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Ryan Gosling manchmal auch Ballett-Tänzer
Abseits des Mainstream
Interview: Ryan Gosling auf der Suche
Kann man sich Ryan Gosling auf dem Tanzparkett eines Ballett-Studios vorstellen? Wir kennen ihn doch als taffen Stuntman in Nicolas Winding Refn "Drive". Mit der Rolle des Bankräubers in Derek Cianfrances Drama "The Place Beyond the Pines" wird der Schauspieler seinem Image gerecht, wortkarge, extrem agierende Figuren darzustellen. Dennoch schwingt der Frauenschwarm im Privaten gelegentlich als Ballett-Tänzer das Bein, wie Filmreporter.de im Interview mit dem 32-Jährigen erfahren hat. Seine zweite Sportart ist das Boxen. Das klingt doch eher nach Gosling, oder? Wir haben nachgefragt...
erschienen am 18. 06. 2013
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Extrem: Ryan Gosling in "The Place Beyond the Pines"
Ricore: Sie und Derek Cianfrance scheinen Seelenverwandte zu sein. Fühlen sich andere Schauspieler da nicht manchmal außen vor?

Ryan Gosling: Nein, gar nicht. Ich habe mir gestern "The Place Beyond the Pines" angeschaut und mir gedacht, dass darin alle großartig sind. Jeder gibt in Dereks Filmen immer das Beste. Das ist sehr interessant und ich frage mich oft, wie er das hinkriegt. Wir kennen uns schon so lange, sind miteinander befreundet und haben bereits zwei Filme zusammen gemacht. Trotzdem habe ich keine Ahnung, wie er mit anderen Schauspielern umgeht. Er arbeitet nie in meiner Gegenwart mit anderen zusammen. Es ist ein sehr privater Prozess. Insofern denke ich, dass jeder Schauspieler seine eigene Dynamik mit Derek hat.

Ricore: In "The Place Beyond the Pines" gibt es einige beeindruckende Motorradszenen. Fahrend Sie auch privat Motorrad?

Gosling: Als ich noch in die Schule ging, wurde ich Zeuge, wie ein Motorradfahrer mit einem Auto kollidierte. Der Mann lag verletzt auf der Straße. Ich kam zu ihm und sah, wie er aus dem Kopf blutete. Mein erster Gedanke war: Ich muss mir ein Motorrad besorgen (lacht). Ich weiß, etwas war in meinem Kopf durcheinandergeraten. Insofern hat sich mit diesem Film ein Traum von mir erfüllt. Ich dachte, ich könnte gut mit einem Motorrad umgehen. Als ich Rick Miller [Goslings Stuntman; Anmerkung der Redaktion] traf, merkte ich jedoch, dass ich auf einem ganz anderen Level fahre. Rick ist einer der besten Motorradfahrer der Welt.

Ricore: Im Film gibt es einen unglaublichen Stunt, bei dem ihr Charakter in der so genannten Kugel des Todes kopfüber fährt. Gehören solch spektakuläre Tricks auch zu Ihren Fantasien?

Gosling: Ich wusste nicht einmal, dass es so etwas gibt. Den Stunt wollte ich gerne selber tun, es wurde mir aber nicht erlaubt. Ich habe es aber mit einem BMX-Fahrrad ausprobiert (lacht).

Ricore: Beide Filme, die Sie mit Derek Cianfrance gedreht haben, handeln von intimen Beziehungen. War Ihnen diese Parallele bewusst?

Gosling: Um ehrlich zu sein wollte ich dabei sein, als ich hörte, dass ich in "The Place beyond the Pines" einen Motorrad fahrenden Bankräuber spielen würde, (lacht). Erst später wurde mir bewusst, welche Tiefe die Figur besitzt.

Ricore: Bei "How to Catch a Monster" führen Sie erstmals Regie...

Gosling: Ja. Es handelt sich um ein Fantasy-Noir und es hat mir großen Spaß gemacht, den Film zu drehen. Die Geschichte handelt von einer Mutter, deren zwei Kinder in die Unterwelt geraten. In den Rollen werden Christina Hendricks, Ben Mendelsohn und Eva Mendes zu sehen sein.
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Ryan Gosling, Derek Cianfrance und Eva Mendes am Set von "The Place Beyond the Pines"
Ricore: Was hat Sie dazu bewogen, auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen?

Gosling: Es ist eine Geschichte, die ich schon immer gerne erzählen wollte. Ich befinde mich als Regisseur aber in der Anfangsphase. Ich fürchte also, dass ich Ihnen bezüglich dieses Themas kein guter Gesprächspartner bin (lacht).

Ricore: Sind sie jemand, der im Hier und Jetzt lebt?

Gosling: Wenn man mit Derek arbeitet, lernt man den Wert des Augenblicks zu schätzen. Ich kann mich an unseren ersten Drehtag bei "Blue Valentine" erinnern. Wir waren mit der Kamera in einem Bahnhof, als wir dieses küssende Pärchen sahen. Beide trugen rosa Winterjacken. Es war echte Liebe. Andrij (Kameramann Andrij Parekh) hielt mit seiner Kamera drauf und filmte die beiden. Wir waren sehr glücklich. Das erste, das wir für den Film drehten, war die große wahre Liebe. Später fragten wir das Pärchen, ob wir sie wieder filmen dürfen. Wir wollten ihre Liebe festhalten. Dann entdeckte uns die Polizei und wir mussten den Zug verlassen. Andrij stieg zuerst aus und filmte mich von außen beim Aussteigen. Eine weitere Aufnahme zeigt mich, wie ich die Gleise entlang laufe. In einem groß finanzierten Film hätten wir dafür den ganzen Gleisabschnitt absperren müssen, was uns sehr viel Geld gekostet hätte.

Ricore: Sie scheinen diese Art von Guerilla-Filmemachen zu mögen.

Gosling: Na ja, wissen Sie … [überlegt lange] - ja (lacht).

Ricore: Ein anderer Filmemacher, mit dem Sie zum wiederholten Mal zusammengearbeitet haben, ist Nicolas Winding Refn. Was erwartet uns bei "Only God Forgives"?

Gosling: Ich finde es schön, mit denselben Menschen zusammenzuarbeiten. Ich mag die Vorstellung nicht, für ein Projekt mit Menschen zusammenzuarbeiten und das war's dann. Kaum hat man richtig angefangen, ist es bereits vorbei. Das habe ich oft genug in meinen Zwanzigern gemacht. Jetzt möchte ich sehen, wie weit ich in kreativen Beziehungen komme.
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Michelle Williams und Ryan Gosling in "Blue Valentine"
Ricore: In "Blue Valentine" singen und spielen Sie Ukulele. Tanzen Sie privat auch?

Gosling: Ja, im Film habe ich selbst gesungen und mit Michelle Williams als Hauptdarstellerin war das ein unvergesslich romantischer Moment. Was das Tanzen angeht, so tanze ich gerne Salsa, wild und sexy.

Ricore: Sie sind Musiker und haben eine Indie-Rockband, die sich Dead Man's Bones nennt. 2009 waren sie auf Tour. Arbeiten Sie derzeit an einem musikalischen Projekt?

Gosling: Ich drehe zurzeit zu viele Filme, als dass ich Zeit für Musik hätte. Ich werde die Musik aber niemals aufgeben, sie ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich könnte ohne Musik nicht leben.

Ricore: Sie engagieren sich auch sozial. Gibt es in diesem Zusammenhang eine Erfahrung, die besonders in Erinnerung geblieben ist?

Gosling: Die Reise nach Kongo. Es ist ein magischer und mystischer Ort. Er ist reich an Öl und Mineralien, die einen Großteil unseres Lebens ausmachen. Selbst wenn man kein Geld für das Land spenden will, sollte man eine Petition gegen internationale Konzerne unterschreiben, damit diese keinen Rohstoff kaufen, der aus dem Kongo-Konflikt gewonnen wurde.

Ricore: Welche Erfahrungen haben Sie in Kongo gemacht?

Gosling: Ich war in einem Krankenhaus, in dem Kinder lagen, die im Krieg verletzt wurden. Es war für mich ein sehr emotionaler Moment und ich verstand, wie wichtig es ist zu handeln. Vor allem als Star hat man die Verantwortung, etwas zu unternehmen, damit andere Menschen es als Beispiel betrachten.

Ricore: Was gefällt Ihnen am Schauspielberuf besonders?

Gosling: Für mich ist es wichtig, die bestmögliche Darstellung zu erbringen. Ich versuche mich zu konzentrieren und gebe mein Bestes, um mich dem jeweiligen Charakter zu widmen.
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Mal hart mal soft: Ryan Gosling
Ricore: Eines Ihrer nächsten Projekte ist eine Rolle im neuen Film von Terrence Malick. Können Sie uns schon etwas darüber verraten?

Gosling: Nicht viel, nur dass Rooney Mara mitspielt und die Geschichte von einer dramatischen und obsessiven Dreiecksbeziehung handelt.

Ricore: Für "Half Nelson" waren Sie für den Oscar nominiert...

Gosling: Ich ging mit meiner Mutter und meiner Schwester zur Verleihung. Ich sagte ihnen: 'Ihr müsst mitkommen, da es ein zweites Mal vielleicht nicht geben wird'. Sie waren sehr lustig, weil sie nervöser waren als ich.

Ricore: Haben Sie ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwester?

Gosling: Wir sind uns sehr nahe und ich betrachte mich als ihren großen Beschützer. Wenn ich einen Mann in ihrer Nähe sehe, sage ich ihm, dass er die Hände von ihr lassen soll. Selbst wenn es sich dabei um einen Star handelt.

Ricore: Sie haben ein unautorisiertes Buch über Sie geschrieben und darin behauptet, dass sie ein Feminist seien.

Gosling: Nach der Scheidung meiner Eltern wuchs ich mit meiner Mutter und meiner Schwester auf. Ich war der einzige Mann im Haus. Ich glaube, seid dieser Zeit verstehe ich, wie Frauen denken.

Ricore: Vor einigen Monaten sah man Sie mit Ihrem Hund George im Fernsehen. Sie haben ihm einen Mohikaner-Schnitt verpasst.

Gosling: (lacht). Tatsächlich? Mit dem Haarschnitt sah er wie ein 'besserer Mensch' aus. Mochten Sie es?
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Ryan Gosling in "Only God Forgives"
Ricore: Das sah cool aus. Wie ist Ihre Beziehung zu George?

Gosling: Er ist ähnlich verrückt wie ich.

Ricore: Wie gefällt Ihnen das Leben in New York?

Gosling: Ich bin mit 30 Jahren in diese Stadt gezogen. Viele meiner Freunde sagten mir, dass ich anders bin, obwohl ich mich nicht anders fühlte. Also entschied ich mich, etwas anderes zu tun und ging zusammen mit George nach New York. Es ist eine erstaunliche, sehr interessante Stadt. Vor allem gibt es hier viele schöne Frauen.

Ricore: Sie waren bereits als kleiner Junge bei Disney Channel ein Star und haben gemeinsam mit Britney Spears und Justin Timberlake gesungen. Hat Ihnen diese Zeit für Ihre Karriere im Filmgeschäft geholfen?

Gosling: Ich mochte es schon immer, vor Zuschauern aufzutreten. Mit der Schauspielerei fing ich an, als ich sechs Jahre alt war. Ich hatte es nicht geplant, sondern bin in diesen Beruf irgendwie hineingeraten. Manchmal frage ich mich, was ich da wirklich tue.

Ricore: Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Rollen aus?

Gosling: Wenn ich einen Song höre, bei dem ich einfach tanzen muss, kann ich nicht erklären, warum das so ist. Ich muss einfach tanzen. So ähnlich ist es mit meiner Rollen-Auswahl.

Ricore: Sie spielen in ihren Filmen oft taffe Kerle. Wie halten Sie sich fit?

Gosling: Ich mag keine Fitness-Center. Ich bevorzuge lieber Boxen und Ballett. Dadurch erreiche ich eine sehr gute Balance, auch wenn ich nicht besonders gut Ballett tanzen kann. Jedenfalls merke ich immer wieder, dass die Menschen über mich lachen, wenn sie mich tanzen sehen. Es macht mir trotzdem Spaß und darauf kommt es doch am Ende an.

Ricore: Danke für das Gespräch.
erschienen am 18. Juni 2013
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2024