ARD Degeto
ChrisTine Urspruch
Erfolgreich ohne Ausbildung
Interview: ChrisTine Urspruch im Glück
ChrisTine Urspruch ist nicht auf den Mund gefallen. Als Silke 'Alberich' Haller macht sie Jan Josef Liefers und Axel Prahl im Münsteraner "Tatort" Beine. In "Sams im Glück" weiß Urspruch als Hauptdarstellerin auf alle Fragen eine Antwort. Dies gilt auch für ihr Gespräch mit Filmreporter.de. Sie erklärt uns, weshalb es noch einen "Sams"-Film geben musste und wie man ohne Ausbildung eine erfolgreiche Schauspielerin wird. Außerdem erläutert Urspruch, ob sie auf der Straße lieber als Sams oder als Alberich angesprochen wird.
erschienen am 29. 03. 2012
Universum Film
Sams im Glück
Ricore: Weshalb wollten Sie noch einen "Sams"-Film drehen und wie kam es dazu?

ChrisTine Urspruch: Ich habe eine Tochter, die mittlerweile sieben Jahre alt ist. Dementsprechend habe ich vor zwei bis drei Jahren damit angefangen Lilo die "Sams"-Bücher vorzulesen. Irgendwann hat sie auch die Filme schauen dürfen. Natürlich wusste Lilo bereits von Fotos, dass ich das Sams spiele. Dadurch, dass sie sich das alles ansah, kam mir das Fabelwesen nochmal richtig ins Gedächtnis. Ich dachte mir wie gut die "Sams"-Geschichten sind, wie gelungen die Filme waren und welchen Gefallen meine Tochter daran hat. So oft wie sie hat glaube ich niemand einen "Sams"-Film gesehen. Darüber hinaus mache ich seit dem ersten Film "Sams"-Lesungen an Schulen und in Bibliotheken. Dabei bekomme ich immer wieder mit, wie viel Freude die Kinder noch immer mit diesem Wesen haben. Irgendwann dachte ich mir: "Wenn das Sams noch immer so eine Neugierde und Interesse weckt, könnte man nochmals so eine Geschichte erzählen - wenngleich ich mir geschworen hatte, niemals mehr in diesen Taucheranzug zu steigen. Aber ich sagte mir, wenn es eine wirklich gute Geschichte gibt, würde ich es den Kindern zuliebe nochmals machen. Bei der "Lippels Traum"-Premiere, habe ich dann mit Ulrich Limmer gesprochen, woraufhin das ganze Projekt langsam ins Rollen kam.

Ricore: Hat Ihre Tochter auch gesagt: "Mama, Mama, mach bitte noch einen "Sams"-Film?"

Urspruch: Nein, eigentlich nicht. Sie hat später nur gesagt, dass sie gerne bei "Sams im Glück" mitspielen möchte. Das war mir dann allerdings nicht so recht. Ich war der Meinung, dass sie mit der Schauspielerei ruhig noch ein wenig warten könne. Deswegen fördere ich das jetzt auch nicht so.

Ricore: Hat Ihre Tochter bereits Interesse für die Schauspielerei entwickelt?

Urspruch: Nein. Wir nehmen Sie manchmal mit ins Theater, da mein Mann Theater-Regisseur ist. Sie muss dann manchmal Stücke schauen, wenn wir keinen Baby-Sitter finden.

Ricore: Bedeutet das, dass Ihre Tochter gesehen hat, wie Sie "Misery" proben?

Urspruch: Nein, nein. Das hat sie nicht gesehen. Ich habe ihr auch nicht richtig erzählt, worum es in dem Stück geht. Ich sagte, dass es um eine Krankenschwester geht, die einen Mann pflegt und sich in eine Art Gefangenschaft befindet. Auch wenn meine Tochter schon checkt, dass das Theater ist und Realität und Rolle zwei verschiedene Dinge, muss sie sich so etwas noch nicht ansehen [lacht]!
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ChrisTine Urspruch und Axel Prahl ermitteln im Münsteraner "Tatort"
Ricore: Werden Sie demnächst wieder mehr Theater spielen?

Urspruch: Im September dieses Jahres werde ich am Volkstheater in Wien in einem Stück von Peter Turrini, einer Erstaufführung, zu sehen sein. Das in Berlin wird auch noch eine Weile weitergehen. Mein Ziel ist, eine gutes Theaterprojekt im Jahr zu machen. Das hat sich in den letzten Jahren als optimal für mich erwiesen. Deshalb wünsche ich mir, dass es einfach so weitergeht. Dann vielleicht noch ein "Tatort" und einen Film dazu. Das reicht dann auch schon. Mehr könnte ich nicht schaffen. Schließlich mache ich auch noch meine Hörbücher und meine Charity-Engagements. Zum Beispiel bin ich für die Stiftung Lesen unterwegs, oder den Kinderschutzbund in Münster.

Ricore: Merken Sie, wenn Zuschauer wegen Ihnen ein Theaterstück ansehen?

Urspruch: Ja. So etwas bekomme ich manchmal mit. Es freut mich, dass mein Name eine gewisse Zugwirkung hat. Das macht mich glücklich. Man kann also sagen: 'ChrisTine im Glück' [lacht].

Ricore: Wie sind Sie ohne Ausbildung zur Schauspielerei gekommen?

Urspruch: Ich habe privat Unterricht erhalten und Schauspielworkshops in den USA besucht. Dort habe ich unter anderem an einem sechswöchigen Shakespeare-Workshop teilgenommen und natürlich die gesamte Zeit auf Englisch gespielt. Außerdem erhielt ich Sprecherziehung und habe dies später auch selbst unterrichtet. So habe ich mir meine Ausbildung privat ermöglicht. Bevor ich den Beruf der Schauspielerei als Hauptaufgabe für mich begriffen habe, studierte ich zunächst Deutsch und Englisch auf Lehramt. Ich wollte eine seriöse Grundlage haben, für den Fall, dass es mit der Schauspielerei nicht klappt. Über das Grundstudium hinaus, habe ich es dann nicht geschafft, weil ich schon am Theater gespielt habe und alles immer professioneller wurde. Ich bekam immer mehr Angebote. Deswegen dachte ich mir, dass ich es einfach mal probieren muss und ins kalte Wasser zu springen habe [lacht].

Ricore: Werden Sie auf der Straße als Sams, oder als Alberich aus dem "Tatort" wiedererkannt?

Urspruch: Meistens werde ich als Alberich angesprochen [lacht].

Ricore: Würden Sie lieber als Sams angesprochen werden?

Urspruch: Nein, das ist mir wurscht. Ich freue mich, dass es überhaupt jemanden gibt, der mich auf der Straße wiedererkennt. Außerdem begegnen mir die Leute meist freundlich. Es ist einfach schön zu sehen, welche Freude man mit dem was man macht, erzeugen kann. Auf die Alberich und das Sams bin ich gleich stolz. Besonders freue ich mich allerdings, wenn mich jemand aufgrund einer Theaterproduktion anspricht, weil das natürlich keine so breite Wirkung hat wie Fernseh- oder Kinofilme.
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ChrisTine Urspruch in "Sams im Glück"
Ricore: Wie schwer fällt es bei Lesungen Kindern zu glauben, dass diejenige die vor ihnen sitzt, nicht ChrisTine Urspruch, sondern das Sams ist?

Urspruch: Die schaffen das irgendwie. Das habe ich auch mit Pippi Langstrumpf hinbekommen, auch wenn ich der Darstellerin nie begegnet bin. Als Kind dachte ich mir schon immer, dass das alles nur ein Film ist und irgendjemand dem Mädchen bestimmt geholfen hat. Ich werde bei den Lesungen auch oft gefragt, ob ich nicht noch schnell etwas wie das Sams sagen oder machen könnte. Wenn ich dann ein Reim sagen soll, fällt mir natürlich nichts ein [lacht]. Für die Kinder ist es aber auch schon spannend zu hören, wie es mir bei den Dreharbeiten ergangen ist.

Ricore: Wie hat sich die Tricktechnik bei den "Sams"-Filmen hinsichtlich Ihrer Maske im Laufe der Jahre verändert?

Urspruch: Leider gar nicht. Ich sitze nach wie vor morgens zweieinhalb Stunden in der Maske. Die Sorgfalt mit der wir arbeiten, ist ein Grund dafür. Es werden immer erst die Nase und dann die Ohren geklebt. Dann wird das Make-Up aufgetragen, die Augenbrauen angeklebt und die Perücke festgesetzt. Insgesamt war die Zusammenarbeit mit dem Maskenbildner wirklich sehr wichtig. Man kommt sich sehr nahe und verbringt viele Stunden miteinander, während andere früh morgens um sechs Uhr noch in Ruhe am Schlafen sind.

Ricore: Bereiten Sie sich während des morgendlichen Wartens auf Ihre Rolle vor?

Urspruch: Ehrlich gesagt habe ich meist versucht, noch nicht allzu wach zu werden. Aber natürlich habe ich hin und wieder mal einen Text gelernt, oder zumindest memoriert. Sobald ich dann das Kostüm anhatte, habe ich mich ganz anders verhalten. Dann waren meine Füße richtig fest auf dem Boden, fast stampfend und auseinander. Eine richtige Sams-Haltung, die so ein Kostüm und Maske mit sich bringt.

Ricore: Glauben viele Kinder, dass das Sams von Ihnen ist?

Urspruch: Ja [lacht verlegen]. Sie sind bei meinen Lesungen meist sehr gut vorbereitet, oft auch durch den Schulunterricht. Von mir und dem Sams gibt es ja auch Abbildungen in den Schulbüchern der Grundschulen. Vor, während und nach dem Schminken zum Beispiel. Daher sind die Kinder gut vorbereitet und wissen, dass eine Schauspielerin hinter dem Sams steckt.

Ricore: Gibt es absurde Fragen, die Sie nicht beantworten können oder wollen?

Urspruch: Nein. Ich bin eine "Sams"-Expertin und weiß deshalb auf alles eine Antwort [lacht]!
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ChrisTine Urspruch, Axel Prahl und Jan Josef Liefers ermitteln im Münsteraner "Tatort"
Ricore: Sind Sie im echten Leben ähnlich schlagfertig wie das Sams?

Urspruch: Das eben leider nicht. Natürlich fällt mir manchmal etwas ein und dann freue ich mich diebisch. Aber oft gehe ich einen Schritt weiter und dann fällt mir etwas ein, woraufhin ich denke: "Warum nicht eine Minute früher?" Aber es wäre schon schön, wenn mir jemand ein Drehbuch schreiben würde, mit dem ich im echten Leben ähnlich schlagfertig reagieren könnte.

Ricore: Vor einigen Wochen hat der Münsteraner "Tatort" mal wieder einen Quotenrekord aufgestellt. Was hat sich in den zehn Jahren Ihres Engagements verändert?

Urspruch: Es werden natürlich noch immer Witze über das Groß/Klein-Thema gemacht. Aber unser Format ist unverwechselbar geworden und schafft es noch immer Überraschungen bereit zu halten. Ich glaube, dass die Figuren dem Zuschauer richtig ans Herz gewachsen sind. Darüber freue ich mich wirklich sehr. Es identifiziert sich vielleicht nicht jeder mit den Figuren. Aber jeder kennt jemanden, der so ist wie jemand in unserem "Tatort"- also etwas exaltiert, schrullig und witzig.

Ricore: Hätten Sie Lust nach mittlerweile über 20 "Tatort"-Folgen in einem Spin-Off mitzuspielen?

Urspruch: Total, das würde ich super finden. "Alberich ermittelt" wäre ein toller Titel.

Ricore: Sie haben ja schon oft gesagt, dass Sie gerne mal eine Detektivin spielen möchten.

Urspruch: Korrekt. Gepaart mit Forensik und Polizeipsychologie wäre das eine interessante Sache, die ich gerne machen würde.

Ricore: Woran ist es bisher gescheitert?

Urspruch: Keine Ahnung. An den Sendern vielleicht [lacht]? Es gibt Sender und Produktionsfirmen, die mit mir Dinge erarbeiten. Mal ist dann aber der Zeitpunkt für den Sender falsch, oder es fallen irgendwelche Gelder aus.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 29. März 2012
Zum Thema
ChrisTine Urspruch ist vor allem für zwei Rollen bekannt. Im Münsteraner "Tatort" ist sie seit 2002 als Gerichtsmedizinerin Silke 'Alberich' Haller an der Seite von Jan Josef Liefers und Axel Prahl zu sehen. Als Sams brilliert sie in den Paul Maar Roman-Adaptionen "Das Sams", "Sams in Gefahr" und "Sams im Glück". Stephen King-Romans und in zahlreichen Shakespeare-Aufführungen. Seit 2007 ist Urspruch mit Theaterregisseur Tobias Materna verheiratet. Ihre gemeinsame Tochter Lilo kam bereits 2004..
Sams im Glück (Kinofilm)
Seit zehn Jahren lebt das Sams (Christine Urspruch) nun bei den Taschenbiers. Eigentlich kein Problem, würde der Herr des Hauses (Ulrich Noethen) sich nicht langsam in ein Sams verwandeln. Sein verändertes Verhalten und Aussehen löst bei Freunden und Familie große Verwunderung aus. Die Geschichte des Films basiert im Gegensatz zu den vorherigen "Sams"-Abenteuern nicht auf einer Kinderbuchvorlage von Paul Maar. Dieser schrieb mit Ulrich Limmer vielmehr ein Originaldrehbuch.
2024