farbfilm verleih
Men on the Bridge - Köprüdekiler

Men on the Bridge - Köprüdekiler

Originaltitel
Köprüdekiler
Alternativ
Rush Hour
Regie
Asli Özge
Darsteller
Cemile Ilker, Umut Ilker, Fikret Portakal, Murat Tokgöz
Kinostart:
Deutschland, am 22.07.2010 bei farbfilm verleih
Genre
Drama
Land
Deutschland, Türkei, Niederlande
Jahr
2009
FSK
ab 12 Jahren
Länge
90 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Gesellschaftskritik zwischen Fiktion und Realismus
Die Bosporus-Brücke in ist eines der Wahrzeichen der einzigen Stadt, die sich über zwei Kontinente erstreckt. Was sie auszeichnet, ist sicher nicht nur ihre technische und ästhetische Dimension, sondern auch ein großer symbolische Gehalt. Sie verbindet den asiatischen mit dem europäischen Teil Istanbuls und muss daher oft als Symbol eines Landes herhalten, das den schwierigen Spagat zwischen ihrer islamischen Tradition und einer säkularisierten, an westlichen Lebensstandards angepassten modernen Gesellschaft schaffen will. Für Regisseurin Asli Özge steht die Hängebrücke freilich nicht nur für Tradition und Fortschritt, sondern ist auch ein Zeichen für den Stillstand. Mit dem Motiv des täglichen Verkehrschaos', findet sie dafür ein passendes Bild.

Im Leerlauf befinden sich auch die Leben der Charaktere, die Özge in ihrem Spielfilmdebüt in den Fokus rückt. Da ist zum Beispiel der 17-Jährige Fikret (Fikret Portakal), der im Dauerstau wartenden Autofahrern Blumen zum Verkauf anbietet. Gleichzeitig bemüht er sich im Zentrum der Stadt um einen richtigen Job. Doch da er weder eine Ausbildung noch einen Schulabschluss hat, bekommt er nur Absagen. Auch für Umut (Umut Ilker) ist die Brücke Schauplatz seiner Arbeit. In einem Sammeltaxi transportiert er täglich Passagiere vom europäischen Teil der Stadt in den asiatischen und umgekehrt. Neben der Sorge um seinen Job plagen ihn die überzogenen Ansprüche seiner Frau, die ungeachtet ihrer finanziellen Situation in eine größere Wohnung ziehen will. Und schließlich ist da Verkehrspolizist Murat (Murat Tokgöz0), der den Verkehr auf der Brücke regelt, sein eigenes Leben aber nicht in den Griff bekommt. In der Anonymität der Großstadt ist er vereinsamt. Sämtliche Bemühungen, im Internet eine Frau kennenzulernen, schlagen fehl.
Asli Özge verschränkt die Schicksale ihrer Protagonisten nicht, sie ordnet diese auch nicht einer spannungsvollen Dramaturgie unter. Die Episoden laufen vielmehr nebeneinander und mit einer Ausnahme gibt es auch keine Berührungspunkte. Diese episodische Struktur erinnert an die Filme Robert Altmans und Paul Thomas Andersons. Während diese ihre Weltsicht ausschließlich in Gestalt fiktionalisierter Stoffe veranschaulichen und in eine dramatisch-mitreißende Inszenierung einbetten, kommt "Men on the Bridge" wesentlich bescheidener, mit einem ausgeprägten dokumentarischen Gestus daher. Nach eigenen Angaben hat sich die in Istanbul aufgewachse Regisseurin, die seit 2000 in Berlin lebt, von Geschichten realer Personen im Umfeld der Brücke inspirieren lassen. Ihre Erfahrungen wollte sie zunächst auch zu einer Dokumentation verarbeiten. Da türkische Polizisten hierbei jedoch nicht mitwirken dürfen, entschied sie sich für die Form eines fiktiven Spielfilms im dokumentarischen Stil. Zwei der männlichen Darsteller (Fikret und Umut) spielen sich selbst, während die Rolle des Polizisten von einem Laiendarsteller verkörpert wird. In der Darstellung ihrer Charaktere stehen diese ihren professionellen weiblichen Schauspielerinnen in nichts nach. Sie spielen ihre Rollen durchaus glaubwürdig und lassen "Men on the Bridge" durch ihre Präsenz besonders authentisch erscheinen. Vor allem Murat Tokgöz und Umut Ilker schaffen es, Sympathien für ihre zwischen Hoffnung auf ein besseres Leben und Enttäuschung changierenden Figuren zu wecken.

Einen entscheidenden Anteil für den authentischen Look von "Men on the Bridge" hat auch die ausgezeichnete Kameraarbeit von Emre Erkmen. Der dffb-Absolvent widersetzt sich den gängigen Normen einer perfekten und quasi unsichtbaren Kameraführung. Seine authentische Kameraführung ist bewegt, entsprechend verwackelt sind viele Bilder. Ebenso beiläufig wirkt die dezentrale Bildkomposition. Das alles erinnert auffällig an die ästhetische Doktrin der Dogma-Filmer Mitte der neunziger Jahre. Ebenso wie bei Lars von Trier ("Idioten") oder Thomas Vinterberg ("Das Fest") scheint auch bei Özge die Form einen zentralen Stellenwert zu haben: Unter Umgehung klassischer Erzählkonventionen schafft sie eine besondere Nähe zur Gefühlswelt der Protagonisten - ohne diesen zu sehr auf den Leib zu rücken. Das ist der Regisseurin in ihrem mehrfach ausgezeichneten Debüt durchaus gelungen.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Fikret (Fikret Portakal), Umut (Umut Ilker) und Murat (Murat Tokgöz) haben vieles gemein: Sie verbringen einen Großteil ihrer Arbeit auf Istanbuls...
 
Asli Özge verschränkt die Schicksale ihrer Protagonisten nicht, sie ordnet diese auch nicht einer spannungsvollen Dramaturgie unter. Die Episoden...
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Men on the Bridge - Köprüdekiler
2024