Carsten Sander
Armin Rohde
Lesen? Nein danke...
Interview: Armin Rohde ist böse!
Armin Rohde ist böse. In der Komödie "Kein Sex ist auch keine Lösung" spielt er einen Unternehmer, der seine Mitarbeiter gnadenlos ausbeutet. Im echten Leben sei er viel netter, beteuert Rohde im Gespräch mit Filmreporter.de. Der beliebte Schauspieler berichtet von seinen Erfahrungen mit Gier und erklärt, warum ein negatives Image von Vorteil sein kann. Des Weiteren erläutert Rohde, weshalb er die Romanvorlage nicht gelesen hat.
erschienen am 9. 12. 2011
Studiocanal
Kein Sex ist auch keine Lösung
Dem Roman verpflicht
Ricore Text: Kannten Sie den Roman "Kein Sex ist auch keine Lösung" vor dem Dreh?

Armin Rohde: Nein, das Buch kannte ich nicht. Ich bin mit dem Stoff erst in Berührung gekommen, als mir das Drehbuch geschickt wurde. Aber auch dann habe ich den Roman nicht gelesen.

Ricore Text: Ist es für Sie generell irrelevant, ob es zu einem Film eine Romanvorlage gibt?

Rohde: Ja. Wenn man das Buch vorher liest, kann es dazu führen, dass man sich dem Roman stärker verpflichtet fühlt, als dem Drehbuch. Verfilmt wird jedoch das Skript und nicht die Vorlage. Dadurch würden Reibungsflächen entstehen, die nicht produktiv wären. Nur bei der Adaption eines großen epischen Romans könnte es von Vorteil sein, wenn man die Vorlage kennt. Aber bei einer Geschichte, die sich wie "Kein Sex ist auch keine Lösung" leicht erzählen lässt, ist es nicht nötig, den Roman zu lesen.

Ricore Text: Könnte man der Vorlage nicht näher kommen, wenn man den Roman liest?

Rohde: Diesen Ehrgeiz habe ich nicht, weil ich einen Film mache. Mir geht es darum, einen unterhaltsamen Film zu machen. Wenn man das Buch liest, hat man immer ein Manko-Gefühl. Man denkt: dieses oder jenes muss unbedingt in den Film integriert werden. Das geht nicht, weil wir die Geschichte in 90 Minuten erzählen müssen. Ein Buch komplett und wortgetreu zu adaptieren geht nicht, Film ist ein anderes Medium. Das was im Buch interessant zu erfahren und nachzulesen ist, muss für die Arbeit vor der Kamera nicht notwendiger Weise hilfreich sein. Vielleicht ist es sogar kontraproduktiv.

Ricore Text: Was halten Sie von Ihrem Charakter Rolf?

Rohde: Solche rücksichtslose Steh-Auf-Männchen, die nur ihre eigenen Interessen vertreten, gibt es auch im wahren Leben. Mit so jemandem möchte ich nicht befreundet sein.
Zorro Filmverleih
Armin Rohde
Solche Typen haben eine kurze Halbwertszeit
Ricore Text: Sind alle Chefs wie Rolf?

Rohde: Ich glaube, dass die Wirtschaft so nicht funktionieren würde, obwohl die Zeiten immer brutaler werden. Außerdem gebärdet sich der Kapitalismus von Tag zu Tag schamloser, seitdem der kommunistische Block zusammengebrochen ist. Deswegen gibt es mittlerweile mehr Chefs wie Rolf. Viele lassen ihre Untergebenen spüren, dass auf dessen Job schon zehn andere warten. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus, kann man so gierig und schamlos sein wie man möchte, ohne sich einen Mantel der Barmherzigkeit umlegen zu müssen. In wirtschaftlich guten Zeiten, haben solche Typen jedoch eine kurze Halbwertszeit. Sie halten sich nicht, weil die Menschen sagen: 'Da spiele ich nicht mit. Dann gehe ich halt woanders hin.'

Ricore Text: Den von Ihnen angesprochenen Druck gibt es in vielen Berufen...

Rohde: Ich glaube nicht, dass es einen Berufszweig gibt, der davon ausgenommen ist. Auch ein Arbeiter der sich früher für immer seines Jobs sicher sein konnte, muss heute damit rechnen, dass er morgen auf der Straße steht. Ich kenne derzeit keinen Beruf, der viel sicherer wäre als meiner.

Ricore Text: Diese Unsicherheit ist eine negative Folge der Globalisierung, oder?

Rohde: Ja. Die Gier kann unverblümter und dreister durchgesetzt werden. Es ist leider so.

Ricore Text: Sind Sie selbst mal Opfer der Gier geworden?

Rohde: Ich bin noch nicht zum Opfer geworden. Aber ich kenne einige Kollegen, die kaum zu tun haben. Allerdings ist es in der Filmbranche immer sehr speziell, weshalb jemand eine Rolle bekommt oder nicht. Es sind nicht nur marktwirtschaftliche Überlegungen die da zum Tragen kommen. Natürlich spricht auch die künstlerische Erwägung eine Rolle. Außerdem bekommt ein bekannter Schauspieler schneller Rollen, als einer der noch unbekannt ist.
Heiko Thiele/Ricore Text
Armin Rohde
Armin Rohde: Image ist ein Vorteil
Ricore Text: Wie wichtig ist das Image für einen Schauspieler?

Rohde: Junge Kollegen haben zu früh die Sorge ein bestimmtes Image verpasst zu bekommen. Aber in unserer heutigen Medienlandschaft, wo es für jedes absurde Hobby mindestens drei Hochglanzmagazine gibt, ist das durchaus von Vorteil. Denn so weiß man, dass man wahrgenommen wird. Früher gab es nur zwei Fernsehsender. Da war man schon ein Star, wenn man in einem einzigen Film eine Hauptrolle hatte. Heute ist das anders. Bei den vielen Sendern die es gibt, kann man 20 oder 30 Hauptrollen gespielt haben und die Leute wissen noch immer nicht, wer man ist. Deswegen sage ich jungen Kollegen, dass sie keine Angst haben sollen ein bestimmtes Image verpasst zu bekommen. Sie sollen einfach froh sein, dass man sie überhaupt wahrnimmt. Ich sage ihnen: "Die Zukunft wird schon zeigen, dass du mehr drauf hast."

Ricore Text: Die Sendervielfalt kann auch ein Vorteil sein. Durch die vielen Programme gibt es einen größeren Bedarf an Schauspielern, oder nicht?

Rohde: In den 1990er Jahren war das noch so. RTL und Sat.1 haben viele Sendungen produziert. In guten Zeiten hat RTL bis zu 47 fiktive Produktionen an den Start gebracht. Davon ist inzwischen fast nichts mehr übrig. Auch nicht bei Sat.1. Wenn doch ein Film produziert wird, ist es der Film-Film-Film der Woche, des Monats oder des Jahres. Kontinuierlich hohe Spielfilmqualität abzuliefern, kommt bei den Privaten fast nicht mehr vor. Deshalb gibt es immer weniger zu tun. In den 1990er Jahren war es übertrieben formuliert wie folgt: Wer geradeaus gucken konnte, ohne dabei rot zu werden und tot umzufallen, hatte eine Hauptrolle in einem Zweiteiler. Inzwischen kann man den deutschen Fernsehpreis im Regal haben und trotzdem ein Jahr ohne Beschäftigung sein. Die Öffentlich-Rechtlichen haben zwar eine ordentliche Summe zur Verfügung. Diese reicht jedoch nicht aus, um alle guten Schauspieler ihrem Marktwert entsprechend beschäftigen zu können.

Ricore Text: Wie wichtig ist es für die Besetzung einer Rolle, dass man eine Schauspielausbildung hat?

Rohde: Als ich Anfang 20 war, wusste ich noch nicht mal, dass es Schauspielschulen gibt. Ich kannte nur die Vokabel 'entdeckt werden'. Wie wird man aber entdeckt, wenn man quasi nicht sichtbar ist? Eine Schauspielschule ist eine gute Plattform, auf der man wahrgenommen wird. Sucht man für eine Rolle einen talentierten 17-jährigen Jungen, der auch noch reiten und Stepptanzen kann, findet man diesen natürlich nicht an einer Schauspielschule. So jemand hat noch keine Ausbildung. Da kann man nur hoffen, dass man ihn zufällig durch deutschlandweite Castings findet. Aber wenn man einen erwachsenen Schauspieler benötigt, sucht man nach einer Person, die schon auf eine gewisse Erfahrung in Form einer Ausbildung zurückgreifen kann. Deswegen kann ich den Besuch einer Schauspielschule nur empfehlen. Aber natürlich gibt es auch berühmte Ausnahmen wie Jürgen Vogel, die keine Schule besucht haben. Um so erfolgreich wie Herr Vogel zu werden, reicht es aber nicht, keine Schauspielschule zu besuchen. Der Umkehrschluss funktioniert nicht [lacht].
Constantin Film
Armin Rohde in "Freche Mädchen"
Clown Armin Rohde
Ricore Text: Im Rahmen Ihrer Schauspielausbildung haben Sie eine Clownschule besucht. Weshalb sind Sie dafür extra nach Frankreich gegangen?

Rohde: Das bin ich gar nicht [lacht]. Seit 20 Jahren versuche ich diese Falschinformation zu korrigieren. Aber irgendwie klappt das nicht [lacht]. Mein Lehrer in der Clown-Ausbildung war Pierre Byland. Er ist Schweizer. Pierre war viele Jahre Lehrer an der Jacques-Lecoq-Theaterschule in Paris. Wir hatten das große Glück ihn für die Folkwang-Schule gewinnen zu können. Der Mann ist ein echtes Phänomen. Die Ausbildung ist sehr hart: Der Morgen beginnt mit körperlichen Übungen. Man gibt Arschtritte und Backpfeifen. Außerdem übt man das Abrollen. Das sind alles klassische Techniken eines Zirkusclowns. Nachmittags kommt der wesentlich spannendere Teil: Man improvisiert nach strengen Regeln.

Ricore Text: Sind Improvisation und Regel nicht Gegensätze?

Rohde: Nein, überhaupt nicht. Über Improvisation gibt es große Missverständnisse. Für viele bedeutet diese Technik: 'Ich kann manchen was ich will.' Das stimmt nicht. Improvisation muss Anfang, Höhepunkt, Schlusspunkt sowie Entwicklung haben. Zwischen diesen Punkten - die genau zu setzen sind - kann man frei erfinden. Ohne diese Punkte gesetzt zu haben, wäre das Ergebnis nur Quark. Es würde nicht funktionieren. Es ist schade, dass viele Menschen gar nicht wissen, was Improvisation ist.

Ricore Text: Ihr erstes Buch "Größenwahn und Lampenfieber - Die Wahrheit über Schauspieler" erschien 2009. Wann kommt Ihr nächster Roman?

Rohde: Das weiß ich noch nicht. Das erste Buch hatte ich mir gar nicht vorgenommen. Es ist mir als Resultat meiner langjährigen Berufstätigkeit als Schauspieler beziehungsweise Schauspiellehrer quasi in die Feder geflossen. Ich habe das Buch nicht geschrieben indem ich mich hinsetzte und sagte: 'Nun bin ich ein Autor und schreibe ein Buch.' Es gibt mehrere Verlage, die immer wieder versuchen mich davon zu überzeugen ein weiteres Werk zu schreiben. Ob das wirklich mal passiert, kann ich jedoch nicht sagen.

Ricore Text: Welches Thema könnte Sie für ein weiteres Buchprojekt reizen?

Rohde: Vielleicht etwas über Lastwagenfahrer in den USA [lacht].

Ricore Text: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 9. Dezember 2011
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2024