Universal Pictures
Dschungelkind

Dschungelkind

Originaltitel
Dschungelkind
Alternativ
Das Dschungelkind
Regie
Roland Suso Richter
Darsteller
Walter Rizzardini, Felix Tokwepota, Emmanuel Simeon, Martina Ysker, Milena Tscharntke, Sven Gielnik
Kinostart:
Deutschland, am 17.02.2011 bei Universal Pictures International (UPI)
Kinostart:
Österreich, am 18.02.2011 bei Universal Pictures
Kinostart:
Schweiz, am 17.02.2011 bei Universal Pictures
Kinostart Deutschland
Dschungelkind
Genre
Abenteuer
Land
Deutschland
Jahr
2010
Länge
131 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Zivilisierte Familie trifft auf Eingeborenenkultur
"Dschungelkind" setzt in der Gegenwart an, in der sich die erwachsene Sabine Kuegler (Sina Tkotsch) an ihre Kindheit im Urwald Papua-Neuguineas erinnert. Es ist klar, dass mit diesem konventionellen Anfang das Erinnerte idealisiert und dergestalt der Realität der Gegenwart entgegengesetzt wird. Noch ist in diesen ersten Filmminuten nicht viel von dieser Gegenwart zu sehen, doch zu ihrer Darstellung wird Roland Suso Richter in seinem ersten Kinofilm seit 2004 noch kommen, wenn er gemeinsam mit seiner Heldin von der schönen Welt der Wildnis in die ernüchternde Zivilisation zurückkehren wird.

Deutschland hatte Sabine (Stella Kunkat) noch als Kind verlassen. Mit acht Jahren wandert sie mit ihrer Mutter Doris (Nadja Uhl) und ihren zwei Geschwistern nach West Papua aus, wo ihr Vater Klaus (Thomas Kretschmann) die Sprache eines Eingeborenenstammes erforscht. Die kleine Sabine lernt schnell, in dieser fremden Welt voller Gefahren zurechtzukommen. Sie findet Freunde und möchte hier am liebsten für immer leben. Ihre ältere Schwester Judith (Milena Tscharntke) tut sich da schon schwerer und möchte so schnell wie möglich zurück in das weit bequemere Deutschland. Auch Mutter Doris passt sich nur schwer an die Verhältnisse an. Vor allem die vom Aberglauben bestimmten Traditionen und Rituale der Ureinwohner kann sie schwer akzeptieren. Damit stößt sie auf das Unverständnis ihres Mannes, der sich in die tradierte Welt der Papuas nicht einmischen will. Die Familie wird zunehmend in die immer wieder aufkeimenden Stammeskriege hineingezogen. Als die Küglers einen verwundeten Jungen retten, ziehen sie den Unmut der Eingeborenen auf sich. In ihrem Aberglauben gefangen, glauben diese, dass jede Erkrankung oder Kriegsverletzung schicksalhaft und unumkehrbar ist.
Roland Suso Richter nimmt sich viel Zeit für die zwei Welten, die in seinem ersten Kinofilm nach sieben Jahren aufeinander prallen. In dieser deskriptiven Eigenschaft liegt denn auch die Stärke dieses ansonsten uneinheitlichen und allzu harmlos geratenen Dramas. Für Richter ist die Wildnis des Dschungels keinesfalls der Sehnsuchtsort, als den ihn viele Intellektuelle gerne sehen möchten. Trotz der Ursprünglichkeit ist es keine Welt der Unschuld, er zeigt Rituale und Aberglauben, die mit Menschenleben bezahlt werden. Es ist eine unvernünftige Welt, die viel Unheil stiftet. Und doch erhebt sich der Filmemacher nicht zum Richter über die Ureinwohner und ihre Kultur. Allenfalls durch seine Protagonisten lässt sich so etwas wie eine Haltung ableiten. Die Frau reagiert geradezu empört auf den Aberglauben der Fayus und lässt nichts unversucht, deren Welt mit ihren humanistischen Idealen und technischen Errungenschaften zu erobern. Dabei war sich Richter der Schwäche der Vorlage in diesem Punkt durchaus bewusst. Das mag der Grund sein, wieso er den missionarischen Gestus von Sabine Kuegler aus seiner Adaption gestrichen hat. In seiner Version ist die Mutter keine Christin, die den Glauben in den Dschungel bringen will, sondern jemand, der um die Menschlichkeit besorgt ist.

Gegen die auf Veränderung zielende Haltung der Frau positioniert Richter die neutrale Auffassung des Mannes. Klaus ist nicht nur hinsichtlich der Sprache der Fayus, sondern auch ihrer Kultur ganz Wissenschaftler und weiß, dass es töricht und falsch wäre, in diese willkürlich einzugreifen. Klar dass bei diesen konträren Auffassungen Konflikte nicht ausblieben. Damit beginnen aber auch die Schwächen von "Dschungelkind". Immer dann, wenn es Richter die Konflikte in Szene setzt, wird das deskriptive Moment aufs Spiel gesetzt, um mehr zum Drama bzw. Melodram zu tendieren. Auch verrät er dabei zunehmend seine Figuren. Als die Stammeskriege immer näher an die Kuegles heranrücken, wird aus dem Wissenschaftler Klaus doch der um das Wohl seiner Familie besorgte Vater, der sich in den Kampf der verfeindeten Stämme einmischt. Dabei ist nicht nur er, sondern auch Richter mehr als naiv zu glauben, dass er mit diesem Schritt die jahrelange Feindseligkeit einer naiven Bevölkerung beiseite fegen kann. Auf die Fayus mag Klaus mit seinem beherzten Eingreifen zwar Eindruck machen, nicht aber auf den Kinozuschauer, bei dem solche Wendungen wegen ihrer Unglaubwürdigkeit und des aufgesetzten Pathos mit Unverständnis reagiert.

Vollends missglückt ist "Dschungelkind" gegen Ende hin. Auch hier ist der Zwang zum Melodram, dem sich Richter lange widersetzt, der Knack- und Schwachpunkt. Die Entscheidung Sabines, in die Zivilisation zurückzukehren, ist nicht nachvollziehbar. Die Radikalität ihres Entschlusses entspricht nicht dem Ausmaß der Gefühle, die sie für den verstorbenen Papua hegt. Auf dramaturgischer Ebene wird der Liebesgeschichte jedenfalls nicht genug Entfaltungsraum geboten, als dass ihre Entscheidung verständlich wäre. Mit ihrer Rückkehr nach Deutschland erschöpft sich "Dschungelkind" zudem in einer allzu plakativen Darstellung der zivilisierten Welt. Waren die Kinder bei ihrem kurzzeitigen Besuch in ihrer Heimat glücklich über den winterlichen Schnee, wird er nun zu einer unverhüllten Metapher für die "Kälte" unserer Gesellschaft. Auch setzt Richter in diesen Passagen zu sehr auf das Wort statt auf die Kraft seiner Bilder, um die distanzierte Haltung der Protagonistin zu ihrer Heimat aufzuzeigen. Das ist insgesamt zu kurz gedacht, undifferenziert und in seiner "Botschaft" zu plakativ.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Videoclip: Dschungelkind
Sabine Kügler (Stella Kunkat) wandert mit ihrer Familie in die Wildnis Papua-Neuguineas aus, wo ihr Vater die Sprache der Ureinwohner studiert....
Roland Suso Richters "Dschungelkind" erzählt von den Erlebnissen einer deutschen Familie, die nach Papua-Neuguinea auswandert. Im folgenden Clip...
 
Galerie: Dschungelkind
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2024