Buena Vista International
Galant: Richard Gere
Ratschlag des Dalai Lamas für Gere
Interview: Genitalien an Genitalien
Richard Geres Karriere begann als Danny Zuko in "Grease - Schmiere", einer Broadway-Produktion der 70er-Jahre. Doch Gere war nicht John Travolta. Tanzen war einfach nicht sein Ding. Genau dieses Manko verschaffte dem alten Charmeur nun seine Rolle in "Darf ich bitten?". An der Seite von Jennifer Lopez lernt er darin endlich, wie man das Tanzbein schwingt. Wir trafen den 55-jährigen Superstar in Beverly Hills.
erschienen am 1. 11. 2004
Buena Vista International
Im richtigen Leben kein begnadeter Tänzer
Ricore: Mr. Gere, welchen Einfluss hatte Fred Astaire auf Ihre Karriere als Tänzer?

Richard Gere: Natürlich hat er eine Rolle gespielt. Aber vergessen wir hier eins nicht: Ich bin kein Tänzer. Jennifer Lopez ist eine Tänzerin. Richard Gere ist es nicht. Fred Astaire war ein Tänzer. Richard Gere, oh nein.

Ricore: Warum denn nicht?

Gere: (lacht) Richard Gere tut nur so! Fred Astaire war nicht nur ein Tänzer, er führte teilweise auch Regie und choreographierte all seine Filme selbst. Was ich von ihm lernen wollte, war seine unglaubliche Leichtigkeit. Er hat das Gefühl vermittelt, dass das Leben voller Freude ist, großzügig, weitläufig, fließend, dass es keine Schwierigkeiten gibt und man schwebend dahin gleitet. Diese alten Tanzfilme vermitteln das Gefühl, dass das Leben damals wirklich so war. Aber selbst wenn das stimmt, heute ist es anders. Wir leben in einer Zeit mit vielen Problemen, furchtbaren Regierungen, schlechter Politik und falschen Philosophien. Wir leben in keiner großzügigen Ära. Wir leben nicht in einer Zeit des Verzeihens. Aber all diesen schrecklichen Aspekten unseres Lebens kann man entfliehen, wenn man Tänzern zusieht oder selbst tanzt - wenn auch nur für wenige Minuten.

Ricore: Wenn Sie nicht wirklich tanzen können, war "Chicago" aber ein Wagnis...

Gere: Ja, aber ich wusste, dass es schnelle Schnitte sein würden. Ich musste nie ganze Sequenzen tanzen, denn von besagter Szene wurde immer wieder in den Gerichtssaal geschnitten. Es ist nicht schwer, fünfzehn Sekunden lang zu steppen. Für "Darf ich bitten?" musste ich drei bis vier Minuten meistern, das war ganz anders. Stepptanzen ist auch eine sehr verinnerlichte Form des Tanzens, denn man tut es allein. Beim Walzer sieht die Sache anders aus - man ist völlig mit dem Partner verbunden und von ihm abhängig. Man muss dem Partner vertrauen. Ein Walzer sieht zwar nicht danach aus, aber er ist ein ungeheuer erotischer Tanz - man klebt vom Nabel abwärts aufeinander. Genitalien an Genitalien, sehr sexuell.

Ricore: Aber Sie begannen Ihre Karriere doch am Broadway.

Gere: In Rockmusicals! Das ist ein ganz anderes Paar Schuhe. Damals suchten die Produzenten nach Schauspielern, die singen und tanzen konnten, aber ein professioneller Tänzer musste keiner sein. Es ging hier mehr um das Körpergefühl bei der Bewegung. Das sieht man sogar an Frank Sinatra. Er war nie ein Tänzer, aber er konnte sich bewegen.
Buena Vista International (Germany)
Darf ich bitten? Tanzpaar Richard Gere mit Jennifer Lopez
Ricore: Susan Sarandon ist davon überzeugt, dass Männer, die gut tanzen können, auch in anderen Bereichen den richtigen Rhythmus drauf haben. Sind Sie derselben Meinung?

Gere: (lacht) Von dieser Theorie habe ich schon öfter gehört! Ich nehme an, das hat was! Es ist doch alles Bewegung, nicht wahr?

Ricore: Und Ausdauer.

Gere: Ja, das auch!

Ricore: Sie tanzen privat seit fünf Jahren mit Carey Lowell. Wie hat sie darauf reagiert, dass Sie - um Sie zu zitieren - einen Film machen, wo sie mit Jennifer Lopez Genitalien an Genitalien aneinander kleben?

Gere: Sie hatte damit kein Problem. Eher schon damit, dass ich Tanzunterricht nahm und sie nicht mitnehmen konnte. Nein, Carey ist cool. Man trifft im Leben eine gewisse Wahl. Und ich habe die Entscheidung getroffen, mit ihr mein Leben zu teilen. Sie ist die Person, mit der ich am liebsten zusammen bin, von der ich das meiste lernen kann, die mir den Antrieb gibt, mich weiter zu entwickeln, und obendrein haben wir diese zwei wunderbaren Kinder.

Ricore: Homer und Ihre Stieftochter Hannah - wie schnell hat sie sich an die neue Familiensituation gewöhnt?

Gere: Sie war jung genug, um sich schnell daran zu gewöhnen, und alt genug, um zu verstehen, dass ich nicht ihren Vater ersetzen will. Der Unterschied zwischen Mädchen und Jungs ist ungeheuer, das habe ich schnell begriffen. Mädchen sind von klein auf vorsichtiger, kreativer. Jungs sind wild und haben eine Zerstörungssucht, die unbegreiflich ist. Ich fragte mal den Dalai Lama, wie man kleinen Buben dazu bringen kann, sensibler mit Dingen umzugehen. Und er gab mir eine wunderbare Antwort: "Lehre sie, mit Insekten liebevoll umzugehen." Das ist eine Lebensweisheit, die man manchem Erwachsenen noch beibringen sollte.

Ricore: Sie haben vorhin den erschreckenden Zustand der Welt angesprochen - wie wichtig ist es für den einzelnen, sich politisch zu involvieren?

Gere: Ungeheuer wichtig. Wenn wir den falschen Präsidenten wählen - wieder wählen! - wird es ein schlimmes Resultat geben. Wird die Welt untergehen? Vermutlich nicht. Werden sich weltweit die Zustände verschlechtern? Absolut. Wir haben vier Jahre der entsetzlichsten Regierung hinter uns, die dieses Land je ertragen musste. Diese Menschen sind abgrundtief schlecht. Sie haben mehr Probleme, mehr Hass, mehr Zorn und mehr Gewalt verursacht als jede andere Regierung vor ihnen. Das Schlimmste, was sie verbrochen haben ist, alle unsere Feinde zu vereinen und alle unsere Freunde auseinander zu bringen. Das muss einem erst gelingen! Wir können uns nicht noch vier Jahre von dem Wahnsinn leisten. Kerry muss Präsident werden. Sonst sieht es übel aus.
erschienen am 1. November 2004
Zum Thema
Richard Gere wächst als Sohn eines Versicherungsvertreters auf einer Farm bei Syracuse, New York auf. Als Kind lernt er mehrere Instrumente. Das Bemühen des Teenagers, eine Rock-Band zu gründen, schlägt trotzdem fehl. Ein Sportstipendium ermöglicht ihm das Philosophiestudium an der Dalai Lama. Zeitweise lebt der Darsteller seither in Indien. Da er bei der Ein Mann für gewisse Stunden" zum Sexsymbol. Es folgen Rollen, in denen er charakterstarke Helden verkörpert, die sich gegen die Obrigkeit..
1997 verzauberte ein kleiner Film aus Japan Kritiker und Publikum. "Shall We Dance?" handelte von einem zugeknöpften fleißigen Buchhalter, der eines Tages die Liebe zum Tanz entdeckt. Aus gesellschaftlichen Gründen muss er seine neue Leidenschaft jedoch vor Frau und Freunden geheim halten. In der aktuellen Adaptation von Peter Chelsom ("Weil es dich gibt") verfällt der Mann für gewisse Stunden, Richard Gere, dem Rhythmus der Musik. Er darf nach "Chicago" erneut über den Parkettboden swingen.
2024