20th Century Fox
Powerfrau Reese Witherspoon
'Respekt muss man sich verdienen'
Interview: Powerfrau Reese Witherspoon
Mit der Komödie "Natürlich blond!" gelingt Hollywoods Powerfrau Reese Witherspoon der große Durchbruch. Die Hauptrolle einer Blondine, welche die Werte des Feminismus für sich entdeckt, verweist bereits auf das künftige Rollenprofil der Schauspielerin: starke Frauenfiguren in unbequemen Filmen. Um an solche Rollen zu gelangen, gründet Witherspoon ihre eigene Produktionsfirma. "Der große Trip - Wild" gehört neben "Gone Girl - Das perfekte Opfer" zu den ersten Projekten dieser neuen Filmschmiede. In dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Drama spielt Witherspoon eine junge Frau, die als Ausweg aus einer existenziellen Krise eine Wanderung quer durch die USA unternimmt. Im Interview mit Ricore Text spricht die Oscar-Preisträgerin über ihre Begegnung mit der Wildnis, ihre Ängste im Vorfeld der Dreharbeiten und kanadische Regisseure.
erschienen am 13. 01. 2015
20th Century Fox
Reese Witherspoon: Frauenrollen sind in Drehbüchern nicht besonders spannend
Ich wollte starke Frauen auf der Leinwand
Ricore Text: Frau Witherspoon, Sie sind nicht nur Schauspielerin, zunehmend produzieren Sie Ihre Filme auch selbst und setzen dabei auf starke Frauenrollen in Hollywoodfilmen.

Reese Witherspoon: Vor Jahren war mir aufgefallen, dass Frauenrollen in den Drehbüchern nicht besonders gut sind. Also dachte ich, dass man etwas dagegen tun sollte. Ich wollte starke Frauen auf der Leinwand sehen. Wenn nicht ich, wer sonst sollte sich dafür einsetzen. Dann las ich das Skript zu "Der große Trip - Wild" und wollte unbedingt, dass der Film gemacht wird. Ich dachte, die Leute würden ihn lieben.

Ricore: Inwiefern war die Hauptrolle in "Wild" Neuland für Sie?

Witherspoon: Der Stoff fühlte sich wahrhaftig und revolutionär an. Kein Prinz kommt angeritten, um Cheryl zu retten. Sie tut es selbst und das ist großartig. Dennoch: Einige Wochen vor Beginn der Dreharbeiten, bekam ich Angst. Ich wusste nicht, wie ich den Film realisieren soll. Ich geriet in Panik, rief meinen Anwalt an und versuchte aus der ganzen Nummer wieder raus zu kommen.

Ricore: Wovor hatten Sie Angst?

Witherspoon: Vor sexuell expliziten Szenen und der Tatsache, dass ich im Film Drogen konsumieren soll. Ich wusste nicht, wie man das macht. Es waren so viele Sachen, die mir Sorgen bereiteten. Doch das Studio und mein Anwalt sagten mir, dass ich den Film machen muss. Ich dachte nur: Scheiße. Aber dann machte ich mich einfach an die Arbeit, die dann zu einer unglaublichen Erfahrung wurde.

Ricore: Ihre letzten drei Filme wurden von kanadischen Regisseuren inszeniert. Was hat es damit auf sich?

Witherspoon: Da geht etwas vor sich in Kanada. Es ist eine Art Kanadische Neue Welle. "Der Große Trip - Wild" ist ein Sonderfall: Die Geschichte stammt von einer Amerikanerin, ein Engländer schrieb das Drehbuch, ein Frankokanadier führte Regie und eine Australierin fungierte als Produzentin.

Ricore: Können Sie sich noch an Ihre Anfänge als Schauspielerin erinnern?

Witherspoon: Ich lebte damals in Nashville und hatte bereits einige Werbespotts gedreht. Ursprünglich wollte ich Ärztin werden. Mein Vater ist Arzt, meine Mutter Krankenschwester. Dann las ich in einer Anzeige, dass man für einen Film eine Schauspielerin sucht. Ich bewarb mich und bekam den Part. Ich hatte großes Glückt. Mein erster Auftritt in einem Film war eine Hauptrolle - im Alter von 14 Jahren.
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Schauspielerin und Produzentin Reese Witherspoon am Set
Wahre Berufung Ärztin?
Ricore: Was taten Sie nach diesem erfolgreichen Einstand?

Witherspoon: Ich ging zurück nach Nashville, um mich meiner wahren Berufung zu stellen und Ärztin zu werden. Meine Eltern sorgten dafür, dass ich zu Schule ging. Am Ende landete ich an der Universität in Stanford. Ich möchte die Uni gerne abschließen. Vielleicht warte ich, bis meine Tochter mit dem Studium anfängt, sodass ich mit ihr zur Uni gehen kann. Sie würde bestimmt sauer auf mich sein, aber das wäre mir egal (lacht).

Ricore: Ihren Durchbruch hatten Sie mit "Natürlich blond!". Die Komödie weckte Erinnerung an Lucille Ball, die zwar meist einfache Charaktere spielte, in Wirklichkeit aber eine kluge und starke Geschäftsfrau war.

Witherspoon: Ich habe großen Respekt vor Frauen, die Komödie machen. Alle Frauen, die einfach gestrickte Charaktere verkörpern, sind im wahren Leben klug. Respekt wird einem nicht geschenkt, den muss man sich verdienen. Bei Komödien musste ich immer doppelt so viel arbeiten.

Ricore: Sie kommen aus dem Süden der USA. Welche Vorteile hatte das für Sie als Schauspielerin?

Witherspoon: Wir sind gute Geschichtenerzähler. Geben Sie uns eine Minute und wir kauen ihnen das Ohr ab. Wir lieben es, Geschichten zu erzählen. Ich liebe den Süden sehr. Wir werden unentwegt unterschätzt. Ich habe einen Mann aus dem Norden geheiratet [Schauspielagent Jim Toth; Red.]. Die sind auch in Ordnung.

Ricore: Ihr Charakter in "Wild" unternimmt eine große Wanderung. Können Sie sich auch für das Wandern begeistern?

Witherspoon: Als ich in der siebten Klasse war, unternahm ich eine Rucksack-Reise. Sie endete damit, dass ich hinter einem Zelt einen Jungen küsste. Abgesehen davon habe ich so gut wie keine Wander-Erfahrung. Ich habe keine Ahnung, wie man ein Zelt aufbaut oder Lagerfeuer macht. Bei den Dreharbeiten zu "Wild" hatte ich Angst, mir die Augenbrauen zu versengen.
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Reese Witherspoon ist privat wenig gewandert...
Reese Witherspoon: ich bin nicht zart besaitet
Ricore: Haben Sie während der Dreharbeiten etwas von der Wildnis jenseits der Zivilisation mitbekommen?

Witherspoon: Ja, es gab da draußen Schlangen udn jede Menge Frösche. Es war ziemlich aufregend. Trotzdem: Ich bin in Tennessee aufgewachsen und bin daher nicht so zart besaitet.

Ricore: Gibt es Rollen, die Sie gerne spielen würden?

Witherspoon: Ich freue mich darauf, dass meine Rollen facettenreicher werden, je älter ich werde. Ich mag zum Beispiel die Bandbreite, die Naomi Watts verkörpert hat. Das würde mir auch gefallen.

Ricore: Haben Sie einen Lieblingsfilm?

Witherspoon: Sehr viele. Einer meiner Lieblingsfilme ist "Fieber im Blut" mit Natalie Wood. Ich sah den Film, als ich noch sehr jung war. Er hatte eine große Wirkung auf mich. Die letzten Momente des Films, in denen nicht gesprochen wird und die ganz Natalie Wood und Warren Beatty gehören, die waren großartig.

Ricore: Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt, Regie zu führen?

Witherspoon: Ich liebe die Schauspielerei und hätte nie gedacht, dass ich eines Tages auch als Produzentin tätig sein würde. Damit bin ich in der Position, anderen Leuten zu sage, was sie tun müssen. In diesem Sinne denke ich schon darüber nach, Regie zu führen.

Ricore: Gibt es noch etwas, über das wir uns noch nicht unterhalten haben?

Witherspoon: Meine Kinder, die zum Teil schon im Teenager-Alter sind. Die Tatsache, dass ich Kinder habe, hat nicht die Wahl meiner Rollen beeinträchtigt. Mit "Wild" habe ich den extremsten Film meiner Karriere gedreht. Dennoch habe ich mich darüber mit meiner Tochter offen unterhalten. Ich erzählte ihr von den expliziten Sexszenen und sie sagte: 'oh nein'. Dennoch fand sie es in Ordnung. Sie hat es verstanden.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 13. Januar 2015
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