Ralf Hake/Ricore Text
Christian Tramitz als Polizist am Set von "Hubert und Staller"
Faulenzen statt lernen?
Interview: Christian Tramitz kriminell
Christian Tramitz kennt beide Seiten des Gesetzes. In der Fernsehserie "Hubert und Staller" ermittelt er derzeit als Polizist in einem bayerischen Dorf. Tatkräftige Unterstützung bei der Verbrechensbekämpfung erhält er von seinem Kollegen Helmfried von Lüttichau, an dessen Seite er einst selbst mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Was Tramitz zu seiner Verteidigung zu sagen hat, erfahren Sie im Interview mit Filmreporter.de.
erschienen am 1. 11. 2011
Ralf Hake/Ricore Text
Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau als Polizisten am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Wie war es, eine Uniform zu tragen?

Christian Tramitz: Man vergisst es, genau wie ein Banker, der seinen Anzug trägt. Ich habe das gar nicht mehr mitbekommen. Nur manchmal hat die Kostümbildnerin gesagt, dass mein Hemd heraushängt. Außerdem hat es eine große Wirkung, wenn man in der Öffentlichkeit dreht und die Kamera etwas weiter weg ist. Die Leute verhalten sich dann ganz anders, egal was sie gerade gemacht haben. Wenn jemand Auto fährt und dich in der Uniform sieht, geht er sofort vom Gas. Das ist ein Pawlowscher Reflex.

Ricore: Welche Erfahrungen haben Sie selbst mit der Polizei gemacht? Helmfried von Lüttichau hat uns erzählt, dass Sie beide mal beim Schwarzfahren erwischt worden sind.

Tramitz: Ach Gottchen, das ist doch längst verjährt. Das gilt nicht mehr!

Ricore: Nach dem damaligen Erlebnis mit dem Schwarzfahren, konnten Sie sich wahrscheinlich nicht mehr vorstellen Polizist zu werden...

Tramitz: Natürlich stellt man sich als Kind mal vor, mit Blaulicht herumzufahren und Verbrechern hinterher zu laufen. Hier auf dem Land in Wolfratshausen, habe ich bisher zum Glück nur positive Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Es gab überhaupt keine Probleme, es ist echt nett hier, vermutlich etwas familiärer als in München. In der Großstadt ist alles etwas härter. Hier auf dem Land werde ich immer von den Polizisten gegrüßt. Dies mag aber auch damit zu tun haben, dass der eine oder andere mich vermutlich aus dem Fernsehen kennt [lacht]. Abgesehen von dem damaligen Vorfall, hatte ich nie große Probleme mit Polizisten.

Ricore: So brav kann es auf dem Land aber auch nicht zugehen. Ansonsten bräuchte man ja keine Ermittler wie Hubert und Staller...

Tramitz: Stimmt. Aber "Hubert und Staller" ist ja auch Fiktion. Wenn man die Morddichte pro Kopf hochrechnen würde, ist hier jeder dritte nach vier Jahren ein Mörder oder zumindest ein Verdächtiger. Auf so eine Geschichte muss man sich einfach einlassen. Das muss man als Axiom, als feste Gegebenheit hinnehmen. Dann vergisst man es auch wieder.
Ralf Hake/Ricore Text
Helmfried von Lüttichau am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Was macht einen Regionalkrimi spannend?

Tramitz: Ich glaube nicht, dass "Hubert und Staller" ein typischer Regionalkrimi ist. Das Genre gibt es doch erst seit zwei oder drei Jahren. Bei uns in Wolfratshausen gibt es schon eine eigene Bücherecke für Regionalkrimis. Die Fälle sind schon sehr interessant, stehen aber nicht so sehr im Vordergrund. Vielmehr geht es um die sehr spezielle Herangehensweise der beiden titelgebenden Polizisten. Im Presseheft wird unsere Serie als familienfreundliche 'Crime and Smile'-Sendung beworben. Ich denke hingegen, dass man einfach eine Folge sehen sollte und dann weiß, ob einem die Sendung gefällt oder nicht. Ohne diese anglizistischen Einordnungen geht es wohl nicht mehr. Das ist in Deutschland halt üblich.

Ricore: Worauf sollte man bei der Produktion einer Serie achten?

Tramitz: Man sollte darauf achten, dass einem gefällt, was man macht und man ein tolles Team hat. Für mich war der Dreh mit Helmfried von Lüttichau, Monika Gruber und den anderen wie ein Familientreffen, da ich schon öfters mit ihnen zusammen gedreht habe. Wenn es dann auch beim Zuschauer funktioniert, kann man sich nichts Besseres wünschen.

Ricore: Konnten Sie an der Entwicklung Ihrer Figur mitarbeiten?

Tramitz: Ja. Ich habe mit Helmfried von Lüttichau ja schon einiges gemacht. Man merkt erst bei den Dreharbeiten so richtig, wohin sich die Figuren entwickeln und was man da alles noch ausloten kann.
Walt Disney Studios
Rick Kavanian und Christian Tramitz sprechen "Toy Story 3"
Ricore: Was muss ein Ermittler können, um seinen Job gut zu machen?

Tramitz: Wie beim Dreh, benötigt ein Polizist bei seiner Arbeit Geduld. Diese habe ich leider nicht so sehr. Das macht es natürlich ein weniger interessanter. Ungeduld ist ja auch ein Motor. Ein Polizist benötigt zudem Menschenkenntnis, er sollte sich in Personen einfühlen können.

Ricore: Sie haben Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Weshalb haben Sie keine kunsthistorische Laufbahn eingeschlagen?

Tramitz: Das liegt in erster Linie daran, dass ich kaum an der Universität war. Es ist ein Studium, wo man nicht so schnell bestimmte Scheine machen muss. Mich Student zu nennen, ist eigentlich auch schon zu viel. Im Prinzip war ich nur eingeschrieben, denn ich kann an zwei Händen abzählen wie oft ich an der Universität war. Ich habe relativ schnell gemerkt, dass das nicht wirklich etwas für mich ist.

Ricore: Und wie sind Sie zum Synchronsprechen gekommen?

Tramitz: Ich bin da irgendwie hineingerutscht. Ich fand das faszinierend und habe gesagt, dass ich das mal probieren möchte. Dann habe ich das Glück gehabt, dass ich ein paar gute Schauspieler sprechen durfte. Zum Beispiel Matt Dillon und Ray Liotta. Das macht schon Spaß, wenn man ihnen zusieht. Man kriegt viel mit und sieht, wie gut sie sind.

Ricore: Woran erkennt man beim Synchronsprechen, ob derjenige den man spricht, seine Rolle gut gemeistert hat?

Tramitz: Das sieht man sehr schnell. Bei der Kategorie Schauspieler die ich gesprochen habe, sitzt man oft einfach davor und sagt: "Verdammt ist der gut!". Das ist dann auch leicht zu sprechen. Filme verlieren immer bei der Synchronisation. Aber viele Leute können halt nicht Englisch oder Französisch, weshalb eine Übersetzung wichtig ist. Wenn man so gute Schauspieler vor sich sieht und im Original hört, ist die Synchro am Ende ganz einfach. Es ist eine Sparte, die mir ganz viel Spaß macht.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Christian Tramitz
Ricore: Die bayrische Mundart hat bei "Hubert und Staller" ja ganz gut funktioniert, oder?

Tramitz: Dialekt hat immer eine wahnsinnige Kraft. Die deutsche Bühnensprache gibts im wahren Leben ja auch gar nicht. Das muss man mal sagen. Es existiert kein Bühnen-Deutsch! Eine Färbung ist deshalb immer gut. Es muss ja noch nicht mal ein richtiger Dialekt sein. Amerikaner kennen da keinerlei Berührungsängste. In Deutschland heißt es hingegen immer: "Ach, das ist ja bayrisch oder sächsisch und so weiter."

Ricore: Manchmal ist eine Färbung gewollt, manchmal nicht.

Tramitz: Wenn wir beim sogenannten Regionalkrimi bleiben und die Geschichte in Wolfratshausen am See spielt wäre es ja idiotisch, wenn man keine sprachliche Färbung einarbeiten würde. Künstliche Dialekte sind bescheuert - natürliche, die aus dem Bauch herauskommen, finde ich super.

Ricore: Mussten Sie sich mit Ihrem Dialekt bei "Hubert und Staller" zurückhalten?

Tramitz: Ich musste mir den Dialekt ein wenig einteilen, da die Serie ja deutschlandweit gesendet werden soll. Wenn man den regionalen Charakter sprachlich zu sehr betont, versteht am Ende niemand etwas. Das muss man kanalisieren.

Ricore: Welche Dialekte beherrschen Sie außer dem Bayrischen?

Tramitz: Es ist ja kein Geheimnis, dass ich ein ganz ganz großer Fan von Dialekten bin. Ich würde im Film aber nie versuchen, Berlinerisch oder Hamburgisch zu sprechen. Wienerisch traue ich mir noch einigermaßen zu, weil meine Mutter von dort kommt. Aber richtig gut bin ich da auch nicht.
Ralf Hake/Ricore Text
Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau als Polizisten am Set von "Hubert und Staller"
Ricore: Welches ist Ihr Lieblingsdialekt?

Tramitz: Mir gefällt sächsisch sehr gut. Ich höre mir das einfach sehr gerne an. Die Sprache hat so eine bestimmte Melodie. Der Dialekt ist deutschlandweit nicht so beliebt, aber ich finde ihn trotzdem gut.

Ricore: Weshalb liegen Ihnen Dialekte?

Tramitz: Ich glaube man muss ein wenig musikalisch sein. Wenn ich einen Dialekt höre, gehen bei mir sofort die Antennen hoch. Dialekte sprechen zu können, ist auch einfach angeboren. So etwas hat meiner Meinung nach nichts mit einem guten oder schlechten Schauspieler zu tun.

Ricore: Erkennen Sie schnell, wenn jemand einen erlernten Dialekt spricht?

Tramitz: Ich denke schon. Wenn ein Hamburger auf Bayrisch sagt: "Ich möchte einen Schweinsbraten" [Tramitz spricht es nach] hört sich das einfach grauselig an. Selbst bei Anke Engelke hört man, dass Bayrisch für sie kein natürlicher Dialekt ist, obwohl sie den schon sehr gut spricht.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 1. November 2011
Zum Thema
Auch wenn man es ihm auf den ersten Blick nicht unbedingt ansieht: Christian Tramitz ist ein Vollblutkomiker. Seinen Durchbruch hat der am 13. Juli 1955 geborene Enkel von Paul Hörbiger und Cousin von Mavie Hörbiger an der Seite von Michael "Bully" Herbig und Rick Kavanian in der "Bullyparade". In der Fernseh-Comedy-Serie überzeugt er in unzähligen Sketchen mit seinem komödiantischen Talent, bevor er dann in Bullys Spielfilmen "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1"..
In der Krimi-Serie "Hubert und Staller" geht es um das Polizisten-Duo Franz Hubert (Christian Tramitz) und Johannes Staller (Helmfried von Lüttichau). Beide sind keine Vorzeigeermittler und doch stoßen sie in Münsing und Umgebung immer wieder auf schwerwiegende Verbrechen, die es zu lösen gilt. Lokalreporterin Barbara Hansen (Monika Gruber) ist den beiden zwar oft einen Schritt voraus, doch am Ende sind es immer Hubert und Staller, die das entscheidende Puzzle-Teil zum lösen eines Falles finden.
2024