20th Century Fox
Produzent Adam Schroeder mit Alex Russell am Set von "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Adam Schroeder verwaltet kleines Budget
Interview: Alex Russell fliegt
Alex Russell kann fliegen. In "Chronicle - Wozu bist du fähig?" entwickelt der australische Schauspieler mit zwei Freunden telekinetische Fähigkeiten. Die drei Jungs müssen aber noch lernen, mit den neuen Kräften und der damit verbundenen Verantwortung umzugehen. Im Interview mit Filmreporter.de sprechen Alex Russell und Produzent Adam Schroeder über die Dreharbeiten mit kleinem Budget und den übertriebenen Einsatz von Computereffekten bei vielen Filmen.
erschienen am 19. 04. 2012
20th Century Fox
Chronicle - Wozu bist du fähig?
Ricore: Herr Russell, wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?

Alex Russell: Ich wollte schon als Kind Schauspieler werden. Das ist ein ziemliches Klischee, ich weiß. Nach der Schule habe ich ein Jahr lang Theater in meiner Heimatstadt gespielt, bevor ich an eine Schauspielschule namens NIDA (National Institute of Dramatic Art) gegangen bin. Auf dieser Schauspielschule waren unter anderem Mel Gibson, Cate Blanchett, Judy Davis und Hugo Weaving. Mein Abschluss ist jetzt vier Jahre her.

Ricore: Wie sind Sie zu der Rolle in "Chronicle - Wozu bist du fähig?" gekommen?

Russell: Meine Agentin hat mir im Frühjahr 2011 das Drehbuch geschickt. Als ich etwa 25 Seiten gelesen hatte, rief ich meine Agentin an und sagte: 'Bitte besorg mir ein Vorsprechen!' Dann kam ein langes Casting. Ich habe wohl insgesamt zehn Stunden mit Vorsprechen verbracht.

Ricore: Wollten Sie unbedingt die Rolle als Matt?

Russell: Ich wollte einfach irgendwie dabei sein. Welche Rolle ich bekommen würde, war mir ziemlich egal.

Ricore: Die drei Protagonisten nutzen ihre Superkräfte zunächst dazu, um Spaß zu haben. War das etwas, das Sie am Drehbuch besonders gefallen hat?

Russell: Ich fand das sehr erfrischend und witzig. Es ist aufregend und führt einen in die eigene Jugend zurück. Der Film stellt sehr akkurat dar, was die meisten Menschen mit solchen Kräften tun würden. Man würde erst einmal spielerisch herumprobieren, um Übung zu bekommen.

Ricore: Herr Schroeder, wie kamen Sie zu dem Projekt?

Adam Schroeder: Ich bin ein Fan des Autors. Als ich das Skript bekam, verliebte ich mich sofort. Ich ging damit zu 20th Century Fox und sie kauften es. Es ist recht ungewöhnlich für eine Fox-Produktion, dass die Schauspieler unbekannt sind und es für den Regisseur das Filmdebüt ist. Aber das Drehbuch war brillant.
20th Century Fox
Hier lernen Superhelden fliegen: am Set von "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Ricore: Der Job des Produzenten ist es ja auch, den Film zu verkaufen. War es notwendig, einen Helden in dem Film zu haben? Matt zieht die Notbremse, als die Sache außer Kontrolle gerät.

Schroeder: Die Figur, die am Anfang wie der Held des Films wirkt, ist es gar nicht. Am Ende ist es derjenige, der eher widerwillig an die Sache herangeht, der alle überrascht. Das unterscheidet "Chronicle - Wozu bist du fähig?" von anderen Superhelden-Filmen.

Ricore: Found-Footage-Filme liegen im Trend? Warum haben Sie sich für diesen Stil entschieden?

Schroeder: Ich mag Found-Footage-Filme, habe so etwas aber noch nicht gemacht. Bei diesem Projekt hatte ich das Gefühl, dass es das Genre auf die nächste Stufe heben könnte. Es fängt an wie etwas, das man schon gesehen hat. Aber dann wird etwas völlig anderes daraus.

Ricore: Was ist das Besondere für die Schauspieler bei einem Found-Footage-Dreh?

Russell: Für mich war das eine große Herausforderung, so zu drehen. Man kann sich nicht hinter Schnitten verstecken. Manchmal sind die Szenen zwei oder drei Minuten lang. Man muss sehr beständig sein.

Ricore: Hat ihre Theatererfahrung da geholfen?

Russell: Ja, auf jeden Fall. Aber ich habe schon eine Weile kein Theater mehr gespielt. Ich musste darauf vertrauen, dass ich nicht zu eingerostet war.

Ricore: Es gibt recht viele Stunts in "Chronicle".

Russell: Zu den normalen Herausforderungen von Found-Footage kamen hier Stunts mit Seilen dazu. Es gibt eine Szene, in der Matt Andrew konfrontiert. Am Ende der Szene fliegt Matt aus dem Fenster. Es ist eine recht intensive Szene, die an sich schon eine Herausforderung ist. Aber ich war zusätzlich komplett angeseilt. Ich musste mich sehr anstrengen, nicht wie ein Roboter auszusehen.
20th Century Fox
Alex Russell in "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Ricore: War der Dreh körperlich anstrengend?

Russell: Ich hatte ein paar Schrammen. Aber nichts, worüber man sich beschweren könnte. Die Arbeit war zwar ermüdend, aber wir hatten so viel Spaß an dem Projekt, dass es das wert war.

Schroeder: Es war uns wichtig, Darsteller zu finden, die physisch und schauspielerisch für das Projekt geeignet waren. Wir haben weltweit nach Talenten gesucht. Wir mussten sehr schnell und mit relativ wenig Geld drehen, also mussten auch die Schauspieler die Belastungen aushalten können.

Ricore: Wie war es, in Südafrika zu drehen?

Russell: Der Dreh an sich war schon aufregend. Kapstadt hat das alles noch aufregender gemacht. Die Stadt hat ein ganz besonderes Flair, es gibt eine große Vielfalt. Die Menschen sind wundervoll.

Schroeder: Es war ein toller Ort, um zu drehen. Aber es war auch eine Herausforderung. Wir haben ein paar Autoszenen im Film. Die waren schwierig zu drehen, weil der Film in Seattle spielen soll. Wir konnten also nur Teile von Kapstadt nehmen, die nicht zu afrikanisch aussahen.

Ricore: Herr Russell, "Chronicle" lief in den USA sehr erfolgreich in den Kinos. Waren Sie auf den Erfolg vorbereitet?

Russell: Wir haben natürlich alle gehofft, dass der Film gut laufen würde. Bei jedem Projekt sorgt man sich ein wenig darum, wie es ankommen wird. Aber ich habe noch nie an einen meiner Filmprojekte so sehr geglaubt. Insofern habe ich immer das Potential gesehen, dass dieser Film ein großes Publikum erreichen könnte.

Ricore: Warum ist der Film so erfolgreich?

Schroeder: Es ist einfach etwas sehr anderes, der Film überrascht die Leute. Es ist mehr als ein Found-Footage-Superhelden-Film, es bringt das Found-Footage-Genre auf eine neue Stufe.
20th Century Fox
Ashley Hinshaw und Alex Russell in "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Ricore: Herr Schroeder, Sie haben eine Reihe von großen Studiofilmen produziert. Ist es für Sie ein großer Unterschied, an einem kleinen Projekt wie "Chronicle" zu arbeiten?

Schroeder: Ich versuche, an alle gleich heranzugehen. Weil wir so wenig Geld hatten, mussten wir extrem effizient sein. Wenn ich einen Film mache, ist es mir ziemlich egal, wie groß das Budget ist und wie bekannt die Schauspieler sind. Ich nehme auch kleine Filme ernst.

Ricore: Sie können eine sehr abwechslungsreiche Filmografie vorweisen. Wie wählen Sie denn ihre Projekte aus?

Schroeder: Ich bin vielseitig interessiert und ich liebe Filme aller Art. Ich könnte nicht immer das Gleiche machen. Der Ausgangspunkt ist immer das Storytelling. Dieser Aspekt eines Projekts muss mich packen.

Ricore: Haben Sie schon neue Angebote, Herr Russell?

Russell: Ja, da sind ein paar Sachen im Busch, auf die ich sehr gespannt bin. Am meisten freut mich, dass ich mehr Sachen zu Gesicht bekomme. Ich kann mir mehr Drehbücher anschauen, um etwas zu finden, das ich machen will. Und es ist toll, wen ich plötzlich alles treffen kann. Kürzlich habe ich Bruce Willis getroffen, das war eine ziemlich große Sache.

Ricore: Welches Projekt steht denn als nächstes an?

Russell: Ein australischer Film, der sich mit der Underground-Surfer-Szene beschäftigt.

Ricore: Surfen Sie?

Russell: Ich surfe im Film, das wird die nächste große Herausforderung. Ich bin der einzige Australier, der nicht surft. Aber vor "Chronicle" konnte ich schließlich auch nicht fliegen - insofern bin ich da ganz entspannt. (lacht) Zwei meiner besten Freunde sind richtig gute Surfer. Ich paddle da so vor mich hin und komme mir vor wie der letzte Nerd.
20th Century Fox
Alex Russell am Set von "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Ricore: Was machen Sie denn in ihre Freizeit statt Surfen?

Russell: Ich liebe Skateboarden. Halfpipe-Skaten hat etwas sehr Zen-mäßiges. Aber hauptsächlich skate ich auf der Straße.

Ricore: Dürfen Sie skaten, während Sie einen Film drehen?

Russell: Ich darf zumindest nicht darüber sprechen. (lacht) Wenn ich drehe, lasse ich es ganz. Oder ich bin sehr vorsichtig und mache keine Tricks oder so.

Ricore: Wie schwer fällt es Ihnen als Australier mit amerikanischem Akzent zu sprechen?

Schroeder: Matt hat etwas Tolles beim Casting gemacht. Er hat schon während des Smalltalks vor dem Vorsprechen mit amerikanischem Akzent gesprochen. Das hat den Übergang leichter gemacht.

Russell: Ich habe schon oft in Amerika vorgesprochen. Den Akzent trainiere ich also seit langer Zeit. Aber es hilft, in den USA zu wohnen. Ich wohne in L.A. Das war etwas gewöhnungsbedürftig.

Ricore: Wie gefällt Ihnen Berlin?

Russell: Ich liebe Berlin. Leider hatte ich noch nicht viel Gelegenheit, mir die Stadt genauer anzusehen. Aber jetzt habe ich drei Tage, um die Stadt zu entdecken.

Ricore: Wie weit sind die Planungen zur Fortsetzung von "Chronicle - Wozu bist du fähig?"

Schroeder: Wir stecken mitten in der Entwicklung. Ich hoffe, es geht so schnell wie beim ersten Film. Da lagen nur 18 Monate zwischen der Vorstellung bei Fox und dem Kinostart.
20th Century Fox
Dane deHaan und Alex Russell in "Chronicle - Wozu bist du fähig?"
Ricore: Zwei der Hauptfiguren sind tot. Was bedeutet das für die Fortsetzung?

Schroeder: Einer ist definitiv tot. Beim anderen weiß man es nicht so genau. Wir werden sehen, was passiert.

Ricore: Werden Regisseur Josh Trank und Autor Max Landis wieder dabei sein?

Schroeder: Ja.

Ricore: Wie groß ist der Anteil an "Chronicle", der im Nachhinein mit visuellen Effekten verwirklicht wurde und wie viel wurde schon am Set realisiert?

Schroeder: Haben Sie nicht die Berichte über die Zerstörung von Seattle gelesen? (lacht) Es war eine gute Mischung aus Filmmagie und praktischer Anwendbarkeit. Es gibt Orte in Kapstadt, die Seattle sehr ähnlich sehen. Unser Team für die visuellen Effekte war toll.

Russell: Es gab ein tolles Motto im Kreativteam: erst das Praktische, dann Computereffekte. Sie haben versucht, alles am Set zu machen. Es gibt eine Szene mit schwebenden Löffeln, die es nicht in den Film geschafft hat. Da hatten wir wirklich Löffel vor uns, die mit einem Stock und einer Angelleine aufgehängt und bewegt wurden.

Schroeder: Wir wollten eine realistische Welt erschaffen. Ich denke, dass Filme heutzutage zu viele Computereffekte haben. Das Publikum merkt, ob etwas wirklich passiert oder nur eine Computergrafik ist. Natürlich hat uns auch unser Budget vorgegeben, dass wir uns nicht so sehr auf Computer verlassen konnten. Viele Superheldenfilme haben tolle Bilder aber im Grunde sieht es aus wie ein Animationsfilm.

Russell: Computereffekte sind wie Tortenguss. Sie können den Kuchen verschönern aber darunter sollte noch etwas anderes stecken.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 19. April 2012
Zum Thema
Adam Schroeder beginnt seine Karriere als Produzent von Amy Heckerlings Serie "Clueless - Was sonst!" und der auf dem Kinofilm basierenden Serie "Clueless - Die Chaos-Clique". Über kleinere Kinoproduktionen macht er sich einen Namen in der Branche. Bald produziert er größere Hollywood-Produktionen wie "Die Truman Show" und "South Park". Bei "Bringing Out the Dead - Nächte der Erinnerung" und "Sleepy Hollow" arbeitet er mit den Branchengrößen Martin Scorsese beziehungsweise Tim Burton zusammen.
Alex Russell wird als Sohn eines Chirurgen und einer Innenarchitektin in Brisbane geboren. Den Großteil seiner Jugend verbringt er im 600 Kilometer entfernten Rockhampton. Während und nach seiner Schulzeit ist er in zahlreichen Theateraufführungen zu sehen. Nach dem Schulabschluss 2004 besucht er das Cate Blanchett, Mel Gibson und Sam Worthington zählen. Wasted on the Young" gibt Alex Russell 2010 sein Kinodebüt. Der Thriller wird auf mehreren Festivals gezeigt und zeigt den Schauspieler in..
Eines Nachts entdecken die drei Schulfreunde Andrew (Dane DeHaan), Matt (Alex Russell) und Steve (Michael B. Jordan) eine seltsame Energiequelle. Nachdem sie damit in Berührung gekommen sind, entwickeln sie übermenschliche Kräfte. Nach kurzer Zeit droht die ungewöhnliche Situation, außer Kontrolle zu geraten. "Chronicle - Wozu bist du fähig?" ist ein Found-Footage-Film. Somit sieht man alles aus dem Blickwinkel von Kameras, die Teil der Handlung sind. Regisseur Josh Trank setzt das Konzept auf..
2024