Der neunte Tag

Der Neunte Tag

Originaltitel
Der Neunte Tag
Alternativ
Pfarrerblock
Regie
Volker Schlöndorff
Darsteller
Vladimir Fiser, Petr Janis, Zdenek Pechacek, Vaclav Kratky, Karel Dobrý, Götz Burger
Kinostart:
Deutschland, am 11.11.2004 bei Progress Film-Verleih
Kinostart:
Schweiz, am 13.01.2005 bei Filmcoopi
Genre
Drama
Land
Deutschland, Luxemburg
Jahr
2004
FSK
ab 12 Jahren
Länge
90 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.derneuntetag.de/
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
7,5 (4 User)
Das KZ von Dachau. Es ist kalt, Winter. Auch Henri Kremer (Ulrich Matthes) und Abbé von Luxemburg sind hier inhaftiert, im sogenannten "Pfarrerblock". Eine Haft ohne Ende. Endlos, bis der Tod kommt. Doch dann kommt der Tag, an dem man Abbé Kremer aus dem Lager holt und nach Luxemburg reisen lässt, in seine Heimat. Die Konditionen dieser urplötzlichen, niemals mehr erhofften Freiheit werden ihm rasch gestellt: Von dem jungen Luxemburger Gestapo-Chef Gebhardt (August Diehl), einem kalten aufstrebenden Karrieristen, der den Abbé vor die Entscheidung seines Lebens stellt. Entweder er läuft über, lässt sich einspannen für die Zwecke der Nazis, kurzum: missbrauchen, und ist hernach ein freier Mann. Oder aber er muss zurück ins KZ und an seiner luxemburgischen Familie, darunter Schwester Marie (Bibiana Beglau), sowie den anderen noch inhaftierten Priester, wird für seine Weigerung Vergeltung verübt. Kremer hat für die Gewissensentscheidung neun Tage Zeit. Gebhardt versucht von Tag zu Tag intensiver Abbé zu überzeugen, die Seiten zu wechseln. Das Paradoxe ist, dass auch er vorgibt an Gott zu glauben. Abbé Kremer sucht in seiner Not Hilfe bei Bischof Philippe (Hilmar Thate), doch der hat selbst seine liebe Müh seine Kirche der Diktatur vorzuenthalten. Neun Tage, über Moral und Unmoral, über Glaube und Unglaube, über Leben oder Tod zu entscheiden. Und nur Kremer allein kann diese Entscheidung treffen, nur er wird verantwortlich sein, für sich, und für andere...
Das historisch-politische Moment ist es, das sich neben dem literarischen wie ein roter Faden durch das gesamte Werk von Volker Schlöndorff zieht. Arbeiten wie "Die Verlorene Ehre der Katharina Blum" (1975), der Gruppenfilm "Deutschland im Herbst" (1978) oder mit dem Oskar ausgezeichnete "Blechtrommel" (1979) sind primär zutiefst politische Filme. "Der neunte Tag", basiert auf den authentischen Zeugnissen des Luxemburger Priesters Jean Bernard, der in den Jahren 1941 bi 1942 in Dachau interniert war.

Schlöndorff hält die Form klein, überhöht nichts, dramatisiert nichts, emotionalisiert nichts. Ohnedies ist es eine kleine Produktion mit Minimal-Budget, gewissermaßen ein ungeplanter Gegenentwurf zum gigantesken "Untergang". Doch obgleich Form, Aufwand und Möglichkeiten hier eingeschränkt sind, geht vom "Neunten Tag" eine enorme Wirkung aus, insbesondere in den eindringlichen KZ-Sequenzen. Etwa in den Momenten tiefsten Zweifelns des Abbé Kremer während seiner neun "freien" Tage.

Der kleine "Neunte Tag" ist von unbedingter Größe, nicht zuletzt dank seiner wunderbaren Akteure, allen voran Ulrich Matthes als erschreckend ausgemergelter Abbé von einer nahezu physisch spürbaren Intensität, sowie August Diehl als kalt-arrogant-schnöder Nazi-Emporkömmling. Zwei konträre Antagonisten, dieser Abbé und dieser Jung-Nazi, bei denen man gar für Momente das ambivalente Gefühl der vermeintlichen Ebenbürtigkeit hat. "Der neunte Tag", adäquat in dezenten, entsättigten Farben gehalten (Kamera: Tomas Erhart) ist ein dichtes Kammerspiel, ein Duell zwischen zwei Schauspielern. Die Abhandlung über die Verantwortlichkeit eines jeden von uns ist beklemmend, aufrüttelnd, aktuell, nahe- und nachgehend.
Thilo Wydra, Filmreporter.de
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2024