Peter Gaal/Ricore Text
Jonathan Demme in legerer Kleidung beim Münchner Filmfest 2006
Neil Young ist der Größte
Interview: Back to the Roots
Jonathan Demme hat mit "Neil Young: Heart of Gold" einem der großen Musiker des 21. Jahrhunderts ein Denkmal gesetzt. Der Regisseur ist bekennender Neil Young Fan. Während einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Filmfest München erzählt der Regisseur von der Zusammenarbeit mit Neil Young und der Entstehung des Konzertfilms.
erschienen am 22. 08. 2006
UIP
Neil Young: Heart of Gold
Ricore: Wie war die Zusammenarbeit mit Neil Young?

Jonathan Demme: Ich mit Neil Young zum ersten Mal zusammengearbeitet, als ich ihn gebeten habe einen Song für "Philadelphia" zu schreiben. Er hat zugesagt und es hat wunderbar geklappt. Als langjähriger Fan von Neil Young habe ich die Chance genutzt, Karten für seine Konzerte zu besorgen. Dann haben wir uns etwas besser kennen gelernt. Wir haben uns ausgiebig über sein Album "Greendale" und die außergewöhnliche Bühnenshow zu diesem Album unterhalten. Vor drei Jahren, als das Album fertig gestellt war, begab er sich auf eine Konzerttournee und spielte live. Er wollte aber nicht gesehen werden. Deshalb trug er einen großen Hut und spielte im Dunkeln. Er spielte Instrumente und sang, aber das einzige was man sehen konnte waren Schauspieler, die zu den Songs ihre Lippen bewegten. Ich fand das war eine sehr außergewöhnliche Art Musik, zu präsentieren. Als es Zeit war einen Film über "Greendale" zu drehen, rief er mich an und fragte ob ich mit ihm zusammenarbeiten wolle. Das hätte ich sehr gerne gemacht, ging aber nicht, weil ich gerade mit "Der Manchurian Kandidat" beschäftigt war. Ich habe ihn angerufen, als ich mit den Dreharbeiten fertig war und fragte ihn ob er etwas anderes machen will. Er war gerade mit seinem neuen Album "Prairie Wind" beschäftigt und hat mir die Songs geschickt. Daraus ist die Idee entstanden, einen Konzertfilm zu machen. Wir haben die Show entworfen und diese in Nashville, Tennessee gefilmt.

Ricore: Wie haben sie die beiden Konzerte zu einem Film zusammen geschnitten?

Demme: Wir hatten einen talentierten Editor. Es ist eigentlich ganz einfach zwei Konzerte zusammen zu schneiden, wenn der Schlagzeuger bei allen Songs das gleiche Tempo hält. Wir haben festgestellt, dass bei einem Konzert ein Song besser gespielt wurde, als bei einem anderen. 60 Prozent der Songs sieht und hört man in der Gesamtlänge. Ein bestimmter Song hat mir besonders viel Spaß gemacht. Bei "Old King" spielt Neil Young das Banjo. Es ist so toll ihn mit Lou Harris musizieren zu sehen. Deshalb habe ich die Soloeinlangen des Songs von beiden Konzerten zusammen geschnitten.
Peter Gaal/Ricore Text
Jonathan Demme auf dem Filmfest München 2006
Ricore: Ist Ihr Film ein Tribut zu Neil Young?

Demme: Für mich ist Neil Young einer der größten Komponisten des 21. Jahrhunderts. Er ist ein wahrlich großer Meister, der zufällig Rockmusik macht. Ich war fasziniert, dass ich sein Talent verewigen und ihm die Gelegenheit geben konnte, seine Lieblingssongs zu präsentieren. Sein neues Album hat ihm sehr gut gefallen und die anderen Songs die er spielt haben eine ganz besondere Bedeutung für ihn. Es war toll, ihm eine filmische Plattform zu stellen.

Ricore: Waren Sie schon einmal im Ryman Auditorium bevor Sie den Film gedreht haben?

Demme: Ich habe das Ryman Auditorium vorher noch nie gesehen. Ich habe davon gehört und wusste, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Ursprünglich hat das Gebäude als Kirche gedient. Wenn über das Auditorium gesprochen wird, dann als heilige Stätte der Country Musik. Es ist ein Altar für amerikanische Musik. Es hat etwas Spirituelles an sich.

Ricore: Glauben Sie, dass die Musik der 1970er Jahre wieder kommt?

Demme: Wenn die 70er wirklich zurückkommen dann ist Disco auch bald wieder In (lacht). Ich hoffe es sehr. Ich weiß nicht, es ist gut möglich. In Amerika gibt es Sänger und Songschreiber, die wieder Geschichten erzählen und ihre Songs beschäftigen sich mit bestimmten Themen. So sehr ich Musik mag, geht es heutzutage nur noch um Lautstärke und Energie. Ich denke, wir sehnen uns nach musikalischen Inhalten, die etwas bedeuten. Ein großer Unterschied zwischen Vietnam und dem Krieg in Irak ist, dass die Musik damals besonders emotional die Antikriegsbewegung beeinflusst hat. Als Amerikaner wurde man von dieser Musik angetrieben und hat auch dementsprechend sein Leben gelebt. Die Kommunikation durch Musik hat in den letzten Jahren stark abgebaut. Sollte diese Musik wieder auferstehen, ist Neil Youngs Musik ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ricore: Hat sich die Einstellung zur Country Musik in den letzten Jahren verändert?

Demme: Es gibt in sofern eine Veränderung, dass Country Musik nicht mehr so beschränkt ist, wie früher. Noch vor ein paar Jahren wurde ein Country Star von der populären Musik aufgesogen. Dolly Parton ist da ein gutes Beispiel. Dolly ist zu einer Heiligen geworden, konnte die Tür zur Country Musik aber trotzdem nicht öffnen. Jetzt gibt es neuerdings die Entwicklung, dass Country Musiker präsenter werden. Die Grenze zwischen Country Musik und populärer Musik wird immer mehr verwischt.

Ricore: Was trägt dieser Film zur Country Musik bei.

Demme: Der Film ist eine Hommage an den Country, Nashville und dem Geist der Musik.
erschienen am 22. August 2006
Zum Thema
Jonathan Demme ("Das Schweigen der Lämmer") portraitiert in seiner Dokumentation den legendären Songschreiber und Musiker Neil Young. Den Rahmen bildet die Auftakttour zur "Prairie Wind"-Tour des Ausnahmemusikers. Die Songs des Albums schrieb er vor einem längeren Krankenhausaufenthalt. Kein Wunder dass die Texte existenzieller geraten sind, als von Young gewohnt.
Hört man Jonathan Demmes Name, so kann man vielleicht im ersten Moment nicht viel mit ihm anfangen. Das liegt daran, dass sich der Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Musikbegeisterte stets im Hintergrund hält. Dennoch war er es, der Anthony Hopkins sein kannibalisches Image verpasste ("Das Schweigen der Lämmer") und er war es, der Tom Hanks zu seinem ersten Oscar verhalf ("Philadelphia"). Mit den Jahren wurde Demme mutiger, immer mehr verschlug es ihn auf die Seite von..
2024