Universal Pictures International
Detlev Buck
Verlust der Kinokultur
Interview: Detlev Buck setzt auf 3D
Für seinen schrägen Humor ist Detlev Buck bekannt. Nicht minder verrückt geht es in seiner neuen Komödie zu. In "Rubbeldiekatz" steckt er Deutschlands Publikumsmagneten Matthias Schweighöfer in Frauenkleider und treibt ihn durch die Irrungen und Wirrungen der Kinobranche. Im Interview verriet uns der 49-Jährige, wie überzeugend Schweighöfer als Frau an der Seite von Alexandra Maria Lara war. Außerdem erzählte er uns, warum er sein nächstes Projekt in 3D drehen wird.
erschienen am 16. 12. 2011
Universal Pictures (UPI)
Rubbeldiekatz
Detlev Buck: Ich habe Kopfschmerzen nach dem Interviewmarathon heute. Bitte fragen Sie mich nicht nach irgendwelchen Anekdoten während der Dreharbeiten oder warum der Scheißfilm "Rubbeldiekatz" heißt (lacht).

Ricore: Ok, dann fange ich anders an. Sie als Produzent von Boje Buck Produktion engagieren sich selbst als Regisseur und Schauspieler und zahlen sich für beide Funktionen eine Gage. Wie verantworten Sie das gegenüber Claus Boje?

Buck: Ja, aber das ist immer so gewesen. In der Eigenproduktion bin ich aber günstiger als sonst.

Ricore: Sie verhandeln mit sich selbst Ihre eigenen Gagen?

Buck: Diese ist ja gesetzlich festgelegt, da kann man nicht dran rütteln. Das kann man vielleicht tun, wenn man der Erfolgsgarant Nr. 1 ist. Spätestens seit "Hotel Lux" wissen wir, dass selbst ein Michael 'Bully' Herbig nicht immer das wert ist, was er gekostet hat. Bei mir gibt es immer ein bestimmtes Produktionsvolumen und da ich die Verantwortung für den Film trage, halte ich dieses Volumen meistens auch ein. Natürlich gibt es das Risiko, dass man das Budget überschreitet. Schon so manche Produktionsfirma ist deswegen Pleite gegangen. Ich sorge tunlichst dafür, dass das nicht passiert.

Ricore: Was den Erfolg von "Rubbeldiekatz" angeht, so steht und fällt der Film mit der Glaubwürdigkeit von Matthias Schweighöfer...

Buck: Ja, was das angeht, war ich sehr nervös. Das Drehbuch stand schon fest. Wenn Mattias nicht glaubwürdig gewesen wäre, dann hätten wir so einiges umbauen müssen. Wir hatten im Vorfeld einen Make-up-Test, der nicht so gut ausfiel. Das lag zum Teil an den Haaren. Die Perücke war nicht gut. Dann nahm sich Kitty Kratschke des Problems an, die ihren Job wirklich fantastischen gemacht hat. Plötzlich passte alles. Auch die Kostüme von Guido Maria Kretschmer waren toll. Durch seine Arbeit wirkte der Rücken von Matthias nicht mehr so breit. All diese Komponenten mussten passen, damit es nicht peinlich wird. Erfolg kann man nicht berechnen, trotzdem gibt es die Chance, dass der Film gut aufgenommen wird.
Universal Pictures (UPI)
Rubbeldiekatz
Ricore: Inwiefern passt "Rubbeldiekatz" in ihr Werk? Oder betreten Sie mit dieser Komödie neues Terrain?

Buck: Ich sehe meine Arbeit nicht als Kontinuum. In erster Linie arbeite ich nicht für ein Werk, sondern immer für den Moment. Der jeweilige Film ist mir wichtiger, als die Historie. Insofern habe ich auch keine Verantwortungsgefühle mir und meinem Werk gegenüber. Wenn ich das Gefühl habe, dass sich etwas gut anfühlt, dann mache ich das. Außerdem kann ich Dinge nicht erzwingen. Ich wollte "Die Vermessung der Welt" und daran arbeite ich jetzt. Mein Job macht mir Spaß und ich arbeite gerne. Wenn gute Geister zusammenkommen, dann ist das das Schönste.

Ricore: Andererseits werden Sie in Fachkreisen zu den deutschen Autorenfilmern gerechnet.

Buck: Weil ich in dieser Nische mitmische. Natürlich steht am Ende des Vorspanns mein Name unter Regie. Das heißt, ich zeichne für den Film verantwortlich. Und sicherlich greife ich hin und wieder ins Drehbuch oder in die Buchvorlage ein, wodurch ich mich als Autorenfilmer definiere. Aber im Grunde arbeite ich ganz einfach gerne mit Menschen zusammen, die die Essenz des Films verstehen und eigene Ideen beisteuern.

Ricore: in "Rubbeldiekatz" gibt es auf einer Film-Gala eine Schlägerei. Haben Sie damit nicht ausgelebte Bedürfnisse verfilmt?

Buck: Ja und ich kann froh sein, dass ich mich bis jetzt noch nicht wie Jürgen [Bucks Charakter in "Rubbeldiekatz"; Anmerkung der Redaktion] verhalten habe. Es ist aber nicht so, dass ich eine Tendenz zur Gewalttätigkeit habe. Dennoch gibt es in unserer Branche manchmal ein - ich sag mal - Gesabbel, das mich einfach nervt. Für die besagte Szene war eigentlich eine Massenschlägerei vorgesehen. Aber das wäre am Ende wohl doch ein bisschen zu dicke geworden (lacht).
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Alexandra Maria Lara und Matthias Schweighöfer in "Rubbeldiekatz"
Ricore: Und wie retten Sie sich durch so einen Gala-Abend?

Buck: Entweder ich gehe gar nicht hin oder ich verkrieche mich in eine Ecke, wo ich nicht auffalle. Oder ich beteilige mich an einem Gespräch mit netten Menschen.

Ricore: Heute steht in Berlin noch die Premiere von "Rubbeldiekatz" an.

Buck: Ja, mit so einer Premiere kann man eigentlich nicht gut umgehen. Da gibt es 800 Menschen, die einem entweder sagen, was sie nicht gut finden oder einen mit Liebe überschütten. Man kann den ganzen Emotionen sowieso nicht gerecht werden. Eigentlich kann man sich nur damit aus der Affäre ziehen, dass man sagt: "Tut mir leid, ich bin betrunken". Es kam schon mal vor, dass ich eine halbe Stunde nach Filmschluss von einer Premieren-Feier nach Hause gefahren bin. Der Druck, der auf einem auf solchen Partys lastet, ist mir manchmal zu viel.

Ricore: Haben Sie auch angenehme Premieren-Feiern erlebt?

Buck: Ja, die gibt es sicher auch. Die schönste Premiere erlebte ich bei "Knallhart". Die fand in Neukölln statt und kaum einer kam hin. Es waren vielleicht 2.000 Besucher in einem leeren Kaufhaus. Auch von den Promis war kaum einer da. Wahrscheinlich wollte sich keiner Neukölln antun (lacht). Es war trotzdem zauberhaft. Es gab am Eingang zwar eine kleine Hauerei, aber sonst hatten wir alle unseren Spaß. Bei "Liebe deine Nächste!" bin ich nicht zur Premiere meines eigenen Films reingekommen. Ich sagte dem Sicherheitsdienst, dass ich der Regisseur sei, und er meinte nur: "Das kann ja jeder sagen, du Arsch" (lacht). Da stand ich dann eine halbe Stunde draußen vor der Tür. Er hat mir einfach nicht geglaubt, dass ich der Regisseur bin. So etwas Blödes vergisst man nie mehr.
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Die Honks unter sich in "Rubbeldiekatz"
Ricore: Konnten Sie keine Einladung vorweisen?

Buck: Nein, meine Einladungskarte hatte ich nicht dabei. Ich dachte, warum soll ich sie mitnehmen.

Ricore: Ist die Schauspielerei nur Nebenprodukt ihrer Karriere oder steht sie gleichgewichtig neben der Regie?

Buck: Ich betrachte mich schon auch als Schauspieler. Beim Schreiben der Drehbücher denke ich darüber nach, wie ich etwas spielen würde. Selbst wenn ich Regie führe spiele ich im Kopf bestimmte Szenen mit. Regie und Schauspiel sind bei mir also eins. So war das auch bei Sydney Pollack. Auch Woody Allen ist als Schauspieler fantastisch. Ich will nicht sagen, dass er eine große Bandbreite hat, aber er verfügt über eine große Glaubwürdigkeit. Selbst wenn er in seinen Filmen nicht mitspielt, denkt er als Schauspieler. Er verehrt die Schauspieler, deshalb spielt er auch selbst gerne.

Ricore: Ursprünglich wollten auch Sie Schauspieler werden.

Buck: Ja, ich versuchte es. Ich hatte mal ein Schultheater gesehen und fand das spannend. Aber ich glaube, das wäre langfristig nicht gutgegangen. Die Idee, sich etwas vorzustellen, wäre bei mir wohl nicht gegangen. Was ich beim Beruf der Schauspielerei hart finde, ist die Abhängigkeit davon, von jedermann gemocht zu werden. Klar bin ich auch als Regisseur in gewisser Weise abhängig von der Resonanz der Menschen. Man muss mich als Regisseur mögen, damit ich mein Geld wert bin. Aber als Regisseur habe ich nicht nur mein Gesicht, sondern auch eine Filmsprache zur Verfügung. Die Form und die Geschichte sind etwas, die zwischen mir und dem Zuschauer liegen.
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Wer schön sein will, muss leiden. Matthias Schweighöfer und Maximilian Brückner in "Rubbeldiekatz"
Ricore: Eine andere Pufferzone ist die Technik. "Die Vermessung der Welt" drehen Sie in 3D. Erfordert diese Technik eine neue Herangehensweise an einen Film?

Buck: Ja, 3D ist eine neue Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen. Es bietet ein neues Seherlebnis. Bis jetzt fühlt es sich richtig an. Am Ende bleiben jedoch Emotionen Emotionen und eine Szene eine Szene.

Ricore: Glauben Sie an die Zukunft des 3D?

Buck: Ich denke, durch 3D macht der Kinobesucher eine neue Erfahrung. Das hilft dem Kino auch finanziell, weil das Internet kein 3D bieten kann. In "Die Vermessung der Welt" setzt man eine Brille auf und reist damit in eine Vergangenheit, die man so nie gesehen hat. Bis jetzt hat es keine Filme gegeben, die diese Technik so eingesetzt haben. Wir zeigen in "Vermessung" keinen Fantasy-Raum wie Tim Burton, James Cameron oder Michael Bay, sondern eine historische Welt, eine andere Zeit. Das kann beim Zuschauer eine Neugier auslösen, so dass sie wieder ins Kino gehen.

Ricore: 3D ist also der Gegenschlag des Kinos gegen die Bedrohung durch das Internet?

Buck: Ja, das Kino ist als Ort und als Raum des gemeinsamen Erlebens bedroht. Wir können uns wehren, wie wir wollen, das Fernsehen oder das Online-Streaming bleiben eine Gefahr für das Kino. 3D ist etwas, welches das Internet nicht bieten kann. Es ist eine neue Möglichkeit, deswegen sollten die Kinos auf diese Technik umrüsten, wenn sie können. Ansonsten geht ein Stück Kultur verloren. Stellen Sie sich vor Die Kurbel in Berlin, das letzte schöne Kino, macht zu. Im ehemaligen Astor befindet sich heute Tommy Hilfiger. Ich werde dieses Geschäft nie betreten, das versichere ich Ihnen. Läden wie diese sind der Grund, wieso wir heute keine Kinokultur mehr in den Städten haben. Es ist ein großer Verlust. Deswegen sollte man dafür kämpfen. Vor diesem Hintergrund ist das dreidimensionale Kino nützlich, weil man so etwas nicht im Netz haben kann.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 16. Dezember 2011
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2024