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Henry Hübchen
Henry Hübchen findet Gott wichtig
Interview: Atheistischer Teamplayer
Henry Hübchen erläutert Filmreporter.de, weshalb er als bekennender Atheist Gott eine hohe Bedeutung zuspricht. Außerdem erklärt er uns, was seiner Meinung nach Polen von Deutschen unterscheide. So seien Polen höflicher. In "Polnische Ostern" verkörpert er Bäcker Werner Grabosch, den eine enge Beziehung mit seiner Enkelin verbindet. Außerdem erklärte uns der Berliner, warum er als Schauspieler nur im Team punkten könne.
erschienen am 11. 05. 2011
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Polnische Ostern
Ricore: Sie spielen Bäcker Werner Grabosch. Welches Gebäck, kauft Henry Hübchen?

Henry Hübchen: Brötchen.

Ricore: Haben Sie eine Lieblings-Sorte?

Hübchen: Ich bevorzuge helle Brötchen.

Ricore: Wann kommt es zwischen Enkeln und ihren Großeltern zu einer so engen Beziehung?

Hübchen: Das kann viele Gründe haben. In diesem Fall ist es so, dass die Enkelin das einzige Familienmitglied ist, welches er noch hat.

Ricore: Haben Sie zu Ihrer Enkelin auch einen besonderen Kontakt?

Hübchen: Natürlich. Aber nicht, weil sie meine einzig verbliebene Verwandte wäre.

Ricore: Von welchen Dingen werden Sie im Leben angetrieben?

Hübchen: Von Freude.
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Henry Hübchen in "Polnische Ostern"
Ricore: Inwiefern?

Hübchen: In meiner Lebenszeit möchte ich keine Trauer, sondern Freude haben. Das ist der Grund weshalb ich arbeite.

Ricore: Was macht Ihnen Freude?

Hübchen: Da sind viele dran beteiligt. Das kann ich nicht alleine vollbringen. Da brauche ich genauso Hilfe, wie ich auch auf der Arbeit Hilfe und Assistenz benötige. Ich kann keine Rolle alleine spielen. Ich brauche einfach ein gutes Team.

Ricore: Werner Grabosch macht ein Video von der polnischen Wohnung, um zu dokumentieren, welch Asoziale dort hausen. Welchen Rückschluss ließe ein Video Ihrer Wohnung zu?

Hübchen: Einen großbürgerlichen.

Ricore: Was ist in Ihrer Wohnung großbürgerlich?

Hübchen: Der Kamin. Aber das meine ich ironisch.

Ricore: Wie muss ein Drehbuch oder eine Rolle angelegt sein, damit Sie auf Anhieb zusagen?

Hübchen: Die Rolle oder das Drehbuch muss mich unterhalten. Die Rolle darf sich in der Geschichte nicht unbedingt so verhalten, wie es der Zuschauer erwartet. Sie muss - genau wie die eigentliche Geschichte - überraschend sein.
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Henry Hübchen in "Polnische Ostern"
Ricore: Welchen Rollen haben Sie von Anfang an in den Bann gezogen?

Hübchen: Es gibt eine Menge Rollen auf die das zutrifft. Es sind aber nicht die Rollen alleine. Das Drumherum ist auch wichtig. Wenn man nur die zu verkörpernde Rolle ausschneiden könnte, kämen man nicht weit.

Ricore: Wie meinen Sie das?

Hübchen: Das wäre so, als wenn Sie ein Autorennen fahren wollen, jedoch nur die vier Räder haben. Dann hat man zwar schöne Räder, gewinnen kann man damit aber nicht.

Ricore: Haben Sie schon die Erfahrung gemacht, dass sich ein Drehbuch gut las und Ihnen die Schauspieler zusagten, in der Umsetzung jedoch einiges verloren ging?

Hübchen: Natürlich. Aber verloren geht nie was. Es kommt immer etwas dazu. Das heißt aber nicht, dass daraus ein guter Film entstehen könnte.

Ricore: Von Ihnen ist ein Zitat überliefert, wonach Sie sich in alles einmischen, dass Sie prägt. Wie haben Sie sich in "Polnische Ostern" eingebracht?

Hübchen: Ich mische mich immer ein, aber nur so weit es für mich Sinn macht. Letztlich macht der Regisseur seinen Film und ich trage durch meine Rolle einen kleinen Teil dazu bei.
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"Whisky mit Wodka" ertränkt jeden Kummer
Ricore: Wie kamen Sie mit dem Drehbuch von Jakob Ziemnicki zurecht, als sie es zum ersten Mal gelesen haben?

Hübchen: Es war eine Low-Budget Produktion. Durch Geld kann man sich ja immer noch eine Menge schön reden, aber ich musste nicht gekauft werden. Mir hat das Buch gefallen. Ich war gespannt auf die Zusammenarbeit mit ihm und die hat sich auch erfüllt.

Ricore: In welcher Weise?

Hübchen: In positiver Weise. Ich kannte Jakob vorher nur vom Kaffee-Trinken. Man lernt jemanden erst richtig kennen, wenn man mit ihm eine gemeinsame Arbeit macht. Ich bin nach dem ersten positiven Kaffee-Eindruck nicht enttäuscht worden.

Ricore: Sie haben gesagt, dass Humor und Komik zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Komik ist die Wirkung und Humor die Eigenschaft. Welche Art von Komik trifft Ihre Art von Humor?

Hübchen: Ich will mich nicht festlegen. Es gibt viele Arten komisch zu sein. Es hat meistens etwas mit Worten wie "Verschrobenheit" und "Verstegenheit" zu tun. Leute die so sind, wirken objektiv komisch.

Ricore: Auch auf Sie?

Hübchen: Ja natürlich. Wenn Figuren überfordert sind, das aber nicht wahrhaben wollen, geraten sie zwangsläufig in komische Situationen. Diese Art der Komik ist mir immer sehr nah. Das mag ich mehr, als den zotigen Wortwitz.
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Henry Hübchen blickt gespannt
Ricore: Die Überforderung von der Sie sprachen, ist also eine Art universelle Komik? Sie müsste demnach überall relativ gut ankommen - unabhängig vom Inhalt?

Hübchen: Wenn man sie richtig macht, dann ja. Es hat viel mit Timing zu tun und ist - glaube ich - nicht inhaltlich beliebig. Das ist aber Theorie. Das machen ist etwas anderes. Man kann keine Komik konstruieren.

Ricore: Gibt es jemanden, der das Ihrer Meinung nach gut umsetzt?

Hübchen: Man muss nur in die frühe Filmgeschichte zu den Stummfilm-Komikern schauen.

Ricore: Die bleiben zeitlos, oder?

Hübchen: Das weiß ich nicht genau. Wirklich zeitlos - also ewig, glaube ich nicht. Die Wirkung verändert sich schon. Sie ist heute eine andere, weil sich der Zuschauer verändert hat.

Ricore: Über welches Buch oder welchen Film konnten Sie zuletzt lauthals lachen?

Hübchen: Ich weiß es nicht. Über Louis De Funès kann ich in gewissen Situationen immer wieder lachen. Ich kann es nicht sagen. Vielleicht bei "Jesus liebt mich"? Das ist ein Drehbuch, dass ich vor kurzem gelesen habe.
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Liebevoll und unzynisch: Dani Levy und Henry Hübchen
Ricore: Werden Sie in diesem Film mitspielen?

Hübchen: Ja, ich habe für die Rolle zugesagt. Neben dem Humor, gab es viele weitere Gründe, weshalb ich mitmache.

Ricore: Der Regisseur von "Polnische Ostern" wird mit der Aussage zitiert: "Der Durchschnittsdeutsche hat keine Ahnung von Polen". Was für eine Vorstellung von Polen haben Sie?

Hübchen: Der Pole ist faul, klaut Autos und ist gläubig. (ironisch) Ich glaube das genaue Gegenteil davon.

Ricore: Warum?

Hübchen: Der Pole ist vielleicht wie der Deutsche. Er ist in erster Linie Mensch. Statistisch gesehen vermute ich, dass die polnische Frau hübscher ist, als die deutsche. Das muss aber nicht stimmen. Ich behaupte es einfach.

Ricore: Und die Männer?

Hübchen: Die sind natürlich galanter. Der Handkuss bedeutet noch etwas. Sie helfen einer Frau in den Mantel, halten die Tür auf. Sie haben noch Benehmen.

Ricore: Sind Sie religiös?

Hübchen: Nein.

Ricore: Also atheistisch?

Hübchen: Ja.
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Wartet Henry Hübchen auf ein Zeichen von oben?
Ricore: An was glauben Sie als Atheist?

Hübchen: Ich glaube nicht an Gott. Ich glaube an darwinistische Evolution und daran, dass die Welt materialistisch ist. Die Fähigkeit an Gott zu glauben, besitze ich nicht. In manchen Situation ist es dennoch sicher hilfreich, wenn man einen Partner hat, der Gott heißt.

Ricore: Also suchen Menschen in Gott jemanden, an den sie sich wenden können?

Hübchen: Etwas woran sie sich festhalten können. Wenn man von allen betrogen wird, hat man Gott. Von Gott wird man nie betrogen.

Ricore: Was bedeuten Ihnen Auszeichnungen für Ihre Arbeit?

Hübchen: Sie bedeuten mir viel, wenn ich sie bekomme, und nichts, wenn ich sie nicht bekomme. Im Ernst, sie sind eine Anerkennung und machen Mut.

Ricore: Gibt es einen ausländischen Regisseur mit dem Sie gerne zusammenarbeiten möchten?

Hübchen: Es gibt viele. Aber einige davon sind bereits tot.

Ricore: Gibt es dennoch einen Regisseur, mit dem Sie noch zusammenarbeiten würden?

Hübchen: Ach, lassen Sie die hypothetischen Fragen. Mir reichen die Talente, die es in Deutschland gibt.

Ricore: Welches Projekt steht bei Ihnen als nächstes an?

Hübchen: "Jesus liebt mich".

Ricore: Finden Sie dort zu Gott?

Hübchen: Nein. Es geht um den von Gott abgewendeten und zum Mensch gewordenen Erzengel Gabriel.

Ricore: Ist das Ihre Rolle?

Hübchen: Ja.

Ricore: Ok, dann bedanke ich mich bei Ihnen für das schöne Gespräch!
erschienen am 11. Mai 2011
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Bevor Henry Hübchen mit der Schauspielerei beginnt, studiert er Physik und schreibt für die Band City mehrere Lieder. Die Schauspielerei ist ihm jedoch bald wichtiger, so dass er das Studium an der Schauspielschule Berlin beginnt. Auch sportlich hat es der Berliner drauf: Anfang der 1980er Jahre wird er DDR-Meister im Windsurfen. Neben dem Theater, spielt er auch in Fernseh- und Kinoproduktionen. Nach der Wende wird Hübchen durch die Serie "Polizeiruf 110" auch vielen West-Zuschauern bekannt...
Bäckermeister Werner Grabosch (Henry Hübchen) lebt in einem spießigen Häuschen in Schleswig-Holstein. Nachdem seine Frau verstorben und kürzlich auch die Tochter ums Leben gekommen ist, ist Enkelin Mathilda (Paraschiva Dragus) seine einzige Freude. Doch das Jugendamt möchte das Mädchen in die Obhut des polnischen Vaters geben. Der ist in den Augen Graboschs jedoch ein Versager. Deshalb möchte er Mathilda zurückholen. Mit "Polnische Ostern" gibt der polnische Filmemacher Jakob Ziemnicki sein..
2024