Ascot Elite
Winter's Bone

Winter's Bone

Originaltitel
Winter's Bone
Regie
Debra Granik
Darsteller
Sheryl Lee, Cinnamon Schultz, Russell Schalk, Brandon Gray, Andrew Burnley, Phillip Burnley
Kinostart:
Deutschland, am 31.03.2011 bei Ascot Elite Entertainment Group
Kinostart:
Österreich, am 01.04.2011 bei Filmladen
Kinostart:
Schweiz, am 24.03.2011 bei Look Now!
Kinostart Deutschland
Winter's Bone
Genre
Drama
Land
USA
Jahr
2010
Länge
100 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
3,5 (2 User)
Deprimierendes Bild des Mittleren Westens der USA
"Winter's Bone" ist der zweite Kinofilm der amerikanischen Regisseurin Debra Granik. Die Stimmung des Dramas ist so deprimierend, wie die Landschaft. In den Ozark Mountains, einer weltfremden und düsteren Einöde im südlichen Missouri, zieht die 17-jährige Ree (Jennifer Lawrence) ihre beiden kleinen Geschwister groß. In ihrer Obhut befindet sich auch ihre Mutter, die immer mehr in die geistige Umnachtung abdriftet. Der Vater hat die Familie längst verlassen und ist als drogenabhängiger Krimineller mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Das ohnehin von Not und Armut gekennzeichnete Leben der Familie droht vollends auseinanderzufallen, als Ree erfährt, dass ihr Vater das Haus der Familie als Sicherheit für die Kaution eingesetzt hat und dann spurlos verschwunden ist. Sollte er nicht rechtzeitig zu der Verhandlung erscheinen, verliert die Familie ihre Lebensgrundlage. Entschlossen macht sich Ree auf die Suche nach ihrem Vater. Doch mit ihren Nachforschungen stößt sie auf heftigen Widerstand all jener, die in engerem Kontakt mit dem Mann standen. Trotz des Geflechts aus Lügen und Bedrohung kommt sie der schrecklichen Wahrheit immer näher.
Karge Lebensverhältnisse soweit das Auge reicht, Menschen so schäbig vom Äußeren und wie ihre Häuser im Zerfall begriffen sind. Dies ist eine karge Landschaft und die deprimierende Welt in Debra Graniks preisgekröntem Film. Es ist eine Welt des Stillstandes. Immer wieder rückt Granik dickleibige Menschen leitmotivisch neben Armut und Entbehrungen ins Bild. Es ist, als wollte sie damit die Ursächlichkeit der Verhältnisse aufzeigen. Es gibt keine Taten, die etwas ändern könnten. Die Menschen sind lethargisch und ihre Umwelt ist Ergebnis dieser Trägheit. Hoffnung und die Sehnsucht nach einer besseren Welt werden allenfalls in Liedern zum Ausdruck gebracht. Als Ree auf der Suche nach ihrem Vater in einer Berghütte Station macht, stößt sie auf eine Party vor, in der eine Frau eines dieser Sehnsuchtslieder zum Besten gibt - ein bezeichnendes Bild. Die Menschen haben sich trotz der äußerlichen Verwahrlosung den Sinn für das Gute und das Schöne bewahrt. Das wird auch an der Figur von Rees Onkel Teardrop (John Hawkes) deutlich. Trotz der anfänglichen Anfeindung und Bedrohung seiner Nichte, steht er ihr am Ende bei, ist sogar bereit, sich für sie zu opfern. Das Edle haben sich die Menschen trotz allem bewahrt.

In der Darstellung der Dialektik zwischen dem äußerem Schein und seinem inneren Wesen liegt die Stärke von Graniks Film. "Winter's Bone" erinnert in seinen deskriptiven Momenten zudem auffällig an den Neorealismus der 1940er Jahre. Vor allem die motivischen und formalen Anklänge an Vittorio de Sicas "Fahrraddiebe" (1948) sind frappierend. Rees Haus, um das diese verbissen kämpft entspricht dem Fahrrad in De Sicas berühmtem Werk. Die Immobilie in "Winter's Bone" ist mehr als ein Gegenstand, es ist die Grundlage des Familienlebens - es ist ein Symbol für das Leben schlechthin.

Wie in "Fahrraddiebe" löst auch in "Winter's Bone" der Verlust dieses Gegenstands einen Bewegungsimpuls aus. Damit verliert das Drama allerdings viel von seiner Qualität. Die Suche Rees evoziert nicht nur einen Realismus, sie nimmt zugleich Züge einer geradezu mythischen Heldenreise an. Das verleiht dem Film eine Schwere, die ihm nicht gut tut. Die Stationen dieser Reise wirken allzu prätentiös und bedeutungsschwanger. Dies kommt besonders in den Dialogen zum Tragen. Vieles wird nur angedeutet und umrissen, wodurch das Angesprochene eine Überhöhung erfährt, während der Zuschauer auf der Strecke bleibt. Unnötig belastet wird "Winter's Bone" auch durch seine Anklänge an das Western- und das Gangster-Genre. Überhaupt kann Graniks Werk als Spätwestern und zugleich als Abgesang auf das Genre sowie den Mythos vom Westen betrachtet werden. Trotz des edlen Ethos, mit denen die Figuren - wie einst die Westernhelden - ihr Handeln definieren, wurde der Mittlere Westen selten so trist dargestellt.

Auch die Form verleiht "Winter's Bone" eine unnötige Schwere. Die Bilder sind trübe und monoton gehalten, einige Szenen haben eine Sepiafärbung. Schwarz-Weiß-Einblendungen tun ihr Übriges, um die formale Heterogenität zu steigern. Kurzum: wie die Welt, die er beschreibt, ist auch "Winter's Bone" zu bleiern geraten. Es fehlen ein paar leichte Momente. Das Gute und das Schöne, das hier und da aufflackert, wäre ein guter Ansatz dafür, das Wenige, das gezeigt wird, ist jedoch nicht gewichtig genug.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
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2024