Neue Visionen Filmverleih
Und der Zukunft zugewandt (2018)

Und der Zukunft zugewandt

Originaltitel
Und der Zukunft zugewandt
Alternativ
Warum?
Regie
Bernd Böhlich
Darsteller
Alexandra Maria Lara, Robert Stadlober, Stefan Kurt, Barbara Schnitzler, Karoline Eichhorn, Carlotta von Falkenhayn
Medium
DVD
Im Handel ab
27.03.2020 bei Neue Visionen Filmverleih
Kinostart Deutschland
Und der Zukunft zugewandt
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2018
FSK
ab 12 Jahren
Länge
104 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Extras: Audiodeskription
Berührender filmischer Beitrag zur DDR-Geschichte
Antonia Berger (Alexandra Maria Lara) hat mit dem Leben abgeschlossen. Mit geschlossenen Augen steht sie vor einem Baum, der in wenigen Sekunden fallen wird. In letzter Sekunde wird sie von zwei Frauen zurückgerissen, die sie an die Verantwortung für ihre kleine Tochter erinnern. Das Mädchen wurde in einem sowjetischen Gulag geboren, ihre Eltern, aus Deutschland stammende Kommunisten, waren als Spione in einem Schauprozess 1940 zu mehreren Jahrzehnten Haft verurteilt worden. Ihr Vater wurde erschossen, weil er am Geburtstag seiner Tochter das Männerlager verließ, um das Kind einige Minuten zu sehen.

Jahre später erwirkt der Sohn von DDR-Ministerpräsident Wilhelm Pieck die Freilassung der Frauen, die auch für die SED-Funktionäre Persona non grata waren. Antonia und ihre Freundinnen (Karoline Eichhorn, Barbara Schnitzler) erhalten großzügige Wohnungen und Arbeit in der sozialistischen Musterstadt Fürstenberg, dem späteren Stalinstadt und noch späteren Eisenhüttenstadt. Der Preis für die Rückkehr ist hoch. Über ihre Erlebnisse in der Sowjetunion dürfen sie nicht sprechen. Zu groß ist die Angst der neuen Machthaber, die Wahrheit über die Verbrechen Stalins könne die Bevölkerung der DDR beunruhigen.

Antonia arrangiert sich, leitet das Kulturhaus, eckt bei engstirnigen Funktionären an und fügt sich letztendlich doch wieder. Sie hält der Glaube aufrecht, ihr Leid und ihr Schmerz dürfen nicht umsonst gewesen sein. Erst beim Fall der Mauer bekommen die Zweifel Überhand.
Mit dem klugen und auf den Punkt inszenierten Drama stellt Bernd Böhlich ("Bis zum Horizont, dann links!") der Geschichtskitterei eines Florian Henckel von Donnersmarck eine Geschichte entgegen, die auf Tatsachen beruht. Er wirft eine Grundfrage der Entwicklung des kleineren deutschen Staates aufwirft. Darauf weist schon der aus dem Text der Nationalhymne der DDR entlehnte Filmtitel. 1950 legt die SED-Führung die Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit ad acta, die Ausgabe der sowjetischen Zeitschrift Sputnik, die erstmals über die Schauprozesse der Stalin-Ära berichtet, wird Ende der 80er Jahre in der DDR verboten und eingestampft.

Böhlich nimmt sich die Freiheit, die Fakten in eine runde Geschichte zu packen, zuzuspitzen und ihr eine zusätzliche Dimension zu geben. Sein Ausgangspunkt ist das Schicksal der Familie der beliebten Schauspielerin Swetlana Schönfeld, sie wird 1951 nördlich von Wladiwostok geboren. 1957 kommt sie mit den Eltern nach Berlin. Der Regisseur und Autor verlegt die Rückkehr ins Jahr 1952 und führt die Handlung bis nach dem Tod Stalins im März 1953 fort. Zum ersten Mal ergibt sich damals die Chance, über seine Verbrechen zu sprechen.

Getragen wird das Drama von herausragenden Schauspielern. Alexandra Maria Lara war noch nie so gut, sie weckt die Empathie und Verständnis für die Haltung Bergers, in der DDR zu bleiben und bis zum 9. November 1989 an deren Zukunft zu glauben. Unterstützt wird sie von einem phänomenalen Ensemble bis in die kleinen Rollen. Dazu gehören Karoline Eichhorn als verunsicherte Gulag-Überlebende, die verdrängt und Barbara Schnitzler als einstige Kommunisten, die den Glauben verloren hat. Ihre Figur ist vom Lebensweg der Mutter von Wolfgang Leonhard inspiriert.

Aber auch die Männer geben ihren Figuren in wenigen Szenen unverwechselbare Gestalt. Stefan Kurt als jovialer, beflissener SED-Kreissekretär, dem in den entscheidenden Minuten der Mut zum Widerspruch fehlt, Peter Kurth als KZ-Überlebender und Stasi-Vernehmer, Jürgen Tarrach als österreichischer Staatsmaler und Robert Stadlober als aus Hamburg stammender Arzt, der einst aus Überzeugung in den Osten geht und mit Antonia eine Familie gründen will. Auch Swetlana Schönfeld ist dabei, sie spielt Bergers Mutter.

"Und der Zukunft zugewandt" erzählt das Drama einer Frau, die ihr persönliches Schicksal stets einer größeren Sache unterordnet. Es ist Böhlichs bester Film und ein berührender filmischer Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Antonia ordnet ihr persönliches Schicksal stets unter.
 
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