Barbara Mayr/Ricore Text
Jonas Hämmerle mit Regisseur Michael 'Bully' Herbig
Dreharbeiten am bayrischen Meer
Interview: Hysterische Anfälle ohne Wickie
Bully ist stolz. Nicht nur auf "Wickie und die starken Männer", das er mit seiner Produktionsfirma herbX film auf die Beine gestellt hat. Er hat in einem öffentlichen Casting "Wickie sucht die starken Männer" sechs Wikinger ausgewählt - zwei Laiendarsteller und vier gelernte Schauspieler. Auf den Hauptdarsteller ist er besonders stolz. Der zehnjährige Jonas Hämmerle aus Berlin ist der schlaue Titelheld des Films. Nach einer exklusiven Führung durch das Set im Bavaria Studio, an dem Wickies Haus, das Rathaus und Dschunke vom Dreh stehen, erfuhren wir alles über das Abenteuer des kleinen Wikingers. Tour-Guide, Regisseur, Schauspieler und Produzent Michael Bully Herbig berichtet über die Kriterien, die bei der Wahl des Hauptdarstellers Wickie zählten und warum er die sechs starken Männer bei einem öffentlichen Casting ausgesucht hat.
erschienen am 6. 08. 2009
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Comedian und Regisseur Michael 'Bully' Herbig
Ricore: Wickie, wie war Bully beim Casting?

Jonas Hämmerle: Er fragte mich, welchen Film ich am Witzigsten finde. Ich habe geantwortet: "Der Schuh des Manitu".

Michael Herbig ('Bully'): Ja, deswegen hat er die Rolle auch bekommen (lacht).

Ricore: Was ist Deine Lieblingsspeise?

Jonas: Ich habe viele Lieblingsspeisen. Spaghetti und Nudeln, Moussaka - falls das jemand hier kennt? (lacht)

Bully: Ja, das ist eine berechtigte Frage. Und jetzt hast Du Dich mit Met-Wurst angefreundet, weil bei den Wikingern immer Met-Bier getrunken wird?

Jonas: Ja! (lacht)

Ricore: Jonas, wie hast Du Dich beworben?

Jonas: Ich bin bei einer Casting-Agentur. Da wurde angefragt, ob man für dieses Casting hingehen will und das hat geklappt.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Jonas Hämmerle
Ricore: Jonas, wie ist es für Dich, jetzt auf einmal fotografiert zu werden und im Mittelpunkt zu stehen? Ist das aufregend?

Jonas: Ja, es ist sehr aufregend. Das ist schon etwas Neues für mich. Und man merkt auch nach einer Zeit, dass das Lächeln anstrengend wird.

Ricore: Ist das dein erster Film?

Jonas: Nein, das ist jetzt mein dritter Film. Ich habe davor eine Honda-Werbung und den Kinofilm "Das Morphus Geheimnis" gedreht. Den Fernsehfilm "Vater aus Liebe" habe ich auch schon gemacht.

Ricore: Wie geht es bei dir jetzt in der Schule weiter und wie regieren deine Klassenkameraden?

Jonas: Meine Klassenkameraden sind nicht neidisch. Sie freuen sich für mich. Ich bekam auch Nachhilfe.

Ricore: Kannst du gut auswendig lernen? Für die Rolle musst du ganz schön viel lernen…

Jonas: Ich lerne immer für die einzelnen Tage auswendig, die gerade anstehen. Ich lerne nicht gleich das ganze Drehbuch, das wäre zu viel für mich.

Bully: Aber da machst du schon viel mehr als große Schauspieler! (lacht)
Constantin Film
Wickie und die starken Männer
Ricore: Sind diese wunderbaren Haare echt?

Jonas: Nein, das ist nur eine Perücke.

Bully: Von mir!

Ricore: Machst du deine Stunts selber, oder macht die ein Double?

Bully: (flüstert) Jetzt musst du daran denken, was die Mädchen hören wollen: "Du machst alle Stunts selbst".

Jonas: Ja, die mache ich alle selbst. (lacht) Nein, ich habe ein Stunt-Double.

Bully: Dazu muss man anmerken, dass wir auch Stand-In Doubles haben, weil wir mit Kindern nicht den ganzen Tag drehen können. Die Zeit mit Kindern bei der Produktion ist begrenzt und demnach gibt es Doubles, mit denen wir weiterdrehen. Unser Deal sieht so aus, dass Jonas die Stunts, die er machen möchte, selbst macht. Sofern sie nicht gefährlich sind. Ansonsten haben wir einen Stunt-Boy, der ist vier Jahre alt. (lacht)

Ricore: War die Dramaturgie ausschlaggebend, dass Ihre beiden Kollegen Christian Tramitz und Rick Kavanian in diesem Projekt nicht vertreten sind?

Bully: Selbstverständlich. Sie werden mitbekommen haben, dass wir die sechs starken Männer über ein öffentliches Casting gesucht haben. Um Gerüchten gleich den Garaus zu machen: Christian Tramitz und Rick Kavanian kennen das Projekt und wir sind nach wie vor hervorragend befreundet. Rick war sehr beschäftigt, er hatte zwei Filme gedreht. Darunter ist auch die Christian Becker Produktion: "Mord ist mein Geschäft, Liebling". Es war eine konzeptionelle Entscheidung, den Film mit Leuten zu besetzen, die dem Vorbild entsprechen. Ich wollte kein prominentes Ensemble, da dies womöglich vom Original ablenken könnte.

Ricore: Jonas, kannst du dich mit Wickie identifizieren? Gibt es etwas, was Wickie und du gemeinsam haben?

Jonas: Bis ich diese Rolle bekommen habe, habe ich daran gar nicht gedacht. Ich bin sehr klein, das habe ich mit Wickie gemeinsam. Manche Leute denken, ich bin erst acht, aber ich bin zehn.

Bully: Aber das ist ganz gut, wenn du mal 40 bist, kannst du sagen, du siehst aus wie 38. Das mache ich heute auch. (lacht)

Jonas: Was die Augen betrifft: Die Augen kann man nicht so richtig erkennen bei Wickie. Im Zeichentrick-Film sind das nur schwarze Pünktchen. Aber grau und schwarz sind sich ja ziemlich ähnlich.
Barbara Mayr/Ricore Text
Regisseur Michael 'Bully' Herbig bei der Arbeit
Ricore: Hast du auch so schlaue Ideen wie Wickie?

Jonas: Manchmal. Ich denke so wie viele hier, hat man manchmal schlaue Ideen. Aber auf so verrückte Ideen wie Wickie würde ich nicht kommen.

Ricore: Was ist dein liebster Spruch von Wickie?

Jonas: "Ich hab's!". Daran erkennt man ihn auch.

Ricore: Wie ist Bully so?

Jonas: Er ist lustig und sehr nett. Er war bis jetzt immer gut drauf und er sagt immer direkt was er möchte. Bully ist auf jeden Fall viel alberner als ich.

Ricore: Wie ist es mit Jonas/Wickie?

Bully: Er ist perfekt. Er ist schlau, hat die richtige Größe und heute sogar seinen Helm mitgebracht. Nein im Ernst, Jonas ist zehn und nicht auf den Kopf gefallen. Er weiß, was auf ihn zukommt. Wir haben auch schon geprobt und er stand schon einmal vor der Kamera.

Ricore: Was gefällt euch am besten an Wickie?

Jonas: Dass er wirklich immer sehr tolle Ideen hat. Er ist lustig und macht lustige Sachen.

Bully: Ich kenne die Serie schon wahnsinnig lange. Das Schöne daran ist, dass sie zeitlos ist. Das war auch der Tenor beim ersten Gespräch, das ich mit Christian Becker hatte. Wickie ist eine perfekte Vorlage für einen Kinofilm. Es ist alles dabei: Es kann ein großes Abenteuer werden, es ist Comedy und es ist ein Familienfilm. Es ist eine Chance, etwas in Deutschland zu produzieren, das es noch nicht so oft gegeben hat. Das gefällt mir daran. Mein Wunsch war, einen schönen Abenteuerfilm für alle zu machen. Das man reingehen und Spaß haben kann. Natürlich habe ich die Serie als Kind geliebt. Ich habe hysterische Anfälle bekommen, wenn ich eine Folge verpasst habe.
Constantin Film
Jonas Hämmerle der deutsche Wikingernachwuchs
Ricore: Es gab ein großes Casting für Wickie. Was haben Sie sich gedacht, als Sie Jonas das erste Mal gesehen haben?

Bully: Das ist schwierig zu sagen. Wir haben ja nicht nur Wickie besetzt, sondern auch andere Kinder-Figuren, zum Beispiel Ylvi, seine beste Freundin, Gilby und die anderen Jungs, die noch mitlaufen. Wenn man viele Kinder nacheinander sieht, muss man das sacken lassen. Man muss sich zuerst einmal von der Ähnlichkeit verabschieden. Natürlich tendiert man zuerst dahin, eine Ähnlichkeit zu suchen. Aber das führt zu nichts. Man muss während des Castings spüren, dass jemand eine Spielfreude mitbringt und ob er das glaubhaft darstellen kann. Das ist mit Kindern nicht ganz einfach. Man merkt aber trotzdem sehr schnell, ob Talent vorhanden ist. Wir haben uns ran getastet. Von den 600 Kindern, die beim Casting waren, hat sich das langsam reduziert. Am Ende ist Jonas übrig geblieben. Wir haben uns bestimmt drei oder vier Mal getroffen, was meinst du Jonas?

Jonas: Nein, ich habe dich nur zwei Mal getroffen.

Bully: Wir hatten Daniela Tolkien, die für das Kinder-Casting zuständig ist. Sie hat das Casting angeschoben. Dafür ist sie zuerst durch Deutschland gefahren und hat sozusagen alles, was es gibt, einmal abgegrast. Diese DVDs haben wir uns dann angesehen und haben uns jene rausgesucht, die wir selber sehen wollten. Dann habe ich Jonas kennengelernt. Beim Maskentest haben wir uns dann noch einmal gesehen. Später gab es noch ein Casting mit Ylvi. Jonas und ich haben uns also dreimal gesehen. Lass mich hier jetzt nicht so hängen, ja?

Ricore: Welche Aufgaben gab es beim Casting? Musste Jonas etwas erzählen? Wie ging der Prozess vor sich?

Bully: Die Kinder haben im Vorfeld einen Text bekommen, den konnten sie mit der Mutter oder den Eltern erlernen. Den haben wir uns dann angekuckt. Das war erst einmal nur ein Vorsprechen. Und dann merkte man schnell ob man mit dem Kind einmal ein bisschen arbeiten will oder etwas inszeniert.

Ricore: Als Sie im Alter von Jonas waren, was haben Sie da gerne gesehen?

Bully: Ich glaube "Superman" kam gerade ins Kino, und "Star Wars". Ich meine, klar, das ist die Reihenfolge: "Wickie", "Winnetou" und dann Luke Skywalker. Das ist bei unserer Generation so. Es gibt vielleicht noch Barbie und Ken, aber zu der Generation gehöre ich nicht.
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Comedian und Regisseur Michael 'Bully' Herbig
Ricore: Jonas kannst du schwimmen?

Jonas: Ich kann gut schwimmen. Ich habe auch schon das deutsche Jugendschwimmabzeichen in Bronze und Silber.

Ricore: Jonas, welche Hobbies hast du?

Jonas: Ich turne sehr gerne, spiele Fußball und mache jetzt Tennis und Taekwondo. Und ich spiele Cello.

Bully: Das habe alles ich ihm beigebracht - in kürzester Zeit. Nein, Quatsch. (lacht)

Ricore: Wird "Wickie" eine Geschichte sein, die man aus der Serie kennt oder ist es eine ganz neue Story?

Bully: Es wird Dinge geben, die man wieder erkennt, aber es ist ein eigener Plot. Es ist eine neue Geschichte. Jemand, der die Serie kennt, wird das eine oder andere entdecken.

Ricore: Gab es nicht die Überlegung, Wickie mit einem Mädchen zu besetzen?

Bully: Auf diese Frage warte ich schon den ganzen Tag! Es ist erstaunlich, denn die meisten jungen Frauen oder jene, welche die Serie noch gesehen haben, sind der festen Überzeugung, Wickie sei ein Mädchen. Jungs denken natürlich, Wickie sei ein Junge. Für mich war Wickie immer ein Junge. Es gibt eine Folge, die wurde in den 1970er Jahren nie ausgestrahlt. Jetzt ist sie auf der DVD-Sammlung. Wickie schwimmt da mit den Seelöwen. Damals gab es noch keine Badehose und deswegen kann man da erstaunlicherweise ziemlich genau sehen, dass Wickie ein Junge ist. (lacht) Ich habe es nicht gezeichnet!

Ricore: Sie werden in dem Abenteuer ebenfalls eine Rolle spielen? Gibt es viele andere Charaktere, die wir noch nicht kennen?

Bully: Ja! Es gibt ein paar Überraschungen.
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Pssst: nichts verraten!
Ricore: Jonas, kannst Du noch ein bisschen etwas über dich erzählen?

Jonas: Ich bin ein Meter 32 groß und habe zwei Schwestern und einen Bruder. Meine zwei Schwestern sind zwölf und 14, mein Bruder ist 22 Jahre alt. Keines meiner Geschwister ist bei einer Casting-Agentur.

Ricore: Gehen dir die Geschwister manchmal auf die Nerven?

Jonas: Ja, manchmal schon. Aber ich glaube, das ist in jeder Familie so, dass manchmal gezankt wird.

Ricore: Bully, es ist Ihre erste Arbeit mit Kindern. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

Bully: Man sagt ja allgemein im Filmbusiness: "Das schlimmste, was dir passieren kann, ist ein Dreh auf dem Wasser, ein Dreh mit Kindern oder mit Tieren". Wir haben alles. Wir haben nichts ausgelassen. Ich habe mich nicht sonderlich vorbereitet. Mir war beim Casting nur wichtig, das man nicht gleich ins Casting einsteigt, sondern sich zuerst mal zehn Minuten mit dem Kind unterhält. Das hat mir geholfen, das Kind besser kennenzulernen. Ich übertreibe es nicht mit Proben. Ich glaube, es ist wichtig, dass der Texte einigermaßen im Kopf ist, aber auch nicht zu festgefahren.

Ricore: Was war der Grund, das Casting zu einer Fernseh-Show umzuarbeiten?

Bully: So läuft es eigentlich immer ab, wir haben nur mal die Kamera laufen lassen! Die allererste Idee war, auch bei dem Gespräch mit Christian Becker, dass ich den Wunsch hatte, die sechs starken Männer nicht mit prominenten Gesichtern zu besetzen. Ich hatte die Angst, dass es zu sehr in die Parodie-Richtung gehen könnte oder zu sehr von den Original-Figuren ablenkt. Mir war ganz wichtig, dass man die Figuren, ob man sie als Silhouette oder im Kostüm oder wie auch immer sieht, zuordnen kann. Nach den ersten Kameratests bin ich wahnsinnig erleichtert und froh. Jene Menschen, die das bis jetzt gesehen haben, wissen sofort, wer wen darstellen soll.

Ricore: "Der Schuh des Manitu" war Ihr erster Kinoerfolg. Wollen Sie dem Erfolg noch einen draufsetzen?

Bully: Nein, mit draufsetzen habe ich beim "Schuh des Manitu" aufgehört. Ich finde, dass "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1" wunderbar gelaufen ist. Mit "Lissi und der wilde Kaiser" haben wir einen wunderschönen Animationsfilm auf die Beine gestellt. Ich bin froh, den Film jetzt machen zu können und ihn auch so machen zu können, wie ich mir das vorstelle.

Ricore: Ihre Rolle im Film - war das ein Wunsch der Produzenten?

Bully: Es war ein Wunsch der Produzenten, aber nicht die Ausgangssituation. Ausschlaggebend waren eher die Leute, die mich gefragt haben, ob ich auch mitspiele. Als ich gemerkt habe, dass der Wunsch da ist, habe ich mir gedacht: "Gut, dann machst du nichts verkehrt und dann läufst du halt auch mal durch das Bild."
erschienen am 6. August 2009
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Michael 'Bully' Herbig ist ein Multitalent der deutschen Comedy-Szene. Schon im Alter von zwölf Jahren ist ihm klar, dass er Filme machen will. Als er sich an der Münchner Filmhochschule bewirbt, wird er jedoch abgelehnt. Seine Karriere beginnt schließlich mit der Radio-Morgenshow "Langemann und die Morgencrew". Nach kleineren Auftritten in Werbespots und Fernseh-Specials wechselt er 1997 das Medium. Er produziert die Comedy-TV-Serie "Die Bullyparade", in der er Regie führt, Drehbuch schreibt..
Jonas Hämmerle wird am 4. Januar 1998 im baden-württembergischen Ditzingen geboren. Zunächst ist er in einem Automobilwerbespot zu sehen, bevor er 2007 sein Spielfilmdebüt im ARD-Fernsehfilm "Vater aus Liebe" feiert. Im Fantasy-Kinderfilm "Das Morphus Geheimnis" ist er erstmals auf der Kinoleinwand zu sehen. 2008 wird Jonas nach einem dreistufigen Casting von Regisseur Michael Bully Herbig ausgesucht. Wickie und die starken Männer" gibt seiner jungen Karriere einen großen Schub. Jonas hat drei..
Seit der schwedische Autor Runer Jonsson seinen ersten Wickie-Band im Jahr 1963 herausbrachte, sind beinahe 45 Jahre vergangen. Nun erweckt der deutsche Erfolgsregisseur und Komiker Michael Herbig den rothaarigen Wikingersprössling zu neuem Leben. In einer Realverfilmung lässt er Harvar alias Waldemar Kobus samt seiner starken Männer und Sohn Wickie (Jonas Hämmerle) allerhand Abenteuer erleben. Einige der Darsteller fand er in einem Fernsehcasting.
2024