Paramount Pictures
Lorenzo di Bonaventura auf dem Set von "G.I. Joe: Die Abrechnung"
"Mehr Testosteron schadet nicht"
Interview: Popcorn und Lorenzo di Bonaventura
Lorenzo Di Bonaventura hat Erfahrung mit großen Budgets. So produziert er bereits drei "Transformers"-Filme - 2014 folgt der vierte Teil. Vorher bringt er mit "G.I. Joe: Die Abrechnung 3D" eine weitere Fortsetzung heraus. Für die zweite Filmadaption der Spielfigurenreihe konnte er nicht nur Dwayne Johnson und Bruce Willis gewinnen. Mit Jon M. Chu ("Step Up 3D - Make Your Move") überraschte er auch mit der Auswahl des Regisseurs. Im Interview mit Filmreporter.de spricht Di Bonaventura über die Verantwortung beim Hantieren mit großen Budgets und seine Meinung zu professionellen Filmkritikern.
erschienen am 29. 03. 2013
Paramount Pictures
G.I. Joe: Die Abrechnung
Ricore: Gegenüber dem ersten "G.I. Joe"-Film gibt es viele Änderungen, vor allem was die Besetzung und das Team angeht. Waren Sie mit dem ersten Teil nicht zufrieden?

Lorenzo Di Bonaventura: Nein. Wir haben nach einem Weg gesucht, dem Publikum ein bombastischeres Erlebnis zu bieten. Mit Dwayne Johnson und Bruce Willis haben wir zwei neue Darsteller gefunden, die einen Actionfilm Glaubwürdigkeit bringen können. Außerdem haben sie eine große Fangemeinschaft und ein wenig mehr Testosteron schadet sicher auch nicht.

Ricore: In Deutschland ist G.I. Joe nicht so bekannt wie in den USA. Wie ist die Bedeutung dieser Spielzeugfigur für die amerikanische Kultur?

Di Bonaventura: Allein der Begriff 'G.I. Joe' hat in den USA eine starke symbolische Bedeutung. Ich denke, das kommt aus dem Zweiten Weltkrieg. Es ist die Verbindung aus 'G.I.' als Bezeichnung für einen Soldaten und 'Average Joe' (zu Deutsch etwa: Otto Normalbürger, Durchschnittstyp).

Ricore: Dwayne Johnson wirkt nicht gerade wie ein Durchschnittstyp.

Di Bonaventura: (lacht) Das stimmt. Aber wenn er neben Bruce Willis steht, wirkt Bruce wie einer. Dwayne ist riesig. In unserer Kultur gibt es ein Wertesystem, das mit G.I. Joe zusammenhängt. Das sind keine militaristischen Werte, obwohl er Soldat ist. Es ist ein Typ, der sich aufopfern, Gutes tun und uns beschützen will. Das transzendiert längst das Spielzeug, es ist ein kultureller Begriff geworden. Darum haben wir Bruce Willis gecastet. Er ist perfekt für die Rolle des Original-Joe.

Ricore: Die Wahl des Regisseurs wirkt auf den ersten Blick seltsam. Jon M. Chu hat vorher Tanzfilme und einen Justin Bieber-Konzertfilm inszeniert. Wie passt das mit einem Big-Budget-Actionfilm wie "G.I. Joe: Die Abrechnung" zusammen?

Di Bonaventura: Der Justin Bieber-Film wurde von Paramount gemacht. Die Verantwortlichen beim Studio waren wirklich von Jon überzeugt. Sie kamen zu mir und meinten: das ist der richtige Typ für dich. Am Anfang hatte ich auch dieselben Fragen, die Sie gerade stellen. Ich habe mich mit ihm zusammengesetzt und gemerkt, dass Jon das G.I.-Joe-Franchise unglaublich gut versteht. Seine früheren Filme strahlen eine Ästhetik und Freude aus, die ich mir für diesen Film gewünscht habe. Außerdem hatte ich bereits eine Menge großer Actionfilme produziert. Also haben wir entschieden, ihm ein gutes Team zur Seite zu stellen. So haben wir ein Gerüst für Jon gebaut, auf das er sich stützen konnte.

Ricore: Wir konnten erst 15 Minuten aus dem Film sehen. Die Actionsequenzen sehen - gerade im Vergleich zum ersten Film - glatt poliert aus und haben einen interessanten Rhythmus. Ist das Jons Erfahrung als Tanzfilmregisseur zu verdanken?

Di Bonaventura: Stephen Sommers, der Regisseur des ersten Teils, hatte bereits eine eigene Action-Ästhetik. Darauf konnte ich als Produzent nicht sonderlich stark einwirken. Jon muss seine Ästhetik erst noch finden. Mit George Marshall Ruge hat er einen tollen Second-Unit-Regisseur mitgebracht, der viel mit dem Look zu tun hatte. Es war eine Kombination von verschiedenen Leuten, die dazu beigetragen hat. Aber es war auf jeden Fall etwas, was Jon und ich vorher so besprochen hatten. Wir wollten ein höheres Testosteron-Level und einen glatteren Look.
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Dwayne Johnson in "G.I. Joe: Die Abrechnung"
Nur Filme wie "Training Day" und "Matrix"?
Ricore: Wie stark unterscheidet sich Ihre Arbeit als Produzent, wenn der Regisseur so unerfahren ist, im Vergleich zu einer Zusammenarbeit mit jemandem wie Michael Bay?

Di Bonaventura: Die Unterschiede sind immens. Ich hatte das Glück, drei Filme mit Michael Bay zu machen. Ich habe eine Menge Tricks von ihm gelernt, die ich an Jon weitergeben kann. Ich habe mir einen Wissensfundus aufgebaut, aus dem ich schöpfen kann. Michael weiß eine Menge darüber, wie man Actionfilme macht. In dieser Hinsicht ist es sehr anders. Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten. Als Produzent tut man, was man kann, um dem Regisseur den Druck zu nehmen. Man muss sicherstellen, dass er seinen Job machen kann. Je mehr Zeit der Regisseur hat, kreativ zu sein, desto besser. Wir versuchen, uns um viele Details zu kümmern und die finanziellen Fragen zu klären.

Ricore: Sie machen viele Filme, die traditionell eher der Geek-Kultur zuzurechnen sind wie Comic- und Videospielverfilmungen oder Science-Fiction und Fantasy. Woher kommt dieses Interesse?

Di Bonaventura: Wissen Sie, wenn es nur nach mir gehen würde, würde ich nur Filme wie "Training Day", "Matrix" oder "Der Sturm" machen. Aber solche Projekte sind sehr schwer zu finden. Aber ich liebe auch das Popcorn-Kino. Es macht Spaß dem Publikum solche Filme zu bieten. Toll an Science-Fiction und Fantasy ist auch, dass man etwas Unvorhersehbares machen kann, was immer schwerer wird. Ein wichtiges Element von Unterhaltung ist die Überraschung. Unser Publikum ist sehr anspruchsvoll und hat ein großes Filmwissen. Es gibt so viele Wege, sich heute Filme anzuschauen durch DVDs und leider auch mit Raubkopien. Die Zuschauer kennen viele Tricks und wissen viel über das Storytelling. Wenn man das Publikum überraschen will, muss man sich etwas einfallen lassen. Mit sprechenden Robotern kann man Bereiche erreichen, die noch unbekanntes Land sind.

Ricore: Richten wir den Blick in die Zukunft. Wie ist der Stand bezüglich der Fortsetzung von "Salt"?

Di Bonaventura: Wir mühen uns gerade ein wenig damit ab. Aber wir werden es hinkriegen. Salt ist eine tolle Figur und Angelina Jolie ist auch interessiert. Was ich an "Salt" liebe, ist, dass der Film alle Regeln bricht. Die Heldin ist extrem ambivalent. Die Arbeit an der Fortsetzung dauert so lange, weil wir die Qualität des ersten Films erreichen wollen. Im Gegensatz zu Jason Bourne oder James Bond weiß man bei der Figur Salt nie, wo es hingehen wird. Es ist schwer um diese Figur herum eine gute Story zu entwickeln.

Ricore: Sie sind an Filmen mit riesigen Budgets beteiligt. Fühlt sich das nicht manchmal irreal an?

Di Bonaventura: Ach, ich habe genug mit meinem eigenen Leben zu tun, um darüber zu viel nachzudenken. Ich denke immer an die Zukunft. Wenn man diese großen Filme macht, hat man die Möglichkeit ein Spektakel zu erschaffen, das hoffentlich noch niemand gesehen hat. Aber man hat eine große Verantwortung, wenn man so viel Geld zur Verfügung hat. Das macht man nicht so nebenbei. Ich mache gerade einen Film mit Steven Soderbergh, der ungefähr 20 Millionen Dollar kostet. Das ist eine unglaublich entspannende Erfahrung für mich. Die Bürde, etwas mit hoher Qualität abzuliefern, ist allerdings immer noch da. Es gibt dieses Bild von Produzenten und Regisseuren, die unglaublich verschwenderisch und angeberisch sind. Tatsächlich arbeiten die meisten von uns wirklich hart daran, unserer Arbeit einen Wert zu verleihen und verantwortungsbewusst zu sein.

Ricore: Ein anderer Aspekt bei diesen großen Franchise-Filmen ist, dass sie an der Kinokasse extrem erfolgreich sind, bei den Kritikern aber oft durchfallen. Interessiert es sie noch, was Filmkritiker sagen?

Di Bonaventura: Ich glaube niemandem ist es egal, wenn er kritisiert wird. Natürlich will man, dass die Kritiker deinen Film mögen. Allerdings ist es dazu gekommen, dass Filmkritiker überhaupt kein Verständnis für diese Art von Film haben. Damit haben sie sich überflüssig gemacht. Das Publikum denkt sich: wir haben all diese schlechten Kritiken gelesen aber im Kino hatten wir einen Riesenspaß. Man muss einen Film danach bewerten, was er ist. Man kann doch "Transformers" nicht mit "The King's Speech" vergleichen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Die Kritiker scheinen alles aus einem ganz bestimmten, engen Blickwinkel zu beurteilen. Aber natürlich würde es mir gefallen, wenn die Kritiken positiv ausfallen würden.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 29. März 2013
Zum Thema
Der 1957 in New York geborene Sohn des Orchester-Dirigenten Mario di Bonaventura studiert zunächst Geistesgeschichte in Harvard und macht anschließend einen Master in Betriebswirtschaftslehre an der Falling Down - Ein ganz normaler Tag", "Matrix", "Ocean's Eleven" und "Training Day" beteiligt. 2003 gründet er seine eigene Produktionsfirma - Transformers" und dessen Fortsetzungen mit Michael Bay zusammen.
In "G.I. Joe: Die Abrechnung" bekommt es Roadblock (Dwayne Johnson) mit seiner Elite-Einheit G.I. Joe wieder mit der mörderischen Organisation Cobra zu tun. Deren Anführer Zartan (Arnold Vosloo) hat die US-Regierung infiltriert und trachtet danach, sich die Welt untertan zu machen. Als er einen mörderischen Anschlag auf Roadblocks Truppe verübt, schört dieser Rache. Unterstützung bei seinem Gegenangriff bekommt er von General Joe Colton (Bruce Willis). Wie "G.I. Joe - Geheimauftrag Cobra" kann..
2024