Filmwelt
Wahrheit oder Pflicht

Wahrheit oder Pflicht

Originaltitel
Wahrheit oder Pflicht
Regie
Arne Nolting, Jan Martin Scharf
Darsteller
Katharina Schüttler, Torben Liebrecht, Therese Hämer, Thomas Feist
Kinostart:
Deutschland, am 01.06.2006 bei Zorro Film
Genre
Komödie, Drama
Land
Deutschland
Jahr
2005
FSK
ab 12 Jahren
Länge
89 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
9,0 (1 User)
Annika (Katharina Schüttler) bleibt in der zwölften Klasse bereits zum zweiten Mal sitzen. Ihr Abitur ist damit erst einmal gestorben. Dabei wäre dieses der größte Wunsch ihrer Eltern (Jochen Nickel und Therese Hämer) gewesen. Annika hat Angst, ihren Eltern die Niederlage zu beichten. Ihre Angst ist so groß, dass sie das Zeugnis fälscht. Nach den Sommerferien tut sie so, als ginge sie wieder in die Schule. Jeden Tag muss sie ihre Eltern anlügen. Es fällt Annika schwer, mit dieser Lüge zu leben. Sie weiß, dass es falsch ist, was sie tut. Dennoch kann sie nicht anders. Sie flüchtet sich in Ausreden. Ihre Eltern interessieren sich ja gar nicht richtig für ihre Tochter, sonst würden sie ja etwas merken. Außerdem ist es jetzt eh schon zu spät, die Wahrheit zu sagen. Sie wären noch enttäuschter, wenn sie jetzt alles erfahren würden. Das Problem ist allerdings, dass Annika auch andere Menschen in ihr Lügengebilde mit hinein zieht. Ihre beste Freundin muss für sie lügen. Dann lernt Annika Kai (Thomas Feist) kennen und lieben. Noch nicht einmal als Kai wegen ihr Ärger bekommt, sagt sie endlich die Wahrheit. Dabei ist er der einzige, von dem sie sich verstanden fühlt.
Laut den Regisseuren Jan Martin Scharf und Arne Nolting basiert die Filmhandlung auf einer wahren Begebenheit. Aber eigentlich muss man sich nur an seine eigene Schulzeit zurückerinnern, um zu erkennen, dass so etwas praktisch jeden Tag passieren kann. Ständig fühlen sich Kinder bemüßigt, gute schulische Leistungen erbringen. Viele fühlen sich diesem Druck nicht gewachsen. Da müssen die Eltern gar nicht "andere Seiten" aufziehen, um den Druck unerträglich zu machen. Auch unsere Protagonistin traut sich nicht, die Wahrheit zu sagen. Sie will ihre Eltern nicht enttäuschen. Das Drama zeigt deutlich, wie sich ihre Situation immer mehr zuspitzt. Manchmal sind die auf Annika einstürzenden Ereignisse zu vorhersehbar. Für ihre Unfähigkeit, zu ihren Fehlern zu stehen, findet der Film eine treffende Metapher. Annika und Kai stehen am Ufer eines Sees. Doch Annika traut sich nicht von dem hohen Felsvorsprung ins kalte Wasser zu springen. Dass der Zuschauer mit Annika mitfühlt liegt zum einen an dem überzeugenden Spiel der großartigen Katharina Schüttler. Zum anderen kann man sich der Figur gar nicht entziehen. Sie ist in jeder Szene des Dramas präsent. Jan Martin Scharfs und Arne Noltings Inszenierung ist angenehm unaufdringlich. Der Zuschauer ist zwar nah an der Schülerin, bleibt aber ein Beobachter aus Distanz. Hektische Schnitte und unmotivierte Nahaufnahmen fehlen. Die Emotionen werden durch die Handlung evoziert und nicht durch filmische Mittel manipuliert. Annika muss Fehler machen, um ihren eigenen Weg zu finden. "Wahrheit oder Pflicht" ist ein ehrlicher Film über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens.
Tatjana Niezel, Filmreporter.de
Ständig fühlen sich Kinder bemüßigt, gute schulische Leistungen erbringen. Viele fühlen sich diesem Druck nicht gewachsen. Da müssen die Eltern gar...
Wahrheit oder Pflicht
2024