Grandfilm
Saint Omer (2022)

Saint Omer

Originaltitel
Saint Omer
Regie
Alice Diop
Darsteller
Kayije Kagame, Guslagie Malanda, Valérie Dréville, Aurélia Petit, Xavier Maly, Robert Cantarella
Kinostart:
Deutschland, am 09.03.2023 bei Grandfilm
Kinostart:
Österreich, am 10.03.2023 bei Filmgarten
Kinostart:
Schweiz, am 02.03.2023 bei cineworx
Kinostart Deutschland
Saint Omer
Genre
Drama
Land
Frankreich
Jahr
2022
Länge
122 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Extras: Sprache: OmdU und deutsche Synchronfassung
Unter die Haut gehendes Gerichtsdrama
Die Professorin und Schriftstellerin Rama (Kayije Kagame) arbeitet an einer Anthologie mit zeitgemäßen Nacherzählungen des Medea-Mythos. Daher ist sie elektrisiert, als sie von einem aufsehenerregender Prozess hört. In Saint-Omer, einer kleinen Stadt in Nordfrankreich, steht Laurence Coly (Guslagie Malanda) vor Gericht. Die Studentin aus dem Senegal, die erst vor wenigen Jahren nach Frankreich eingewandert ist, wird beschuldigt, ihre 15 Monate alte Tochter im Meer ertränkt zu haben.

Ruhig und distanziert beantwortet die junge Mutter alle Fragen. Es geht um ihren bisherigen Werdegang, ihrem Glauben, den Motiven der Übersiedlung, der Beziehung zu einem älteren Mann, den Erfahrungen an der Uni und nicht zuletzt zu ihren Depressionen. Ihr Zeugnis zeichnet das Bild einer doppelten Entfremdung. Im Senegal wurde sie als 'toubab' beschimpft, weil sie nur Französisch spricht. In Frankreich bringt sie angeblich ein Fluch vom rechten Weg ab. Coly fühlte sich isoliert und von ihrer Tochter emotional überfordert. Ihre Erzählung lösen in Rama Gefühle und Gedanken aus, mit denen sie nicht gerechnet hat. Denn sie ist schwanger und wird hier ebenfalls mit den Spuren und Narben ihrer eigenen Lebensgeschichte konfrontiert.
Das emotional unter die Haut gehende Gerichtsdrama geht nach der Premiere im Wettbewerb des Filmfestivals von Venedig für Frankreich ins Oscar-Rennen 2023. In ihrem ersten Spielfilm interessiert sich die preisgekrönte Dokumentarfilmregisseurin Alice Diop für das unsichtbare Band zwischen zwei Frauen, und reflektiert dabei vielleicht auch ihre eigene Neugier am Verhalten von Coly. Während die Figur von Rama fiktiv ist, vielleicht einige autobiographische Züge hat, lehnt sich das Schicksal von Laurence Cody eng an die 'Kabou-' bzw. die 'Adélaïde-Affäre' an, die Frankreich 2013 erschüttert. Eine sechsunddreißigjährige Frau ermordet damals ihre kleine Tochter und wird zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Den von der Richterin mit Empathie und Fingerspitzengefühl geführten Prozess zeichnet Diop als ruhige, beharrliche Annäherung an die Persönlichkeit der Beschuldigten und die Ursache der Katastrophe. Nur selten zeichnet sich eine Regung auf dem Gesicht von Colby ab. Auch Rama macht ihren inneren Zwiespalt mit sich ab, ihre Gefühle kehrt Kayije Kagame mit ihrem beeindruckenden Spiel beeindruckend nach außen.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Dieses Gerichtsdrama geht unter die Haut.
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Kayije Kagame in "Saint Omer" (2022)
2024