Alamode Film
Exil (2020)

Exil

Originaltitel
Exil
Regie
Visar Morina
Darsteller
Misel Maticevic, Sandra Hüller, Rainer Bock, Thomas Mraz, Flonja Kodheli, Victoria Trauttmansdorff
Medium
DVD
Im Handel ab
22.01.2021 bei Alamode Filmdistribution
Kinostart Deutschland
Exil
Genre
Drama
Land
Deutschland, Belgien, Afganistan
Jahr
2020
FSK
ab 12 Jahren
Länge
126 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Extras: Trailer • Wendecover
Visar Morinas klicheefreies Drama über Ausgrenzung
Xhafer (Mišel Matičević) ist verwirrt. Der Pharmakologe sitzt vergeblich im Vorzimmer seines Chefs. Die Mail, in der die Verlegung der Sitzung in einen anderen Raum angekündigt wurde, hat ihn nie erreicht. Kann ja mal passieren, doch Xhafers Misstrauen ist geschärft. Er wittert eine Verschwörung, als ihm wichtige Daten für einen Bericht vorenthalten werden. Hinter der Ausgrenzung vermutet er seinen Vorgesetzten (Rainer Bock), dem es schon immer schwer fiel, seine rassistischen Ressentiments zu verstecken.

Der im Kosovo geborene und seit Jahrzehnten in Deutschland lebende Wissenschaftler wehrt sich. Genüsslich nuschelt er auf einem Empfang seinen Name, damit alle nachfragen. Er ist gewohnt, ständig über seine Herkunft Auskunft geben zu müssen. Die berufliche Situation belastet ihn, was leider auch auf seine Ehe mit Nora (Sandra Hüller) und das Verhältnis zu den drei Kindern abfärbt. Jetzt dringt das Mobbing bis in seine Privatsphäre. Eine tote Ratte hängt am Gartenzaun, wenige Tage später ist der Briefkasten voller toter Tiere. Xhafer ist ratlos.
Nach der Premiere von Visar Morinas Dramas auf dem renommierten Independent-Film-Festival von Sundance wird Mišel Matičević in den höchsten Tönen gelobt. Brillant kehrt er die innere Pein von Xhafer nach außen, ohne in die üblichen Klischees von Verzweiflung und innerer Wut zu verfallen. Bei ihm kann der Zuschauer den Phasen des Wirkens von Mobbing auf die Seele hautnah miterleben - von ungläubigem Staunen bis zum Rückzug ins Innere Exil und der damit eingehenden Resignation.

Bis zum zweiten Drittel des Dramas funktioniert der Versuchsaufbau prächtig als nach dem Lehrbuch der Psychologie aufgebautes Kammerspiel, in dem sich Xhafer und sein Chef in einen unerbittlichen Machtkampf verstricken. Verstärkt werden die Selbstzweifel des Familienvaters durch den Minderwertigkeitskomplex auf Grund des äußeren Exils. Niemals konnte er bis dato über sein Trauma aus dem Kosovo und den Verlust von Sprache und Kultur reden. Andererseits interessiert dies niemand. Die deutsche Gesellschaft verlangt Integration. Und erkennt dann doch nicht an, wenn Menschen wie Xhafer zum Musterbeispiel werden.

Das alltägliche Mobbing am Arbeitsplatz kann jeden treffen. Durch Xhafers Herkunft erhält es eine zweite Ebene. Dieses Duopol wird in Katharsis und Auflösung der Geschichte zum Ballast. Politisch überkorrekt überfrachtet Regisseur Visar Morina sein Ende. Für den Mobbing-Part in Xhafers beruflichem Umfeld geht die Lösung auf, hier weist der Film weit über die Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund hinaus. Bei den privaten Belästigungen verfällt der Filmmacher aber leider der Versuchung, einen weiteren Themenkomplex aufzumachen und dem Zuschauer allzu aufdringlich den moralischen Zeigefinger zu zeigen.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Videoclip: Exil: Der Trailer
Xhafer (Mišel Matičević) ist verwirrt. Der Pharmakologe sitzt vergeblich im Vorzimmer seines Chefs. Fehler oder Absicht?
 
Nach der Sundance-Premiere wird Hauptdarsteller Mišel Matičević in höchsten Tönen gelobt.
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