Piffl Medien
Roter Himmel (2023)

Roter Himmel

Originaltitel
Roter Himmel
Alternativ
Afire
Regie
Christian Petzold
Darsteller
Thomas Schubert, Paula Beer, Enno Trebs, Langston Beckford-Uibel, Matthias Brandt, Jennipher Antoni
Kinostart:
Deutschland, am 20.04.2023 bei Piffl Medien
Kinostart:
Österreich, am 24.11.2023 bei Stadtkino Filmverleih
Kinostart:
Schweiz, am 25.05.2023 bei Filmcoopi
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2023
FSK
ab 6 Jahren
Länge
103 min.
IMDB
IMDB
Homepage
https://roter-himmel.piffl-medien.de/
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Christian Petzolds Abkehr von der Berliner Schule
Mit ihrem roten Kleid ist Nadja (Paula Beer) der leuchtende Mittelpunkt der Sommeridylle in dem Ferienhaus an der Ostsee. Hierher haben sich auch der angehende Fotograf Felix (Langston Beckford-Uibel) und Schriftsteller Leon (Thomas Schubert) zurückgezogen. Sie sehnen sich nach der kreativen Ruhe, in der Leon sein zweites Buch überarbeiten will.

Beim Schreiben seines Großstadtromans "Club Sandwich" hat sich der egozentrische, für seine Umgebung blinde Nachwuchsstar hoffnungslos verrannt. Von jeder Kritik ist er überfordert, er zieht sich unübersehbar auf die Position der Spaßbremse und des von aller Welt verkannten, schlecht gelaunten Künstlers zurück. Felix lässt sich stattdessen von der neuen Umgebung zu einem Thema für die Fotos seiner Studienbewerbungsmappe inspirieren.

Das Trio wird bald durch den einheimischen Rettungsschwimmer Devid (Enno Trebs) zu einem Quartett mit wechselnden Liebschaften. Während die Gefühle brodeln, ist auch die Natur vor der Tür aus dem Gleichgewicht geraten. Der Wald brennt, der Himmel verfärbt sich rot. Aus dem Sommernachtstraum droht ein Alptraum zu werden.
Christian Petzold nimmt mit der wunderbaren Sommer-Tragikomödie Abschied von der Berliner Schule, dessen wichtigster Repräsentant er ist. Für den Film arbeitet er erstmals seit mehr als 20 Jahren nicht mit seinem verstorbenen Stammautor Harun Farocki zusammen. Er legt eine Geschichte um die Verwirrungen der Liebe vor, in der seine romantische Ader ebenso durchscheint wie der feine Humor, der ihn als Gesprächspartner immer auszeichnete.

Die Strenge seiner bis aufs i-Tüpfelchen durchkomponierten früheren Dramen weicht dem Spiel mit Möglichkeiten und Zufällen, was lange verborgene Gefühle an die Oberfläche spült und zum Glühen bringt. Nadja, die Frau im Zentrum der Geschichte, wird hier wie immer bei Petzold zur Projektionsfläche von Sehnsüchten und Träumen von Männern.

Gegen ihr feines Gespür für ihre Umgebung stellt er die mangelnde Empathie Leons. Dessen Egozentrismus spiegelt wohl auch sein Roman wieder, obwohl dies nie ausgesprochen wird. Nicht nur in der Zeichnung dieser Figuren bleibt Petzold der herausragende Beobachter der Welt: Unübersehbar sind die Anspielungen auf eine in Wohlstand aufgewachsenen Generation, die selbstverständlich in den Häusern ihrer Eltern lebt, ihre Individualität aber für das Zentrum des Universums hält und Bedrohungen verdrängt.

Andererseits ist das Spiel Petzolds mit der eigenen Biografie für Kenner unübersehbar. Sein zweiter Film heißt "Cuba Libre". Er betrachtet sein preußisch geprägtes Arbeitsethos und auch das eigene Oeuvre selbstkritisch und mit einem liebevollen Blick zurück. Dies ist nur wenigen Künstlern gegeben. Für die Juroren der Deutschen Filmakademie ist dieses Kratzen am eigenen Mythos und dem der Berliner Schule aber wohl schon zu viel. Sie nominieren den Film nicht für einen Lola. Eine krasse Fehlentscheidung, was auch die Jury der Berlinale 2023 befindet. Sie ehrt den Film dem Großen Preis.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Nadja (Paula Beer) zieht es ins Ferienhaus an der Ostsee.
 
Wunderbare Sommer-Tragikomödie von Christian Petzold.
Piffl Medien, Schramm Film, Marco Krüger
Roter Himmel (2023)
2024