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Herbst - Sonbahar

Herbst - Sonbahar

Originaltitel
Sonbahar
Alternativ
Herbst-Requiem; Autumn; Herbst; Sonbahar - Herbst - Autumn
Regie
Özcan Alper
Darsteller
Raife Yenigül, Serhan Pirpir, Sibel Öz, Nino Lejava, Megi Kobaladze, Serkan Keskin
Kinostart:
Deutschland, am 13.05.2010 bei barnsteiner-film
Genre
Drama
Land
Türkei, Deutschland
Jahr
2008
FSK
ab 6 Jahren
Länge
100 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Naturschauspiel wird zum Spiegel der Gefühle
Student Yusuf (Onur Saylak) wird mit 22 Jahren wegen seinem sozialistischen Engagement verhaftet. Er hat sich in der Türkei politisch engagiert. Im Gefängnis protestiert er mit Hungerstreiks gegen die unmenschlichen Bedingungen im Hochsicherheitstrakt. Nach zwölf Jahren wird er aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen. Er ist unheilbar an Tuberkulose erkrankt. Zurück in seinem Heimatdorf am Schwarzen Meer zieht er wieder bei seiner Mutter ein. Sie wohnt in einem abgeschiedenen Haus im Kaukasus. Um sie nicht zu beunruhigen, erzählt er ihr nichts von seinem Gesundheitszustand. Seine lange Haft hat Yusuf zu einem menschenscheuen Einzelgänger gemacht. Lediglich mit seinem alten Studienfreund Mikhail (Serkan Keskin) trifft er sich gelegentlich. Gemeinsam ziehen die beiden durch Istanbuler Bars und schwelgen in gemeinsamen Jugenderinnerungen. Dort lernt der schmächtige Mann die Prostituierte Eva (Megi Kobaladze) kennen und findet in ihr eine Seelenverwandte. Beide merken, dass der Zeitpunkt für ihre Liebe denkbar schlecht gewählt ist, dennoch versuchen sie es miteinander.
Mit Gefängnisszenen zu Beginn weckt "Herbst" Erwartungen an eine Dokumentation oder einen Thriller über politische Häftlinge. Tatsächlich ist Özcan Alpers erster Spielfilm jedoch eine Charakterstudie über einen einsamen, gebrochenen Mann. Der Regisseur bevorzugt stille Töne. Neben den Darstellern ist die Natur Hauptakteurin. Oft sieht man den Protagonisten in langen Einstellungen einsam in der Berglandschaft. Dabei hört man lediglich Naturgeräusche. Unterbrochen wird die Beschaulichkeit durch Flashbacks mit Erinnerungen an die unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis. Diese Aufnahmen reißen den Zuschauer aus der meditativen Stimmung heraus, weil sie auf harte, unerwartete Schnitte folgen. Schnell montierte, unscharfe Szenen wie von einer Überwachungskamera rufen ein Gefühl der Beklemmung hervor. Da diese Flashbacks ziemlich kurz ausfallen, bleibt viel Spielraum für die Phantasie des Betrachters. Durch ihr abruptes Auftauchen lassen diese Szenen die unverarbeiteten Traumata des Protagonisten gut erahnen. "Herbst - Sonbaha" erweist sich als gelungenes Stimmungsgemälde. Die Natur spiegelt auf vielfältige Weise den Gemütszustand des Protagonisten. Tosende Wellen decken sich mit seiner inneren Unruhe, satte Grün- und Brauntöne mit seiner Hoffnung. Wer mehr Handlung bevorzugt, wird enttäuscht. Hintergründe über die Inhaftierung der Hauptfigur werden auf ein Minimum reduziert. Außerdem wird für den Zuschauer das Ende bereits zu Beginn ersichtlich. Spannend ist die Frage, wie es zu diesem Ende kommt. Für die faszinierenden Aufnahmen der Berglandschaft und des Schwarzmeers lohnt sich das Drama ebenfalls. Die schier unerschöpfliche Vielfalt der Bilder und Farben versetzt den Betrachter bis zum Schluss ins Staunen.
Gudrun Schmiesing/Filmreporter.de
Die Charakterstudie "Herbst - Sonbahar" erzählt die Geschichte eines ehemaligen Gefängnisinsassen, einem gebrochenen Mann. Wunderschöne Aufnahmen...
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Herbst - Sonbahar
2024