of the Dead" auch international erstmals wahrgenommen. Mit "Kinky Boots" und "Hot Fuzz - Zwei abgewichste Profis" blieb der ehemalige Kellner und Profi-Rugbyspieler dem Komödienfach treu. Wir trafen den Schauspieler in Berlin, wo uns ein etwas erschöpfter, doch gutgelaunter und schlagfertiger Frost empfing. Zu Beginn unseres Gespräches telefoniert er mit seinem Katzesitter...
erschienen am 24. 04. 2009
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Nick Frost als DJ Doctor Dave
Nick Frost: Entschuldigung. Tut mir leid. Ich habe zu Hause ein Katzenproblem.

Ricore: Ein Katzenproblem?

Frost: Ja, ein Katzenproblem. Meine Katze entwickelt sich langsam aber sicher zum Serienkiller. Sie bringt dauernd Mäuse nach Hause. Bestimmt zwei Stück am Tag, es ist unglaublich.

Ricore: Tote oder lebendige Mäuse?

Frost: Nur tote. Ein Teil von mir ist richtig stolz darauf. Ist das falsch?

Ricore: Wenn Katzen Mäuse heimbringen, handelt es sich immer um Geschenke, insofern...

Frost: Ja, sicher. Ich bin nur froh, dass meine Katze für ihr Essen jetzt wenigstens arbeitet. Wie dem auch sei. Fangen wir an? Ich warte gespannt auf Ihre Fragen.

Ricore: Wie gefiel Ihnen die Rolle in "Radio Rock Revolution"?

Frost: Es war cool. Besonders die Kleider haben mir gefallen. Ich hab mich in meinen handgemachten Hosen so wohl gefühlt. Ich erinnere mich, wie ich das erste Mal das Drehbuch las. Auf Anhieb könnte man denken, dass Dave - meine Rolle - ein Arschloch sei. Er ist ein Womanizer, es gibt nicht viele erlösende Charaktereigenschaften an ihm, also muss man etwas anderes finden, um seine Art als Arschloch zu rechtfertigen. Denn tief drinnen ist er einsam und etwas traurig, denke ich. Das ist genug, um einen Gegenpol zu seinem Auftreten als Arschloch zu bilden. Generell ist jeder Tag ein guter, an dem man gemeinsam mit zwölf guten Freunden und in einem Paar handgemachten Hosen auf einem Schiff ist und einen Film dreht.
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Radio Rock Revolution
Ricore: Die Hosen scheinen Ihnen wirklich gefallen zu haben. Durften Sie sie behalten?

Frost: Nein, ich denke Universal hat sie in ein riesiges Lagerhaus gesteckt. Dort, wo alle Kleider aus sämtlichen Filmen lagern, die Universal je gemacht hat.

Ricore: Ich habe Sie schon einmal in einem Interview in diesem T-Shirt gesehen. Handelt es sich um Ihr Lieblings-Shirt?

Frost: Oh Mann, jetzt kann ich es wegschmeißen. Aber das ist mein Problem. Ja, es ist mein Lieblings-T-Shirt. Danke, jetzt muss ich es verbrennen. Es erinnert mich an die Zeit, als meine Karriere als Schauspieler begann. Es gab eine Fanseite namens "Frostitution", die heute immer noch existiert. Sie haben mich auf drei, vier oder fünf verschiedenen Veranstaltungen fotografiert, wo ich jedes Mal das gleiche Jackett anhatte. Die Fotos haben sie online gestellt. "Hier ist Nick in seinem Jackett. Hier ist Nick auf einer anderen Veranstaltung, wo er schon wieder dieses Jackett trägt." Ich schrieb Ihnen. "Danke vielmals! Jetzt muss ich meinen Lieblingsanzug wegschmeißen, weil es sonst so aussieht, als hätte ich nur einen."

Ricore: Wie hat Ihnen das Sixties-Feeling auf dem Boot gefallen?

Frost: Sehr gut, ich habe es genossen. Wir sind in diese Zeit einfach eingetaucht. Wir hatten die Kleider an, jeden Tag ging es auf dieses Boot. Es gab eine Beschallungsanlage, die fortwährend Musik spielte. Das hat eine Art Guerilla-Gefühl vermittelt, so als ob wir eine Dokumentation in den 1960er Jahren machten. Es war cool.

Ricore: Wenn Sie eine Zeitmaschine besäßen, in welche Zeit würden Sie reisen?

Frost: Ich denke ins alte Rom. Ich finde diese Zeit faszinierend. Ich würde zwar ungern ein römisches Krankenhaus besuchen, doch die endlosen Orgien haben doch was.
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Nick Frost
Ricore: Planen Sie nach diesem Film Auftritte als DJ? Oder haben Sie das bereits hinter sich?

Frost: Ich habe ein paar Sachen gemacht, aber hauptsächlich auf privaten Partys von Freunden.

Ricore: Mit welchem Lied würden Sie eine Party eröffnen?

Frost: Puh - schwer zu sagen. Ich denke, das kommt aufs Publikum an. Auf dem Soundtrack zu "Radio Rock Revolution" ist ein Song von Chris Andrews, "Yesterday Man". Er ist fantastisch. Ich glaube meine Mutter hatte diese Platte, als ich ein Kind war. Nachdem ich ihn zwanzig Jahre lang nicht mehr gehört hatte, fiel mir die Platte wieder in die Hände. Der Song ist fantastisch. Ich frage mich, warum bisher kein Rapper die Nummer gesamplet hat, denn sie haut wirklich rein.

Ricore: Wann haben Sie Ihren Kollegen Simon Pegg das letzte Mal gesehen?

Frost: Hmm, das ist eine gute Frage. Ich glaube das letzte Mal habe ich ihn in unserem Büro getroffen. Davor habe ich ihn in Amerika gesehen, beim "Tim und Struppi"-Dreh. Wir sind die besten Freunde - doch es ist schwierig, wir leben in verschiedenen Vierteln der Stadt (London, d. Red.). Wir treffen uns so oft es eben geht, es ist nicht leicht.

Ricore: Sie drehen bald wieder einen Film zusammen, auch das Drehbuch haben Sie gemeinsam geschrieben…

Frost: Richtig, in einem Monat beginnen die Dreharbeiten in Los Angeles. Der Film heißt "Paul" und handelt von zwei Comicheft-Freaks. Sie gehen auf eine Convention, anschließend fahren sie mit dem Auto durchs Land um sich besser zu fühlen. Sie werden Zeuge eines Autounfalls, an dem ein Alien beteiligt ist. Daraufhin entschließen sie sich, dem Alien zu helfen, nach Hause zu gelangen. Also in etwa: "Little Miss Sunshine" trifft "E.T. - Der Außerirdische".
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Nick Frost als DJ Doctor Dave
Ricore: Und Paul ist der Name des Aliens?

Frost: Richtig.

Ricore: Würde es Sie reizen, ernsthaftere Rollen zu spielen?

Frost: Absolut. Wäre nett, wenn mir jemand eine anböte. Doch ich war schon immer das lustige Kind, das seine Mutter oder seine Großeltern zum Lachen brachte. Deshalb fallen mir Komödien nicht allzu schwer. Etwas mit mehr Tiefgang würde auf jeden Fall eine große Herausforderung für mich darstellen.

Ricore: Welche Musik hörten Sie in Ihrer Kindheit und Jugend?

Frost: Die erste Musik, an die ich mich erinnern kann und die ich bewusst wahrnahm war die Bill Haley and the Comets Interpretation von "Shakin' all over". Eine dieser fünfziger Jahre Hymnen, meine Eltern jivten dazu. Dann wurde ich irgendwann Fan von Iron Maiden, anschließend war ich Fan von einer seltsamen Band namens Japan. Erinnern Sie sich an die? Sie malten sich weiß an und hatten lange Fransen, sehr gothic. Danach, so um 1988 hörte ich als 16-jähriger House. Danach wohnte ich zwei Jahre im Ausland und bewegte mich in Richtung Indie-Style, Manchester-Szene; Stone Roses, Happy Mondays, Pearl Jam, Stone Temple Pilots, Soundgarden...

Ricore: Gibt es auch neuere Bands, die Sie mögen?

Frost: Lassen Sie mich überlegen... Ladyhawke ist ziemlich cool. Tokyo Police Club. Die Ting Tings, die sind ziemlich neu.
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Nick Frost
Ricore: Schon mal deutsche Bands gehört?

Frost: Deutsche Bands? Nein... (überlegt) nein. Sie müssten mir den Namen sagen. Natürlich wäre Kraftwerk naheliegend, aber naheliegend will ich nicht sein. Da fällt mir eine ein: Rammstein! Das wars, und Nena vielleicht?

Ricore: Ja, sie ist eine deutsche Sängerin.

Frost: Ok, aber das war's.

Ricore: Wie wild waren Ihre Jugendjahre?

Frost: Meine Jugend? Nun, ich denke jeder startet in einem bestimmten Alter eine Art Revolte, eine Revolution. Mit 15 verließ ich mein Elternhaus, lebte allein. Mit 18 lebte ich zwei Jahre allein in Israel.

Ricore: Wie viel von Ihrer Rolle in "Radio Rock Revolution" steckt in Ihnen selbst?

Frost: Nun ja, Sex mit einem Bond-Girl haben - das ist nicht so sehr Teil von mir (lacht). Nun, ich kann grausam sein - ein bisschen. Es gibt doch Zeiten, wo man andere Leute triezt, weil man selbst in einer bestimmten Situation ist. Dave ist so lange auf diesem Boot. Wenn junge Leute kommen, werden sie automatisch das Ziel seiner Witze. Wenn man zwei Jahre in einem Kibbuz in Israel lebt, kann man das verstehen. Je länger Du in diesem Kibbuz lebst, desto unzufriedener wirst Du.

Ricore: Was würde Dave heute machen?

Frost: Dave wäre heute seit 30 Jahren tot. Er wäre jetzt 74 Jahre alt. Ein einsamer, alter Mann also. Um ihn glaubhafter spielen zu können, seine sexuellen Eigenheiten rechtfertigen zu können, habe ich eine 4-seitige Biografie über ihn geschrieben.
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Nick Frost als DJ Doctor Dave
Ricore: Fällt es Ihnen eigentlich schwer, vor der Kamera die Kleider fallen zu lassen?

Frost: Überhaupt nicht. Es ist eine Szene wie jede andere. Ich habe 15 Jahre Rugby gespielt. Man gewöhnt sich daran, sich vor 15 Männern auszuziehen.

Ricore: Zu Beginn des Gesprächs erzählten Sie von Ihrer Katze. Hassen Sie Hunde?

Frost: (lacht laut) Nein! Ich liebe Hunde.

Ricore: Was mögen Sie an Katzen?

Frost: Was ich an Katzen mag? Die Tatsache, dass sie unabhängig sind. Sie sind cool. Ich mag es, dass sie diese Botschaft kommunizieren, dass sie Dich nicht brauchen. Das lässt mich eine Katze nur noch mehr mögen. Verstehen Sie, was ich meine? Ich mochte Katzen schon immer, doch als ich diese Katze bekam, verstand ich, warum die alten Ägypter Katzen so schätzten. Ich liebe ihre Bewegungen. Wenn ich in einem Zimmer bin und zur Seite blicke, sehe ich dort oft meine Katze sitzen. Wenn ich dann für einen Moment woanders hingucke und wieder zurück zu meiner Katze sehe, kommt es vor, dass sie einfach weg ist. Klar, dass sie den Ägyptern magisch vorkamen. Katzen können einfach auftauchen und verschwinden. Das ist faszinierend.

Ricore: Wo leben Sie, dass es so viele Mäuse gibt?

Frost: In einer Vorstadtgegend mit vielen Bäumen. Also eben eine Gegend, in der sich Mäuse wohl fühlen. Die Mäuse, die sie bringt, sind sehr süß. Wie kleine graue Cartoon-Mäuse. Das Biest.

Ricore: Denken Sie, dass es in der heutigen Zeit für junge Menschen schwieriger ist, zu provozieren?

Frost: In gewisser Weise ja. Alles wird viel mehr beobachtet und unterdrückt. Nicht notwendigerweise mit Gewalt, es gibt andere Wege, der Jugend das Feuer zu nehmen. Doch wenn etwas wirklich explodieren will, wird es auch seinen Weg finden. Ob das nun physische Gewalt, politischer Extremismus oder Drogenkonsum ist. Es wird, denke ich, seinen Weg finden. Regierungen bekämpfen Dinge heutzutage anders als früher. Wenn etwas unerwünscht ist, kann es auch sein, dass es assimiliert wird. Das geschieht heutzutage sehr häufig. Beispielsweise mit Housemusik. Es wird nicht verstanden, also übernimmt man es einfach ins große Kollektiv. Inzwischen hört man House in Klingeltonwerbungen. Es ist schlimm. So kontrolliert man etwas, das man nicht unbedingt versteht.
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Nick Frost
Ricore: Haben Sie jemals das Gefühl, die beste Zeit ihres Lebens zu durchlaufen?

Frost: Ja, jetzt! Auch wenn das blöd klingt. Ich war nicht gerade das glücklichste Kind. Es gab Zeiten, in denen ich über die Stränge geschlagen habe. Doch es gab nie eine Zeit, in der ich glücklicher war, als ich es heute bin. Ich bin glücklich mit dem Job, den ich habe. Ich fliege um die Welt, trinke Tee und sitze in mit Mahagoni ausgekleideten Räumen. Auch wenn ich nichts von den Städten mitbekomme, die ich besuche. Ich bin verheiratet. Ja, ich denke ich befinde mich in der glücklichsten Phase meines Lebens.

Ricore: In Interviews bekommen Sie wahrscheinlich häufig die gleichen Fragen gestellt. Geben Sie immer dieselben Antworten, oder beginnen Sie zu lügen?

Frost: Wahrscheinlich von beidem ein bisschen.

Ricore: Was ist Ihre Strategie?

Frost: Eine Antwort muss sich immer so anhören, als gäbe man sie das erste Mal. Andererseits würde ich Euch langweilen. Wenn ich hier säße und sagte "Der Film ist von soundso, das Drehbuch von soundso..." Es gibt eben eine begrenzte Zahl an Fragen, die ein Journalist zu einem Film stellen kann. Wenn ich in Interviews zehn Pfund Belohnung ausloben würde, für jede Frage, die ich zum ersten Mal gestellt bekomme, bräuchte ich nicht einen Penny zahlen. Ich denke das Wichtige ist, dass man authentisch rüberkommt und versucht, mit den Journalisten Spaß zu haben. Es gibt Schauspieler, die ungern Pressetermine wahrnehmen und versuchen, sie hinter sich zu bringen. Während den 15 Minuten sind sie auch noch mürrisch. Das ist weder für den Film gut, noch für das Verhältnis zwischen Journalisten und Schauspielern.
erschienen am 24. April 2009
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Nachdem Regisseur Richard Curtis mit "Notting Hill" zum Fachmann romantischer Komödien wurde, dreht sich diesmal alles um den Plattenteller. In der 1960er Jahre Sex-, Drugs- und Rock 'n' Roll-Komödie funkt ein Piratensender von der Nordsee die neuesten Scheiben auf die britische Insel. Die Fans freuen sich, die Obrigkeit bringt's zur Verzweifeln. Musik im Blut haben unter anderen Philip Seymour Hoffman, Bill Nighy und Kenneth Branagh.
Komiker Nick Frost wird als Ed aus der Horror-Komödie "Shaun of the Dead" bekannt. Vor seiner Fernseh- und Filmkarriere arbeitet der Brite unter anderem als Kellner, als Rugby-Spieler für Simon Pegg spielt er in der britischen Comedy-Serie "Spaced", bei der er auch am Drehbuch mitarbeitet. Steven Spielbergs "Tim und Struppi - Das Geheimnis der 'Einhorn'". 2011 geht Frost in "Attack the Block" erneut seiner Leidenschaft für Außerirdische nach. Im selben Jahr wird er erstmals Vater, im Juni..
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