NFP marketing & distribution
Das Blaue vom Himmel

Das Blaue vom Himmel

Originaltitel
Das Blaue vom Himmel
Regie
Hans Steinbichler
Darsteller
Juliane Köhler, Hannelore Elsner, Karoline Herfurth, Niklas Kohrt, David Kross, Rüdiger Vogler
Kinostart:
Deutschland, am 02.06.2011 bei NFP marketing & distribution
Kinostart:
Österreich, am 10.06.2011 bei Polyfilm
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2010
FSK
ab 12 Jahren
Länge
99 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.dasblauevomhimmel-derfilm.de
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Aufwendiges Drama vor historischem Hintergrund
Das Verhältnis von Sofia (Juliane Köhler) zu ihrer Mutter Marga (Hannelore Elsner) war nie von tiefen Gefühlen geprägt. Davon war die Tochter - eine erfolgreiche Journalistin - jedenfalls überzeugt. Der Verdacht Sofias, Marga hätte nie Zuneigung für sie empfunden, war der Grund, wieso der Kontakt zwischen ihnen abbrach.

Doch die lange vermiedene Konfrontation mit Marga wird fällig, als Sofia einen Anruf aus dem Heim ihrer Mutter bekommt. Diese sei aus dem Heim ausgebrochen und befinde sich nun in einer psychiatrischen Tagesklinik. Nur zögerlich erklärt sich Sofia bereit, Marga bei sich aufzunehmen. Die ist an Demenz erkrankt und versinkt zunehmend in einer Welt, in der sich Vergangenheit und Gegenwart vermischen. Immer wieder brechen Erinnerungsfetzen aus ihr heraus, die auch Sofias sicher geglaubte Identität in Frage stellen. So erfährt sie von der grenzenlosen Liebe Margas zu ihrem Vater Juris (Niklas Kohrt), die zu Beginn der 1930er Jahre in Lettland ihren Anfang nahm und durch die politischen Ereignisse sowie den Treuerbruch des Geliebten zerrieben wurde.
"Das Blaue vom Himmel" siedelt seine zwei Handlungsstränge jeweils von dem Hintergrund historischer Ereignisse in Lettland an. Das eine ist die Inbesitznahme des Landes am Balkan durch die Sowjetunion infolge des Hitler-Stalin-Paktes im Jahr 1939, das andere die Befreiung Lettlands 52 Jahre später, als die bröckelnde UdSSR seine Unabhängigkeit anerkennt. Nicht zuletzt aus Kostengründen wurde dabei die Schilderung der politischen Situation soweit reduziert, dass sie lediglich als Rahmen für die Beziehungsgeschichten fungiert. Nichtsdestotrotz gelingen Regisseur Hans Steinbichler sowie denn Drehbuchautoren Josephine Jahnke und Robert Thayenthal eine semantische Verquickung zwischen Historie und Privatheit. So geht die Befreiungsbewegung Lettlands mit der 'Befreiung' der beiden weiblichen Protagonistinnen einher. Beide, Mutter und Tochter, stellen sich ihrer Vergangenheit, der sie durch Verdrängung und Angst vor einer Konfrontation ihr Leben lang aus dem Weg gehen.

Im Zuge dieser kathartischen Befreiung erweist sich "Das Blaue vom Himmel" als Drama über die Macht der Erinnerung. Trotz Margas Bemühen, die Vergangenheit zu verdrängen, quellen die Erinnerungen aus ihr heraus. Gerade weil Margas Bewusstsein durch ihre Krankheit in Mitleidenschaft gezogen wird, tritt die Vergangenheitsbewältigung umso deutlicher hervor. Die Erinnerung ist somit kein bewusster Akt, sondern wird als notwendige Konstante im Dienste der Wahrheit ausgewiesen. Gleichzeitig hat sie mit Blick auf die psychische Disposition der Frau und die zwischenmenschliche Missverhältnisse eine therapeutische Wirkung. Neben dem Erinnerungsmotiv schneidet Steinbichler weitere Themen an. Die zerstörerische Macht der Liebe wird in den Raum geworfen sowie Fragen danach, inwieweit der Mensch verantwortlich für seine Handlung ist, wenn diese von der Liebe gelenkt ist. Die Antworten - und das macht das Drama letztlich sympathisch - muss jeder Zuschauer für sich selbst beantworten.

Formal zeichnen sich die Bilder von "Das Blaue vom Himmel" durch eine Rauheit aus, die zum einem das Klima des Baltikums und die historischen Umwälzungen der Zeit, aber auch das emotionale 'Unwetter' der Charaktere widerspiegelt. Auffällig ist, dass die Bilder selbst in den zahlreichen Rückblenden diese Qualität behalten und nichts von einem verklärenden Schleier an sich haben. Die Vergangenheit ist hier keine Idylle, es haftet ihr nichts Schönes an, ganz im Gegenteil. Hier liegen die Wurzeln aller Missstände - der sozialpolitischen wie der persönlichen. Etwas zurückhaltender hätte hingegen die musikalische Untermalung ausfallen können. Steinbichler wollte jedoch großes Gefühlskino schaffen und mit der Musik als Akzentuierung melodramatischer Momente haben sie es leider übertrieben.

Dennoch bietet "Das Blaue vom Himmel" einige große Momente, die durch inszenatorische Zurückhaltung und vor allem durch große schauspielerische Leistungen getragen werden. Hannelore Elsner gelingt es auf wunderbarer Weise, die gequälte Seele darzustellen. Ihre Marga wirkt nie manieriert und gekünstelt, sondern erscheint vielmehr als verzweifelte Frau, deren Schicksal ans Herz geht. Juliane Köhlers Spiel zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Zurückhaltung aus. Dennoch gelingt es ihr, das ganze emotionale Spektrum ihrer Figur auszudrücken. Selbst den Nebendarsteller lässt Steinbichler Raum zur Entfaltung. Hervorzuheben ist vor allem Dace Eversa in der Rolle der älteren Jewa Lepere. Ihr gelingt es, die Tragödie ihres Lebens durch subtiles Mimenspiel auszudrücken. Die erste Begegnung Jawas mit Sofia, die hier nur angerissen werden kann, erreicht eine ungeheure Intensität. Solche stille, bewegende Momente gibt es einige in "Das Blaue vom Himmel". Eine dramaturgische Bescheidenheit wie in dieser und einigen anderen berührenden Szenen hätte Programm sein sollen, statt allzu oft mit großer Geste auf Monumentalität und ein Kino epischen Formats zu setzen.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
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Jemand hat mal geschrieben, Juliane Köhler verkörpere überwiegend...
Jürgen Olczyk - die film gmbh
Das Blaue vom Himmel
2024