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Axel Prahl spricht den Kommentar von "Die Nordsee - Unser Meer"
'Mein Begräbnis sollte eine Seebestattung sein'
Interview: Axel Prahl fasziniert vom Meer
Nicht nur als "Tatort"-Ermittler hat es Axel Prahl weit gebracht. Seit 2002 ermittelt der Schauspieler an der Seite Jan Josef Liefers' in Münster. Die Erfolgswelle ist ungebrochen, was sicher auch an dem komödiantischen Grundton der Serie liegt. Auch in der Dokumentation "Die Nordsee - Unser Meer" spielt der Humor eine wichtige Rolle. Prahl tritt hier als Erzähler auf. Ob der 53-Jährige im wahren Leben ein lässiges oder eher ernstes Gemüt hat, verrät er Filmreporter.de im Interview.
erschienen am 18. 04. 2013
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Die Nordsee - Unser Meer
Ricore Text: Herr Prahl, Sie sind im schleswig-holsteinischen Eutin geboren und an der Ostsee aufgewachsen. Inwiefern mussten Sie den Lokalpatrioten in sich überwinden, um einen Film über die Nordsee zu sprechen.

Axel Prahl: Mit dem Lokalpatriotismus habe ich es eh nicht so. Insofern fiel mir die Aufgabe relativ leicht. Es gibt überall auf der Welt wunderbare Landstriche, die man entdecken und für sich gewinnen kann. 'Il mare e sempre il mare', heißt es bei Homer. Das trifft auf die Nordsee umso mehr zu, weil sie eine Verbindung zum Atlantik und damit zu allen anderen Meeren hat.

Ricore: Wie ist Ihre persönliche Beziehung zum Meer?

Prahl: Ich habe eine sehr tiefe Beziehung zum Meer. In Eutin war ich eigentlich nur zwei Stunden im Kreißsaal, aufgewachsen bin ich in Neustadt in Holstein am Meer. Ich hatte eine traumhafte Kindheit mit sehr viel Wasser. Mein Leben hat sich maßgeblich am Wasser abgespielt. Selbst Kiel, wo ich ab meinem 22. Lebensjahr anfing zu studieren, liegt am Meer.

Ricore: Können Sie diese Faszination in Worte fassen?

Prahl: Das Meer hat einfach in den unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedliche Faszinosa. Das fängt mit der winterlichen Landschaft an, in der man wunderbare Spaziergänge bei blauem Himmel und weißem Strand mit Meeresrauschen im Hintergrund machen kann. Das finde ich einfach toll. Ich finde die Weite einfach großartig. Es gibt nichts, dass das Auge hält. Man kann sich sehr schnell in Gedanken verlieren bzw. vertiefen.

Ricore: Ist diese Faszination erfahrungsbedingt oder elementar-menschlich? Es zieht den Menschen irgendwann notgedrungen zum Wasser, ob er will oder nicht, heißt es sinngemäß in Herman Melvilles "Moby Dick".

Prahl: Es gab vom NDR mal eine Aktion, bei der Prominente eine Bank im Norden aufstellen und sie mit einem Spruch versehen durften. Ich habe eine in meinem Heimatörtchen Pelzerhaken aufgestellt und darauf einen Spruch eingravieren lassen, den ich selber verfasst habe. 'Wenn alles, was da lebt, aus Wasser ist, dann muss das Meer doch mehr sein als nur Meer'. Wenn dem so ist, dann will ich später dort auch wieder hin. Mein Begräbnis sollte eine Seebestattung sein. Ohne Wasser kein Leben. Insofern ist das ein sehr wichtiges Element.

Ricore: Muss man sich die Nordsee durch "Die Nordsee" anders denken? Vom kühlen, grauen, windigen Norden ist darin nicht viel zu sehen.

Prahl: Es kommt daher, dass sich im Film auch einiges unter Wasser abspielt. Man ahnt nicht, wie erstaunlich farbig es dort unten ist. Der Film bietet die Möglichkeit, Informationen über die Nordsee zu erlangen, die einen berühren und ansprechen. Ob ihm das gelingt, ist individuell sehr unterschiedlich. Mich jedenfalls hat er sehr angesprochen. Insofern hat er mich wieder gespannt auf die Nordsee gemacht. Man erlebt darin einen kleinen anderthalbstündigen Kurzurlaub.
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Axel Prahl leiht der Doku "Die Nordsee - Unser Meer" seine Stimme
Ricore: Reisen Sie gerne an die Nordsee?

Prahl: Ich bin früher wahnsinnig gerne in Dänemark gewesen. Durch meinen Standort in Berlin ist das nicht mehr so naheliegend. Man kommt von dort nicht einfach soeben hin. Insofern sind meine Reisen an die Nordsee in letzter Zeit etwas seltener geworden. Ich besuche aber noch immer sehr gerne die Husumer Filmtage, ein sehr sympathisches kleines Festival in Schleswig-Holstein.

Ricore: Wie erklären Sie sich die Anhäufung von Natur-Dokumentationen in den letzten Jahren?

Prahl: Das beobachtet man auch in der Belletristik und an den Zeitschriften. In letzter Zeit funktionieren vor allem Zeitschriften wie "Unser Garten" sehr gut. Für mich ist das ein Beleg dafür, dass es in unserer technisierten Welt ein unglaubliches Bedürfnis nach Natur und Erdung gibt.

Ricore: Spricht daraus auch ein Bedürfnis nach Heimat, was schon durch Titel wie 'unser Meer', 'unser Wald', 'unser Garten' usw. angesprochen wird?

Prahl: Ja, dem würde ich unbedingt beipflichten. Durch die mediale Berichterstattung schrumpft unsere Welt mehr und mehr zu einem kleinen Dorf zusammen. Umso wichtiger werden für jeden Einzelnen die Fragen: Was ist meine Identität? Wo ist mein Zuhause? Wo schlägt mein Herz.

Ricore: Wo schlägt Ihr Herz?

Prahl: Meine Wurzeln sind ganz eindeutig am Meer, und zwar in der Ostsee.

Ricore: War diese Verbundenheit mit dem Meer der Grund, wieso man auf Sie hinsichtlich der Synchronisation von "Die Nordsee - Unser Meer" zugetreten ist.

Prahl: Sicher. Ein weiterer Grund war die Tatsache, dass ich kurz vor dem Film eine CD mit dem Titel "Blick aufs Mehr" herausgebracht habe. Ich befasse mich sehr viel mit maritimen Themen. Ich habe viele Songs dazu im Repertoire und habe darüber hinaus zwei Hörbücher gemacht, "Sturmkap" und "Northwestern".

Ricore: War der Humor von "Die Nordsee" von Anfang an angelegt oder haben Sie in diesem Punkt kreativ mitsprechen können?

Prahl: Von Anfang an war es so gedacht, dass der Film nicht wie eine bierernste Sachdokumentation daherkommt. Vielmehr haben wir versucht, zu 'menscheln'. Das fand ich sehr sympathisch. Einer meiner erklärten Lieblingsfilme ist "Die lustige Welt der Tiere". Es ist toll, wie der Sprecher so wunderbar trocken die unterschiedlichen Situationen der Tiere kommentiert. Das ist als Vorbild sehr schön.
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Axel Prahl in "An Enemy to die for"
Ricore: Ein weiterer roter Faden in Ihrer Karriere ist der Münsteraner "Tatort". Haben Sie bei zwei Folgen pro Jahr noch Zeit für andere Projekte?

Prahl: Bisher hatte ich erfreulicherweise immer Zeit für andere Projekte. Ich konnte "Die Nordsee" machen und "An Enemy to die for", der seit dem 04. April in den Kinos läuft. Kürzlich habe ich in Saarland "Der Bau" gedreht, der auf einer Erzählung von Franz Kafka basiert und von Jochen Alexander Freydank inszeniert wurde. Er hat einen gesellschaftspolitischen Thriller daraus gemacht. Ich habe also noch genügend Zeit für andere Projekte. Nichtsdestotrotz sind die Zeitfenster aufgrund der Fülle der Projekte recht klein geworden.

Ricore: Ihr "Tatort" ist noch immer sehr erfolgreich, die letzte Folge knackte sogar den Zuschauer-Rekord. Es gibt also keinen Grund damit aufzuhören, oder?

Prahl: Ich sage immer, man sollte dann aufhören, wenn es am schönsten ist. Die Verträge laufen auf jeden Fall noch bis Ende 2014. Bis dahin ist alles gesichert. Was danach passiert, wird sich zeigen.

Ricore: Die nächste Frage möchte ich mit einem lieben Gruß von meinem Kollegen stellen. Er ist Münsteraner und hat sich gefragt, warum ihr Charakter im "Tatort" kein Preußen-Münster-, sondern St.-Pauli-Fans ist.

Prahl: (lacht). Ihm wird sicher aufgefallen sein, dass wir kürzlich einen Preußen-Münster-Wimpel auf dem Schreibtisch von Frank Thiel stehen hatten. Den hat mir jemand untergejubelt und ich habe ihn stehen lassen.

Ricore: Im Ernst: Nehmen es Ihnen die Münsteraner Fußball-Fans nicht übel, dass Sie einem anderen Fußball-Club den Vorzug gegeben haben?

Prahl: Bisher erfreulicherweise nicht. Ich bin ein großer Sympathisant des FC St. Pauli, halte es aber trotzdem für möglich, dass ein zweiter Verein Platz in meinem Herzen findet.

Ricore: Ein wichtiges Element des Münsteraner "Tatort" ist der Humor. Sind Sie auch privat eher lässig drauf?

Prahl: Unbedingt. Meine Eltern und ich verabschieden uns immer mit den Worten 'immer schön fröhlich bleiben'. Ohne Humor wäre das Leben ein finsteres Dasein. Humor ist für mich in vielen Lebenslagen ein Rettungsanker.

Ricore: Sie haben mit Andreas Dresen sehr erfolgreich zusammengearbeitet. Wird es in Zukunft weitere gemeinsame Projekte geben?

Prahl: Zurzeit arbeiten wir vornehmlich musikalisch zusammen. Was eine filmische Zusammenarbeit angeht, so muss es thematisch erst einmal passen. Ansonsten würde ich liebend gerne mit Andreas zusammenarbeiten. Er ist ein kluger und großartiger Regisseur.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 18. April 2013
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Axel Prahl bricht nach einem Jahr die Ausbildung in einem Metallberuf ab, um seiner künstlerischen Berufung zu folgen. Zunächst lebt er als Straßenmusiker in Spanien, später holt er sein Fachabitur nach. Fünf Semester studiert er an der Pädagogischen Hochschule in Kiel Mathematik und Musik bevor er 1985 ein Schauspielstudium dranhängt. Der 1960 in Eutin geborene Künstler praktiziert Schauspiel und Musik lange Zeit parallel. Nachtgestalten" in der Rolle eines Polizisten zu sehen. Seitdem wird..
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