Jean-François Martin/Ricore Text
Bruce Willis
Bruce Willis über seine Kultrolle
Interview: Mein Bestes gegeben
Mit "Stirb langsam" prägte Bruce Willis 1988 einen völlig neuen Actionhelden: Knallhart, aber doch verwundbar, spielte er den New Yorker Polizisten John McClane, der sich ganz einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befand. Nach zwei eher belächelten Fortsetzungen und einer 12-jährigen Auszeit kehrt Willis mit dem vierten Teil zu seiner Paraderolle zurück. Wieder kämpft er gegen Terroristen, wieder ist er auf sich allein gestellt. Doch er verspricht "alles Bisherige in den Schatten" zu stellen, als wir ihn beim Interview in New York befragen.
erschienen am 25. 06. 2007
20th Century Fox
Bruce Willis alias John McClaine.
Ricore: Mr. Willis, zwölf Jahre sind seit dem dritten Teil von "Stirb langsam" vergangen. Warum hat es so lange gedauert den vierten Teil zu drehen?

Bruce Willis: Weil ich mir nach dem letzten Film eine selbst gegönnte Auszeit vom Action-Genre genommen habe. Ich hatte das Gefühl, dass das Genre eine Rundumerneuerung nötig hat, um wieder interessanter zu werden. Ich denke diesen Punkt haben wir nun erreicht. Bestärkt wurde mein Entschluss dadurch, dass ich in den letzten Jahren immer wieder darauf angesprochen wurde, wann es endlich einen neuen "Stirb langsam"-Film geben werde. Anfangs hielt ich es nur für Gerede, aber nachdem man mich wirklich überall auf der Welt danach fragte, begannen wir irgendwann mit der Arbeit.

Ricore: Ist John McClane im vierten Teil älter geworden, oder haben Sie sich dafür einer Verjüngungskur unterzogen?

Willis: Nein, es war uns allen sehr wichtig, dass John McClane genauso wie ich über die Jahre gealtert ist. Ich spiele also einen 52-Jährigen, der allerdings körperlich noch immer extrem fit ist. Im Übrigen finde ich es gerade interessant, dass die einzelnen "Stirb langsam"-Charaktere über die Jahre älter geworden sind: Meine Tochter etwa war im ersten Teil noch sechs Jahre alt, inzwischen ist sie 26! Diese Historie macht die Filme auch interessant.

Ricore: Haben Sie sich die alten Filme zur Vorbereitung angesehen?

Willis: Ja, genauso wie das jeder tun sollte, der in den vierten Teil involviert war.

Ricore: "Stirb langsam" gilt bis heute als Kult, aber die Fortsetzungen wurden heftig kritisiert. Wie vermeiden Sie, dass der vierte Teil kein Abklatsch der alten Erfolge wird?

Willis: Wir inszenieren die Geschichte, wie es sich für das 21. Jahrhundert gehört. Regisseur Len Wiseman hatte ein hervorragendes Gespür für Action und wusste, wie man Bewegung in die Geschichte bekommt. Was die alten Filme angeht, muss auch ich zugeben, dass der erste Teil der einzig gute war. Auch wenn wir im dritten Teil dankbar sein konnten, dass uns Jeremy Irons und Samuel L. Jackson unterstützen, konnten wir doch nicht an die Wucht des Originals herankommen. Beim vierten Teil wage ich zu behaupten: Es ist uns dieses Mal gelungen.
20th Century Fox
Stirb langsam 4.0
Ricore: Und doch haben Sie in den vergangenen Jahren viel Konkurrenz bekommen: Die TV-Serie "24" etwa ist nur eine von vielen anderen...

Willis: Dessen waren wir uns durchaus bewusst. Ich persönlich bin ein großer Fan dieser Serie und weiß, was sie sich Woche für Woche an abartig guten Stunts ausdenken. Wir haben unser möglichstes getan, das zu übertreffen.

Ricore: Wie hart mussten Sie trainieren?

Willis: Ich habe natürlich mein bestes versucht, für diesen Film so fit wie möglich zu sein. Das war nicht allzu schwierig, weil ich eigentlich immer darauf achte, für all meine Filme in guter Form zu sein. Ich muss aber doch gestehen, dass mir die Ausführung der Stunts wesentlich schwerer fiel, als das noch vor zwanzig Jahren der Fall war.

Ricore: Wie strukturieren Sie Ihr Training?

Willis: Ich trainiere drei Mal pro Woche mit einem persönlichen Betreuer. Er begleitet mich durch mein Programm und lenkt mich ab. Workouts machen mir nicht wirklich Spaß, es ist wirklich sehr anstrengend. Aber es ist notwendig, wenn man einen Film dreht, der einem so viel abverlangt wie "Live Free Or Die Hard". Irgendwie muss ich mit den jüngeren Schauspielern ja mithalten.

Ricore: In "Live Free Or Die Hard" attackieren eine Gruppe von Terroristen die modernen Kommunikationsmittel unserer Gesellschaft. Wie gut kennen Sie sich mit Technik aus? Bruce

Willis: Ich kann einigermaßen mit Computern umgehen, stoße aber doch öfters auf Probleme. Ich frage dann immer meine Kinder um Rat. Es ist faszinierend, wie meine 13-jährige Tochter dann ein paar Knöpfe drückt - und plötzlich wieder alles funktioniert. Man wir eben auch nicht jünger.

Ricore: Wie sehr muss man nach den Vorfällen des Elften Septembers darauf achten, das Thema Terrorismus bei einem Film wie "Stirb langsam 4.0" mit Würde und Respekt zu behandeln?

Willis: In den Monaten nach den Anschlägen wurde so manches Action-Drehbuch erst einmal wieder auf Eis gelegt. Aber ich denke, wir können das Thema in unserem Film wieder ohne weiteres benützen, weil wir es auf die richtige Art und Weise tun. Jeder ist sich bei uns im Klaren, dass trotz harter Actionszenen niemand verletzt oder gar getötet wurde. Man begibt sich für 90 Minuten auf eine Achterbahnfahrt und amüsiert sich. Das ist alles.
20th Century Fox
Für reichlich Action ist gesorgt.
Ricore: Und trotzdem: Schürt die unmittelbare Beschäftigung mit dem Thema auch Ihre Angst vor neuen Anschlägen?

Willis: Ich mache mir diesbezüglich nicht zu große Sorgen. Es ist dafür gesorgt, dass meine Kinder in Sicherheit sind.

Ricore: Sie sind seit über 25 Jahren im Geschäft. Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute auf Ihre Karriere?

Willis: Ich weiß, dass ich noch nicht ausgelernt und noch immer einiges vor mir habe. Wenn ich eines Tages meine Karriere beende, möchte ich so viele unterschiedliche Rollen wie nur irgendwie möglich gespielt haben. Was meine vergangenen Filme angeht, bin ich sehr objektiv: Einige haben besser funktioniert als andere, nicht alle bleiben im Gedächtnis. Aber ich habe immer mein bestes gegeben, mich wirklich bemüht. Für mich zählt der Prozess mehr als das Ergebnis.

Ricore: Das Publikum sieht Sie am liebsten als Actionheld. Gibt es einen Rollentyp, der Ihnen am meisten Spaß macht?

Willis: Ich habe nicht zuletzt deshalb ein großartiges Leben, weil ich mir in der Regel aussuchen kann, was ich drehen möchte. Ich war vor Jahren übrigens einer der ersten Hollywoodstars, die sich gegen den Ratschlag ihrer Agenten gestellt und auch kleinere Nebenrollen gespielt haben, wenn es sich um ein gutes Projekt gehandelt hat. Diese Konzept verfolge ich bis heute und wechsle konsequent zwischen großen Studio-Blockbustern und kleinen Independent-Filmen. Ich würde gerne öfters Komödien drehen, aber leider gibt es dieser Richtung nur sehr wenig gute Angebote.

Ricore: Wie schwer fällt Ihnen das Älterwerden?

Willis: Ich habe mich daran gewöhnt. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht ewig auf dieser Welt seine werde. Ich lebe daher sehr bewusst und gehe prinzipiell erst einmal davon aus, dass mir nur noch der heutige Tag bleibt. Ich blicke selten zurück oder nach vorne, sondern genieße mein Leben im Hier und Jetzt.
Jean-François Martin/Ricore Text
Bruce Willis in Cannes 2006
Ricore: Wann wurde Ihnen bewusst, dass darin Ihr persönlicher Weg zu einem glücklichen und erfüllten Leben liegt?

Willis: Eigentlich wusste ich das schon immer, habe es aber in den letzten 25 Jahren immer gerne mal wieder vergessen. Wirklich leben tue ich es allerdings erst, seit mein jüngerer Bruder gestorben ist. Das hat mir schlagartig bewusst gemacht, was wirklich zählt. Seitdem muss ich jeden Tag daran denken.

Ricore: Abgesehen von einer guten Rolle: Wann ist ein Tag für Sie erfüllt?

Willis: Wenn ich mit meinen Kindern rumhängen kann. Ich versuche, meine Freizeit so gut es geht zu genießen. Und meine Kinder sind definitiv die beste Beschäftigung überhaupt.

Ricore: Seit letztem Jahr haben Sie einen eigenen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Willis: Ich empfinden ihn als schönen Meilenstein meiner Karriere. Ich musste die Zeremonie bereits in paar Mal verschieben, weil mein Terminplan es einfach nicht zuließ. Letzten Sommer konnte ich mir endlich die Zeit freischaufeln. Meine Kids und meine engsten Freunde waren da - es war ein schöner Tag.

Ricore: Käme ein fünfter Teil von "Stirb langsam" für Sie in Frage?

Willis: Erst einmal warten wir ab, wie sich der vierte Teil an den Kinokassen schlägt. Der Trailer zumindest war der erfolgreichste in der Geschichte des Studios 20th Century Fox. Und das will etwas heißen!

Ricore: Und bis es vielleicht dazu kommt...

Willis: ...mache ich so weiter wie bisher. Im Herbst führe ich außerdem vielleicht zum ersten Mal Regie. Aber bis die Verträge unterschrieben sind, will ich noch nicht näher darüber sprechen.
erschienen am 25. Juni 2007
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Bruce Willis beginnt seine Karriere in Werbespots und auf New Yorker Bühnen. Ab 1985 spielt der in Idar-Oberstein als Sohn eines amerikanischen GIs und einer deutschen Mutter geborene Schauspieler eine Hauptrolle in der TV-Serie "Moonlighting - Das Model und der Schnüffler", nebenbei ist er aber auch als Sänger tätig. 1988 gelingt ihm mit "Stirb langsam" der internationale Durchbruch. Noch lange versucht er, sein Actionimage wieder los zu werden, scheitert jedoch zunächst mit anderen..
2024