Kinowelt
Regisseur Sydney Pollack
Sydney Pollack über seine erste Doku
Interview: Wir haben einen Traum
erschienen am 14. 07. 2007
Kinowelt
Architekt Frank Owen Gehry
140 Angestellte arbeiten für den 77-Jährigen, dessen Werke unter anderem in den USA, Deutschland, Japan, Spanien, der Schweiz und Schottland zu finden sind. Vom Guggenheim Museum in Bilbao, der Walt Disney Concert Hall in L.A., über den Zollhof in Düsseldorf bis zum Gehry Tower in Hannover: Frank Gehry bewegt mit Formen, die mit der Theorie brechen. In seiner Dokumentation "Sketches of Frank Gehry" beleuchtet Regisseur Sydney Pollack das Phänomen hinter den architektonischen Meisterwerken. "Und das", so Pollack, "obwohl ich eigentlich gar nichts von Architektur verstehe." Uns erklärte der 72-jährige Regisseur, warum er trotzdem zugestimmt hat.
Ricore: Mr. Pollack, "Sketches of Frank Gehry" ist Ihre erste Dokumentation. Warum haben Sie sich mit diesem Genre so lange Zeit gelassen?
Sydney Pollack: Weil ich mich einfach nicht als Dokumentarfilmer sehe. Ich bin noch nicht einmal sonderlich daran interessiert, mir Dokumentationen im Kino anzusehen. Es macht mir Spaß, wenn ich gelegentlich per Zufall auf eine Dokumentation stoße, aber das war es dann auch schon wieder.
Ricore: Warum haben Sie für Frank Gehry eine Ausnahme gemacht?
Pollack: Etliche Sender und Filmemacher sind in den vergangenen Jahren auf Frank zugekommen, weil sie eine Dokumentation über ihn drehen wollten. Da er eher ein schüchterner und zurückhaltender Typ ist, hat er allen eine Absage erteilt. Eines Abends saßen wir gemeinsam beim Dinner, als er mich ganz nebenbei fragte, ob ich nicht daran interessiert sei, eine Dokumentation über ihn zu drehen. Ich lehnte zunächst ab.
Ricore: Was haben Sie ihm geantwortet?
Pollack: Die Wahrheit: Dass ich weder etwas von Dokumentationen verstehe, geschweige denn von Architektur. Aber Frank blieb hart. Er meinte, dass ich gerade deswegen der richtige Mann sei, weil ich mich Vorbehaltlos in das Projekt stürzen könne. Ich begann zu überlegen, dachte an die Euphorie, die der Anblick seines Gebäudes in Bilbao seinerzeit in mir ausgelöst hatte, und gab schließlich meine Zusage.
Ricore: Mr. Pollack, "Sketches of Frank Gehry" ist Ihre erste Dokumentation. Warum haben Sie sich mit diesem Genre so lange Zeit gelassen?
Sydney Pollack: Weil ich mich einfach nicht als Dokumentarfilmer sehe. Ich bin noch nicht einmal sonderlich daran interessiert, mir Dokumentationen im Kino anzusehen. Es macht mir Spaß, wenn ich gelegentlich per Zufall auf eine Dokumentation stoße, aber das war es dann auch schon wieder.
Ricore: Warum haben Sie für Frank Gehry eine Ausnahme gemacht?
Pollack: Etliche Sender und Filmemacher sind in den vergangenen Jahren auf Frank zugekommen, weil sie eine Dokumentation über ihn drehen wollten. Da er eher ein schüchterner und zurückhaltender Typ ist, hat er allen eine Absage erteilt. Eines Abends saßen wir gemeinsam beim Dinner, als er mich ganz nebenbei fragte, ob ich nicht daran interessiert sei, eine Dokumentation über ihn zu drehen. Ich lehnte zunächst ab.
Ricore: Was haben Sie ihm geantwortet?
Pollack: Die Wahrheit: Dass ich weder etwas von Dokumentationen verstehe, geschweige denn von Architektur. Aber Frank blieb hart. Er meinte, dass ich gerade deswegen der richtige Mann sei, weil ich mich Vorbehaltlos in das Projekt stürzen könne. Ich begann zu überlegen, dachte an die Euphorie, die der Anblick seines Gebäudes in Bilbao seinerzeit in mir ausgelöst hatte, und gab schließlich meine Zusage.
Kinowelt
Sydney Pollack an der Kamera
Ricore: Was macht seine Person so spannend?
Pollack: Obwohl ich Frank vor der Dokumentation bereits kannte, konnte ich einfach nicht begreifen, wie dieser Mann so gigantische Gebäude auf die Beine stellen kann. Er ist ein ganz gemütlicher Typ, gar nicht exzentrisch. Ich wollte mit meinem Film dahinter kommen, wer er wirklich ist. Wie dieses Genie plant, arbeitet und ausführt. Ich hatte das Gefühl, dass ich auch sehr viel persönlichen Nutzen daraus ziehen könnte, wenn ich ihn nur aufmerksam beobachte.
Ricore: Nun finanzieren sich solche Projekte nicht von alleine...
Pollack: Das war uns auch bewusst. Die Idee schwebte im Raum, aber Geld stand keines zur Verfügung. Die Monate zogen ins Land, bis schließlich ein leidenschaftlicher japanischer Fan von Frank ein paar 100.000 Dollar Startkapital beisteuerte. Neben dem Geld war auch die Zeit ein großes Problem. Sowohl Frank als auch ich waren beide sehr beschäftigt, eigentlich hatte keiner von uns Zeit für eine Dokumentation. Also einigten wir uns, dass es bei diesem Projekt keine Deadline geben wird - und der Film eben erst fertig wird, wenn es soweit ist.
Ricore: Sprich: gedreht wurde nur dann, wenn gerade Zeit war?
Pollack: So in etwa, ja. Deswegen haben sich die Dreharbeiten auch ein paar Jahre hingezogen. In den ersten drei Jahren habe ich nur an ein paar Wochenenden gefilmt, das war alles. Dann habe ich eine Filmcrew zusammengetrommelt und bin mit dem Privatflugzeug eines Freundes nach Europa geflogen. Innerhalb von nur sieben Tagen haben wir seine Bauten in Schottland, Deutschland und Spanien besucht und mit etlichen Freunden, Kollegen und Zeitzeugen gesprochen. Mit diesem Ausgangsmaterial verkauften wir unser Projekt an PBS, die weiteres Geld beisteuerten. Die machten uns dann auch ordentlich Druck, nachdem ich 2004 wegen meiner Dreharbeiten zu "Die Dolmetscherin" überhaupt nicht an dem Film gearbeitet hatte. Also nahm ich einen Cutter mit an Bord und begann mit der Postproduktion...
Ricore: ...die sicherlich nicht leicht war: Sie mischen in Ihrer Dokumentation die unterschiedlichsten Filmformate.
Pollack: Ich wollte die Gebäude mit hochwertigen Kameras filmen, um einen guten Look zu garantieren. Aber bei meinen intimeren Szenen mit Frank war das Equipment nur störend. Also filmte ich diese Momente mit einer ganz normalen DV-Kamera. Ich dachte damals ja noch nicht im Traum daran, dass die Dokumentation auf Filmfestivals laufen und für die große Leinwand aufgeblasen werden würde. Ich war der Meinung, dass höchstens ein paar Kunststudenten sich dafür interessieren würden.
Ricore: Sie sind in vielen Szenen auch selbst vor der Kamera zu sehen. Wieso?
Pollack: Auch das war mehr oder weniger ein Unfall. Die Hauptkamera führte ich, aber um etwas mehr Auswahl zu haben, bat ich einen zweiten Kameramann, Frank bei unseren Gesprächen von der Seite zu filmen. Ohne mein Wissen begann der, uns beide aufzuzeichnen. Als ich das gefilmte Material später sah, drehte ich erst einmal durch. Es kam mir einfach blöd vor, eine Dokumentation über einen großen Visionär zu drehen - und mich selbst ständig ins Bild zu setzen. Also schnitt ich eine Version, in der ich nicht existierte, machte sie aber wieder rückgängig. Mein Kameramann hatte recht: Es war einfach interessanter, uns in den Dialogen beide in Interaktion zu zeigen. Es gab dem Film ein neues, persönlicheres Flair.
Ricore: Wo liegen Ihre künstlerischen Gemeinsamkeiten?
Pollack: Aus technischer Sicht sind wir zwei Menschen, die der Lichtgebung eine große Wichtigkeit beimessen. Frank arbeitet ausschließlich mit Metall, weil sich dadurch das Licht am besten reflektiert, ich plane akribisch das Licht für jeden meiner Filme. Auch aus philosophischer Sicht haben unsere beiden Berufe viel gemeinsam: Wir beide haben einen Traum, den wir so in die Tat umzusetzen versuchen, dass im Verlauf des Prozesses möglichst wenig von dieser ursprünglichen Version verloren geht. Dafür ist es nötig, dass verschiedene Departements zusammenarbeiten und perfekt aufeinander abgestimmt sind. Es ist Detail versessener Kampf.
Pollack: Obwohl ich Frank vor der Dokumentation bereits kannte, konnte ich einfach nicht begreifen, wie dieser Mann so gigantische Gebäude auf die Beine stellen kann. Er ist ein ganz gemütlicher Typ, gar nicht exzentrisch. Ich wollte mit meinem Film dahinter kommen, wer er wirklich ist. Wie dieses Genie plant, arbeitet und ausführt. Ich hatte das Gefühl, dass ich auch sehr viel persönlichen Nutzen daraus ziehen könnte, wenn ich ihn nur aufmerksam beobachte.
Ricore: Nun finanzieren sich solche Projekte nicht von alleine...
Pollack: Das war uns auch bewusst. Die Idee schwebte im Raum, aber Geld stand keines zur Verfügung. Die Monate zogen ins Land, bis schließlich ein leidenschaftlicher japanischer Fan von Frank ein paar 100.000 Dollar Startkapital beisteuerte. Neben dem Geld war auch die Zeit ein großes Problem. Sowohl Frank als auch ich waren beide sehr beschäftigt, eigentlich hatte keiner von uns Zeit für eine Dokumentation. Also einigten wir uns, dass es bei diesem Projekt keine Deadline geben wird - und der Film eben erst fertig wird, wenn es soweit ist.
Ricore: Sprich: gedreht wurde nur dann, wenn gerade Zeit war?
Pollack: So in etwa, ja. Deswegen haben sich die Dreharbeiten auch ein paar Jahre hingezogen. In den ersten drei Jahren habe ich nur an ein paar Wochenenden gefilmt, das war alles. Dann habe ich eine Filmcrew zusammengetrommelt und bin mit dem Privatflugzeug eines Freundes nach Europa geflogen. Innerhalb von nur sieben Tagen haben wir seine Bauten in Schottland, Deutschland und Spanien besucht und mit etlichen Freunden, Kollegen und Zeitzeugen gesprochen. Mit diesem Ausgangsmaterial verkauften wir unser Projekt an PBS, die weiteres Geld beisteuerten. Die machten uns dann auch ordentlich Druck, nachdem ich 2004 wegen meiner Dreharbeiten zu "Die Dolmetscherin" überhaupt nicht an dem Film gearbeitet hatte. Also nahm ich einen Cutter mit an Bord und begann mit der Postproduktion...
Ricore: ...die sicherlich nicht leicht war: Sie mischen in Ihrer Dokumentation die unterschiedlichsten Filmformate.
Pollack: Ich wollte die Gebäude mit hochwertigen Kameras filmen, um einen guten Look zu garantieren. Aber bei meinen intimeren Szenen mit Frank war das Equipment nur störend. Also filmte ich diese Momente mit einer ganz normalen DV-Kamera. Ich dachte damals ja noch nicht im Traum daran, dass die Dokumentation auf Filmfestivals laufen und für die große Leinwand aufgeblasen werden würde. Ich war der Meinung, dass höchstens ein paar Kunststudenten sich dafür interessieren würden.
Ricore: Sie sind in vielen Szenen auch selbst vor der Kamera zu sehen. Wieso?
Pollack: Auch das war mehr oder weniger ein Unfall. Die Hauptkamera führte ich, aber um etwas mehr Auswahl zu haben, bat ich einen zweiten Kameramann, Frank bei unseren Gesprächen von der Seite zu filmen. Ohne mein Wissen begann der, uns beide aufzuzeichnen. Als ich das gefilmte Material später sah, drehte ich erst einmal durch. Es kam mir einfach blöd vor, eine Dokumentation über einen großen Visionär zu drehen - und mich selbst ständig ins Bild zu setzen. Also schnitt ich eine Version, in der ich nicht existierte, machte sie aber wieder rückgängig. Mein Kameramann hatte recht: Es war einfach interessanter, uns in den Dialogen beide in Interaktion zu zeigen. Es gab dem Film ein neues, persönlicheres Flair.
Ricore: Wo liegen Ihre künstlerischen Gemeinsamkeiten?
Pollack: Aus technischer Sicht sind wir zwei Menschen, die der Lichtgebung eine große Wichtigkeit beimessen. Frank arbeitet ausschließlich mit Metall, weil sich dadurch das Licht am besten reflektiert, ich plane akribisch das Licht für jeden meiner Filme. Auch aus philosophischer Sicht haben unsere beiden Berufe viel gemeinsam: Wir beide haben einen Traum, den wir so in die Tat umzusetzen versuchen, dass im Verlauf des Prozesses möglichst wenig von dieser ursprünglichen Version verloren geht. Dafür ist es nötig, dass verschiedene Departements zusammenarbeiten und perfekt aufeinander abgestimmt sind. Es ist Detail versessener Kampf.
erschienen am 14. Juli 2007
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