Graf Film
Michael Roll am Set von Das Weihnachts-Ekel
Soziale Netzwerke nicht sein Ding
Interview: Michael Roll hasst den Laptop
Den Bezug zur Schauspielerei hat Michael Roll seit seiner Kindheit. Vater Gernot ist Kameramann und Regisseur und wurde 2002 mit dem Grimme-Preist ausgezeichnet. Sohn Michael bekommt 1989 den Deutschen Darstellerpreis als bester Nachwuchsschauspieler. Mittlerweile ist er seit fast 25 Jahren im Geschäft. Seine Engagements wechseln zwischen Krimi ("Ein Fall für Zwei"), Kinderfilm ("Das Morphus Geheimnis") und Komödie ("Der Bär ist los"). Im Interview spricht er über den Fernsehfilm "Die Hüttenwirtin" und erklärt, warum er ein schlechter Facebook-Besucher ist.
erschienen am 25. 11. 2010
Central Film
Michael Roll in "Das Morphus Geheimnis"
Ricore: In "Die Hüttenwirtin" muss sich Christina Plate zwischen Stadt und Land entscheiden. Könnten Sie sich vorstellen, in der Stadt zu wohnen?

Michael Roll: Ich lebe auf dem Land, eine halbe Stunde von München entfernt. Eine Stadtwohnung wäre rausgeschmissenes Geld. Wozu eine Wohnung, wenn diese nur leer steht. Ich habe beruflich so viel Hektik um mich herum, dass der Rückzug aufs Land wirklich Balsam für die Seele ist.

Ricore: Sind Sie traditionell?

Roll: Wenn man Kinder hat, sind das meist die klassischen Weihnachts- und Geburtstagstraditionen. Wir versuchen ein paar wenige Rituale einzuhalten. Nachmittags fahre ich zu den Kindern, die bei der Mutter leben. Danach lasse ich Weihachten bei meinem Vater ausklingen. Geburtstage fallen arbeitsbedingt meist aus. Nur bei den Kindergeburtstagen versuche ich weitestgehend da zu sein.

Ricore: Ihr Vater wurde in Dresden geboren. Haben Sie von ihm noch Gebräuche übernommen?

Roll: Er ist sehr früh schon nach Berlin gezogen und mit 19 Jahren schon nach München. Er ist mehr Münchener als manch Anderer. Mein Vater ist ein exzessiver Oktoberfestgänger gewesen. Ich wurde schon als Säugling mitgeschleppt und kenne mittlerweile wahrscheinlich jeden Pflasterstein.

Ricore: Durften Sie auch von klein auf das Festbier genießen?

Roll: Nein, aber das nimmt man als Münchener automatisch mit der Muttermilch auf.

Ricore: Sie sind geschieden und haben drei Töchter. Verstehen Sie die Frauen?

Roll: [lacht] Wer von sich behauptet, er würde Frauen verstehen, lügt. Das geht nicht.

Ricore: Sie sind in dieser Hinsicht folglich eher ratlos...?

Roll: Ja, aber das ist auch das Schöne daran. Es wäre langweilig, wenn man alles gleich durchschauen würde. Das Geheimnisvolle ist das Faszinierende an Frauen. Ich finde Frauen und Männer sind die ideale Ergänzung. Die Gefühlswelt der Frauen gepaart mit dem kopflastigen, logischen Denken und der körperlichen Stärke bildet eigentlich das perfekte Lebewesen.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Michael Roll
Ricore: Haben Sie Einwände bei der Partnerwahl Ihrer Töchter?

Roll: Bisher hat mir nur die Ältere ihren Freund vorgestellt. Ich bin aber nicht handgreiflich geworden [lacht].

Ricore: In "Die Hüttenwirtin" schlagen Sie ihren Kollegen Jan Sosniok. Haben Sie sich schon einmal geprügelt?

Roll: Nein, das habe ich noch nie gemacht. Körperliche Gewalt ist einfach keiner Lösung. Ich hab das auch in der Schule immer versucht, zu vermeiden. Die Menschen, die anfangen sich zu schlagen, haben keine Argumente mehr.

Ricore: Sind Sie ein guter Verlierer?

Roll: Nein, aber ich kann es akzeptieren, wenn ich verliere. Egal ob im Spiel oder im Leben. Man lernt damit umzugehen. Es gibt aber keinen wirklich guten Verlierer, denn keiner verliert gern. Ob das nun um Geld, die Liebe oder den Beruf geht, es ist immer unangenehm.

Ricore: Gab es einen Moment, in dem Sie sich als Verlierer gefühlt haben?

Roll: Nein, denn das ist eine Einstellungssache. Ich würde sagen, dass das bisher noch nicht vorgekommen ist. Das würde nämlich beinhalten, dass ich übers Ohr gehauen wurde. Es gibt Entscheidung, die hätten besser laufen können, aber daraus muss man immer das Beste machen.

Ricore: Sind Sie schon einmal hintergangen worden?

Roll: Es gibt immer menschliche Enttäuschung. Vielleicht merkt man rückblickend, dass man einer Person mehr Nähe zugestanden hat, als gut war und dieser Mensch sich als hinterhältig entpuppt hat. Das gab es schon.

Ricore: Wie haben Sie darauf reagiert?

Roll: Ich lasse es ins Leere laufen. Für solche Situationen gibt es aber auch Rechtsmittel oder andere Methoden, um sich zu wehren. Wenn mir einer dumm kommt, dann ist es schon vorgekommen, dass ich geklagt habe. Ich selbst bin auch schon verklagt worden, aber das ist lange her. Das muss man durchstehen und klären lassen. Geprügelt habe ich mich deswegen jedoch nie [lacht].
Ard Degeto
Christina Plate, Michael Roll, Die Hüttenwirtin
Ricore: Hängen Sie an der Vergangenheit oder schauen Sie eher in die Zukunft?

Roll: Ich habe nur den Blick in die Zukunft. Ich belaste mich nicht mit Sachen, die ich sowieso nicht mehr ändern kann. Aus meiner Sicht ist das die beste Methode, durchs Leben zu gehen. Wenn man permanent über Dinge nachdenkt, die vor dreißig Jahren passiert sind, wird man eigentlich nur verrückt.

Ricore: Hat Ihnen ein Projekt in der Vergangenheit besonders Spaß gemacht?

Roll: Da kann ich jetzt kein bestimmtes Projekt nennen. Es macht immer Spaß, in eine andere Zeit zurückzugehen. Unterm Strich bin ich ein optimistischer und lebensfroher Typ, dass ich über jede Arbeit dankbar bin. Seit 25 Jahren kann ich meine Arbeit auf einem relativ gleichmäßigen Niveau halten. Ich würde aber nichts als absolutes Highlight hervorheben. In meinem Beruf kommt man oft in Bereiche, die dem 'Normalsterblichen' verwehrt bleiben.

Ricore: Können Sie ein Beispiel nennen?

Roll: Ich habe in einer Serie mal den Weltmeister im Springreiten gespielt. Ich musste in die vollbesetzte Aachener Soeurs mit rotem Sakko und Bundesadler auf einem wunderschönen weißen Pferd hereingaloppieren, die Kappe ziehen und grüßen. Ich weiß nicht wie viele tausende Leute dort saßen. Das wird schon als Highlight in Erinnerung bleiben, da man diese Erfahrung nicht wiederholen kann. Ich habe auch vor über zwanzig Jahren den Film "Ein naheliegender Mord" gemacht, der mir viele Türen geöffnet hat.

Ricore: Was treibt Sie an?

Roll: Das ist die Lust am Spielen und an der Arbeit. Es ist ein wunderbarer Beruf, da dir permanent etwas Neues geboten wird. Der Nachteil ist, dass es keine Kontinuität im Leben gibt. Diese Unplanbarkeit meines Lebens ist auch schwer. Ich kann meist nur zwei oder drei Monate vorausplanen - wenn überhaupt. Dann verschiebt sich die Produktion, das Drehbuch wird nicht fertig und schon bricht die Planung wieder auseinander. Im Lauf der Jahre lernt man aber, damit besser umzugehen.
Isabel Pluta/Ricore Text
Michael Roll
Ricore: Wie oft sehen Sie ihre Kinder?

Roll: Wir sind auf Zuruf. Erst gestern rief mich meine jüngste Tochter an und sagte, dass sie eine Woche Ferien hat und gerne kommen würde. Die kennen das auch nicht anders. Sie sind damit aufgewachsen. Ich bin durch meinen Vater auch so groß geworden. Es ist ein sehr unstetes Leben, dafür aber sehr abwechslungsreich.

Ricore: Standen Sie mit ihren Kindern schon vor der Kamera?

Roll: Meine beiden jüngsten Töchter haben schon einmal in einem Film mitgespielt, das fanden sie ganz nett. Aber irgendwann meinten sie, es sei ganz schön anstrengend. Erzieherisch war das klug. Aller drei haben gesehen: oh, der Vater arbeitet ja wirklich hart.

Ricore: Ihr Vater ist ebenfalls im Filmgeschäft tätig. Wollen ihre Kinder auch Schauspieler werden?

Roll: Ich sage ihnen immer, dass sie einen Beruf wählen sollen, den sie die nächsten vierzig Jahre ausüben wollen. Eine Arbeit, die sie mit Freude und Leidenschaft angehen. Ich kann sie nur unterstützen. Die Entscheidung kann ich ihnen nicht abnehmen. Heutzutage sitzen Akademiker mit zwei Doktortiteln auf der Straße und Andere kommen auf eine grandiose Idee, wie Facebook und werden Multimillionär.

Ricore: Nutzen Sie Facebook?

Roll: Ich habe es eine Zeit lang genutzt, vor allem wegen meinen Kindern. Ich bin aber kein Mensch, der sein Seelenleben stündlich posten muss. Manchmal war ich wirklich erstaunt, was die Leute da tatsächlich reinschreiben und wie die dort die Hose runter lassen. Ich selbst war kein guter Facebooker, denn ich habe über mich nichts geschrieben und hatte nicht einmal ein Foto. Das ist nicht meine Welt. Skype ist das Maximum, das ich erreicht habe.

Ricore: Nutzen Sie das Internet?

Roll: Das Internet ist Grundvoraussetzung für diesen Beruf geworden. Wenn es schnell gehen muss, werden die Drehbücher übers Internet verschickt. Ich finde das aber sehr mühsam, denn ich bin ein ganz schlechter Laptop-Leser. Ich brauche immer die Möglichkeit, mir Randnotizen mit dem Stift machen zu können. Mir fallen beim ersten Lesen oft spontan Dinge ein, die danach wieder weg sind. Die muss ich schnell an die Seite kritzeln.
Ard Degeto
Michael Roll, Die Hüttenwirtin
Ricore: Sind Sie offen für neue Technologien?

Roll: Ich habe seit drei oder vier Wochen ein I-Phone und liebe es, damit zu spielen, da ich auch etwas Kind geblieben bin. Aber zum Telefonieren ist mir ein normales Handy fast lieber.

Ricore: Steckt in Ihnen noch ein Kind?

Roll: Sagen wir es mal so: Ich bin ein Kind, in dem ein bisschen Erwachsener steckt. Das liegt aber auch an dem Beruf. Man muss Kind bleiben. Alles hat dabei etwas mit Spielen zu tun. Wenn ich einen Kapitän aus den 1920er Jahren spiele, ist das wie Fasching. Das Verkleiden macht einfach Freude. Oft darf ein Schauspieler auch Dinge tun, die eigentlich verboten sind. Ich darf zum Beispiel Menschen umbringen und werde dafür nicht zur Verantwortung gezogen, überspitzt gesprochen, weil es eben nur gespielt ist. Es ist nur Fiktion.

Ricore: Welche Rollen würden Sie gerne noch spielen?

Roll: Da gibt es viele. Meine Leidenschaft ist der Hubschrauber. Einen Piloten zu spielen, wäre natürlich die optimale Kombination. Jeder würde gerne etwas Vergleichbares, wie "Fluch der Karibik" machen und einen Piraten mimen.

Ricore: Neben dem Hubschrauberfliegen sind Sie auch ein begeisterter Skifahrer...

Roll: Nicht mehr. Irgendwann kam der Punkt, da war ich damit durch. Ich habe wie viele Münchener mit vier Jahren das Skifahren angefangen und es bis zum Skilehrer gebracht. Ich fand es sehr spannend, Kindern das Skifahren zu vermitteln. Mittlerweile habe ich es allerdings exzessiv ausgelebt und freu mich wenn ich drei Mal im Jahr auf den Berg kann. Noch ein Abstecher auf die Hütte, das reicht dann aber auch. Die Lust ist etwas vergangen.

Ricore: Was steht bei Ihnen als Nächstes an?

Roll: Derzeit drehe ich eine Dokumentation für das Bayerische Fernsehen über den Kapp-Putsch. Darin spiele ich den Korvettenkapitän Ehrhardt, dem militärischen Rückgrat des Putsches. Danach ist erst mal Weihnachten.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 25. November 2010
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Michael Roll wird am 29. April 1961 geboren. Den Bezug zum Filmgeschäft hat der Münchner seit seiner Kindheit. Vater Gernot arbeitet als Kameramann und Regisseur und ist seit 2002 Der König" bekannt, die von 1994 bis 1998 im Fernsehen zu sehen ist. Seine Engagements wechseln zwischen Krimi ("Ein Fall für Zwei"), Kinderfilm ("Das Morphus Geheimnis") und Komödie ("Die Hüttenwirtin"). Der TV-, Kino- und Theaterschauspieler ist geschieden und hat drei Töchter.
Zurück in der Tiroler Heimat will Werbemanagerin Sandra Hofer (Christina Plate) die Berghütte ihres verstorbenen Vaters verkaufen. Dass ausgerechten Vaters ärgster Feind die Hütte erwerben soll, weiß sie zu verhindern. Gemeinsam mit den Angestellten renoviert sie das baufällige Häuschen. Lebenspartner Matthias Jansen (Michael Roll) ist davon wenig begeistert. Als sich auch noch Hofers Jugendliebe einmischt, stehen die Zeichen auf Krieg. Regisseur Thomas Jacob drehte die Komödie in der..
2024