Ascot Elite
Joseph Gordon-Levitt in "Don Jon"
Von alten Erwartungen lösen
Interview: Ratgeber Joseph Gordon-Levitt
Als Schauspieler hat es Joseph Gordon-Levitt geschafft. Er spielt komplexe Figuren in Independent-Projekten wie "Hesher - Der Rebell" und ist das Zugpferd in aufwendigen Genre-Produktionen wie "Looper". Jetzt feiert er als Drehbuchautor und Regisseur mit "Don Jon" seinen Einstand. Dabei hat er es sich nicht nehmen lassen, auch die Hauptrolle zu verkörpern. Und die hat es in sich, spielt Joseph Gordon-Levitt darin doch einen pornosüchtigen Frauenverführer. Filmreporter.de trifft den 32-Jährigen Anfang 2012 im Rahmen der Berlinale, wo die Tragikomödie im Panorama gezeigt wird.
erschienen am 14. 11. 2013
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Joseph Gordon-Levitt in "Don Jon"
Viel Porno gesehen?
Ricore Text: In "Don Jon" gibt es ziemlich viele Porno-Filmausschnitte zu sehen. Durch wie viele Pornoseiten haben Sie sich gearbeitet, um an das Material zu gelangen?

Joseph Gordon-Levitt: (lacht). Das war eine Gemeinschaftsarbeit, an der mehrere Personen beteiligt waren. Es steckt sehr viel Arbeit dahinter. Unser Ziel war es, durch Montagesequenzen von den Bildern abzulenken, die sich zwar pornografisch anfühlen, es aber nicht wirklich sind. Es sollte eine Illusion geschaffen werden, dass es sich um Pornografie handelt.

Ricore: Wird es der Film wegen seiner Nacktszenen in den USA schwer haben, Zuschauer zu finden.

Gordon-Levitt: Das glaube ich nicht. Hier auf der Berlinale wurde die Festival-Version gezeigt. Wir sind immer noch dabei, den Film zu verfeinern. Auch andere Filme, in denen ich mitwirkte - zum Beispiel "Hesher - Der Rebell" oder "Brick" - hatten nach der Festivalaufführung eine andere Kinoversion. Man lernt sehr viel, wenn man ein Werk vorab dem Publikum präsentiert. Es ist eine aufschlussreiche Erfahrung. "Don Jon" ist durchaus ein Mainstream-Film. Es ist oft vorgekommen, dass die populärsten Werke unserer Kultur Grenzen ausdehnen. Das war auch meine Absicht. Ich wollte keinen Film machen, den jeder großartig findet, sondern einen, der die Zuschauer zur Diskussion anregt.

Ricore: "Don Jon" ist Ihr erster Film als Regisseur. Wie nervös waren Sie vor dem 'ersten Mal'?

Gordon-Levitt: Ich arbeite seit 25 Jahren im Filmgeschäft, war schon auf einigen Filmsets und habe mit etlichen Regisseuren zusammengearbeitet. Damit will ich nicht sagen, dass ich abgeklärt bin. Nervös wäre wohl jeder in meiner Situation. Ich war vor allem aufgeregt und dankbar für die Möglichkeit.

Ricore: Wie kamen Sie auf das Thema?

Gordon-Levitt: Ich wollte eine Geschichte über Liebe erzählen. Oft stellt sich der Liebe die Tatsache in den Weg, dass die Menschen sich gegenseitig objektivieren. Anstatt uns als Individuen wahrnehmen, neigen wir dazu, das Gegenüber mit Erwartungen abzugleichen. Die werden uns mit der Erziehung eingeflößt, wir kriegen sie von der Familie und von Freunden mit. Oder sie entstehen durch unsere mediale Erfahrung. "Don Jon" zeigt auf der einen Seite einen jungen Mann, der zu viele Pornofilme konsumiert, auf der anderen Seite eine junge Frau, die sich nur Hollywood-Romanzen anschaut. Ihre Vorstellungen voneinander werden wesentlich von den sie umgebenden Medien beeinflusst.
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Scarlett Johansson und Joseph Gordon-Levitt in "Don Jon"
Joseph Gordon-Levitt zu männlichen Klischees
Ricore: Haben auch Sie diese Erfahrung gemacht?

Gordon-Levitt: Wir müssen alle eine Balance herstellen. Es gibt viel zu viele Außeneinflüsse, denen wir ausgesetzt sind. Wir müssen entscheiden, welchen Einflüssen wir nachgeben und welche wir ablehnen, um stattdessen unsere eigene Perspektive zu entwickeln.

Ricore: Was ist der Schlüssel für eine gesunde Beziehung?

Gordon-Levitt: Dem Partner zuhören und ihm Aufmerksamkeit schenken. Ihn nicht mit Erwartungen und Idealen vergleichen, sondern ihn so nehmen, wir er ist. Man sollte ihn um seine Einzigartigkeit schätzen.

Ricore: Männer und Frauen gleichen sich gesellschaftlich immer mehr an. Muss das hergebrachte Männlichkeitsbild hinterfragt werden?

Gordon-Levitt: Im Zusammenhang mit der Emanzipation geht es immer darum, wie Frauen auf bestimmte Rollenmuster reduziert werden. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist gut, dass darüber geredet wird. Historisch besteht kein Zweifel daran, dass Frauen gesellschaftlich den Kürzeren gezogen haben. Sie wurden in vielerlei Hinsicht unterdrückt. Vor diesem Hintergrund sollten wir aber nicht die Tatsache ignorieren, dass auch Männer in Schubladen gesteckt werden. Darum geht es auch in "Don Jon". Es geht um einen Mann, der sich gemäß den Klischees über das Männliche verhält.
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Joseph Gordon-Levitt in "Don Jon"
Ein Kinobesuch für die erste Verabredung ist keine gute Idee
Ricore: Fühlen Sie sich als Medienmensch nicht manchmal auch objektiviert?

Gordon-Levitt: Schauspielerinnen und Schauspieler werden in unserer Kultur tatsächlich in großem Maße verdinglicht, und sicher ist das ein Grund, wieso ich "Don Jon" gemacht habe. Andererseits sind wir Schauspieler nicht die einzigen, die eine Erwartung erfüllen müssen. Jeder Mensch wird einer Objektivierung unterworfen. Das ist ein universelles Problem.

Ricore: Es überrascht, dass Sie sich als Jude für einen katholischen Protagonisten entschieden haben.

Gordon-Levitt: Es ging mir nicht um den Katholizismus per se. Viele Menschen bekommen viel vom Glauben, egal ob es sich um das Judentum, den Katholizismus oder eine andere Religion handelt. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Andererseits gehen viele in die Kirche, nur weil sie glauben, dass sie es müssen. Genau so einer ist Don Jon.

Ricore: Wie Steve McQueens "Shame" zeigt auch "Don Jon", dass Männer offenbar nicht zu einer dauerhaften Beziehung fähig sind. Ist das ein Zeitphänomen?

Gordon-Levitt: Ich muss mir "Shame" wirklich mal ansehen. Der Vergleich kommt immer wieder und ich kenne den Film nicht einmal (lacht). Ich glaube nicht, dass Jon unsere Zeit repräsentiert. Solche Figuren hat es nicht nur im Kino, sondern auch in der Literaturgeschichte immer wieder gegeben. Daher gab ich ihm den Namen 'Don Jon' als Anlehnung an 'Don Juan'. Jon ist ein Archetyp und sein Verhalten repräsentiert ein Schema in der menschlichen Natur. Er hat etwas Zeitloses an sich.

Ricore: Eignet sich Ihr Film für eine Verabredung zwischen Mann und Frau?

Gordon-Levitt: (lacht). Ich persönlich glaube, dass ein Kinobesuch für die erste Verabredung generell keine gute Idee ist. Bei einer Verabredung sollte man nicht still in einem dunklen Kinosaal sitzen, sondern mit dem Partner reden. Abgesehen vom ersten Date ist "Don Jon" durchaus für eine Verabredung zwischen Mann und Frau geeignet. Der Film ist sexy und lustig. Und drittens gibt es danach vieles, über das man reden kann. Darum geht es doch bei einer Verabredung: Man möchte ein interessantes Gespräch führen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 14. November 2013
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