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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Originaltitel
Slaughterhouse-Five
Regie
George Roy Hill
Darsteller
Gary Waynesmith, Richard Schaal, Gilmer McCormick, Stan Gottlieb, Karl-Otto Alberty, Henry Bumstead
Kinostart:
Deutschland, am 27.10.1972 bei CIC
Genre
Science Fiction
Land
USA
Jahr
1972
FSK
ab 16 Jahren
Länge
101 min.
IMDB
IMDB
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brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Von den eigenen Gedanken auf Zeitreise geschickt
"Schlachthof 5" ist die Dresdner Adresse wo Billy Pilgrim (Michael Sacks) während seiner Gefangenschaft im Zweiten Weltkrieg untergebracht ist. "Tralfamadore" ist der Planet, auf den Außerirdische einige Jahre später entführen. Zwischen diesen und weiteren Orten springt die Handlung von George Roy Hills Drama. Zur Erklärung gibt Pilgrim, der zugleich Erzähler seiner Geschichte auftritt, am Anfang des Film an, er verfüge über die Fähigkeit, sich zu jeden Zeitpunkt seines Lebens zu bewegen, und das allein durch die Kraft seiner Gedanken. Immer wieder kehrt er zu den schrecklichen Erlebnissen, der Bombardierung Dresdens zurück, zur Hochzeitsnacht mit seiner Frau oder zu einem Flugzeugabsturz, den er überlebt hat. Schließlich erkennt er, dass er mit dem Phänomen nur auf eine Weise umgehen kann: Er muss lernen, seine Gedanken auf die schönen Dinge im Leben richten.
"Schlachthof 5" ist Science-Fiction-Drama, Kriegsfilm und Biographie. Vor allem aber ist er ein philosophischer Film. Er bedient sich derselben Mittel, wie die gleichnamige literarische Vorlage Kurt Vonneguts (1922-2007). Auf eine chronologische Erzählweise wird zugunsten assoziativer Sprünge verzichtet. Das Leben der Hauptfigur setzt sich für den Zuschauer wie ein Mosaik zusammen. Von der Hochzeit wird zum Kriegselend im zerstörten Dresden gewechselt, manchmal finden diese Sprünge so unvermittelt statt, dass die Filmfiguren während des Sprechens unterbrochen werden. Die vierte Dimension, die Zeit, wird so begehbar wie jeder geographische Ort. Der Protagonist mit dem programmatischen Namen Pilgrim ist auch bei seinem eigenen Tod präsent. Auf dieser Grundlage entwickelt er eine fatalistische Einstellung, die zum Grundton des Films wird. Damit ist er - wie schon Vonneguts Roman - ein Spiegelbild der Resignation angesichts einer sich in Grausamkeiten wiederholende Geschichte.

Die Bilder der Bombenopfer in Dresden mit ihren schrecklichen Verbrennungen erinnern frappierend an jene, die der internationalen Öffentlichkeit zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aus dem Vietnam-Krieg zugänglich gemacht wurden. Dass George Roy Hill für seinen Film die Zahlen des umstrittenen Geschichtsrevisionisten David Irving übernahm, der behauptet, es habe in Dresden mehr Opfer gegeben, als in Hiroshima, ist ärgerlich. Das tut der Qualität des Films aber keinen Abbruch. Trotz der anarchischen Erzählweise macht das Science-Fiction-Drama nicht nur nachdenklich, sondern auch überaus spannend. Schnelle Schnitte, die komplexe Handlung und die innovative Erzählweise machen den Film sehenswert. Auch das meisterliche Klavierspiel von Starpianist Glenn Gould und die hervorragende Ausstattung zeichnen die Verfilmung aus. "Schlachthof 5" ist ein Klassiker, ein gelungener gesellschaftskritischer Science-Fiction.
André Weikard/Filmreporter.de
2024