KOOL Filmdistribution
Angèle und Tony

Angèle und Tony

Originaltitel
Angèle et Tony
Alternativ
Angèle & Tony
Regie
Alix Delaporte
Darsteller
Corine Marienneau, Antoine Laurent, Farid Larbi, Tracy, Rama Grinberg, Barbara Chavy
Kinostart:
Deutschland, am 04.08.2011 bei Kool Filmdistribution
Kinostart:
Österreich, am 06.07.2011 bei Filmladen
Kinostart:
Schweiz, am 28.07.2011 bei Xenix Film
Genre
Drama
Land
Frankreich
Jahr
2010
FSK
ab 6 Jahren
Länge
87 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.AngeleundTony-Film.de
|0  katastrophal
brillant  10|
6,0 (Filmreporter)
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Blasses Drama über eine desillusionierte Frau
In einem trostlosen Ort, der aussieht wie ein verlassener Parkplatz, haben eine Frau und ein Mann Geschlechtsverkehr. Mit diesem expliziten Bild führt die französische Filmemacherin Alix Delaporte den Zuschauer in ihren leisen und schnörkellosen Film sowie den Charakter ihrer geheimnisvollen Protagonistin ein. Dass Angèle (Clotilde Hesme) eine getriebene und vom Leben enttäuschte Frau ist, wird nach und nach entrollt. Sie hat gerade ihren Körper verkauft, für eine kleine Spielzeugfigur, die sie ihrem kleinen Sohn schenken will. Das Sorgerecht für den Jungen hat Angèle nach dem Unfalltod ihres Mannes an ihre Schwiegereltern verloren.

Die Erzählung impliziert, dass die Frau am Tod des Mannes mitverantwortlich ist. Überdies befindet sich Angèle wegen eines nicht näher ausgeführten Verfehlens in Bewährungshaft. Was auch immer ihre Schuld ist, die Schwiegereltern verweigern ihr den Kontakt zu ihrem Sohn und auch der Kleine scheut die Nähe der Mutter. In einer Szene versteckt er sich in der Toilette, während Angèle ihn flehentlich darum bittet, dass er ihr die Tür aufmacht. Vergebens. Wenig später bricht die verzweifelte Mutter auf dem Schulhof zusammen.

In einem Café macht Angèle Bekanntschaft mit Tony (Grégory Gadebois). Ein Blind Date, wie sich bald herausstellt. Nach einer gemeinsamen Fahrt in Tonys Auto versucht Angèle einen plumpen Annäherungsversuch, indem sie Tony zwischen die Beine fasst. Verwirrt geht der äußerlich unauffällige und schüchterne Mann auf Distanz. Trotzdem lädt er die Frau ein, bei sich zu übernachten. Die beiden kommen sich trotz dem unglücklichen Start näher. Bald darauf zieht Angèle gegen den anfänglichen Widerstand ihrer Mutter (Evelyne Didi) ganz bei Tony ein. Kurze Zeit später verschafft ihr Tony eine Anstellung in seinem Fischerei-Unternehmen. Zwischen den grundverschiedenen Menschen entsteht eine zarte Romanze. Was das Glück Angèles komplett machen würde, ist ihr Sohn. Der Kontakt zu ihm wird ihr jedoch noch immer beharrlich von den Schwiegereltern verwehrt.
Das dramaturgische Konzept von "Angèle und Tony" wird schon nach wenigen Einstellungen deutlich. Die Gestaltung von Handlung und Charakteren ist eher auf Andeutungen angelegt, als auf eine klare Konturierung. Regisseurin Alix Delaporte setzt Bilder nebeneinander, ohne verbindende Linien zu ziehen. Wenn sie hofft, dass durch deren Gesamtheit - ähnlich einem Mosaik - in der Vorstellung des Zuschauers ein Ganzes ergibt, dann liegt sie falsch. "Angèle und Tony" bleibt bis zuletzt konturlos und wenig greifbar. Im Vorfeld der Arbeit zu dem Drama habe Delaporte vor allem an einem Bild gelegen. Um dieses Bild herum habe sie alle anderen Bilder gebaut, erklärt die Regisseurin im Interview mit Filmreporter.de. Dieses Bild, das der Zuschauer freilich erst am Ende des Films zu sehen bekommt, ist denn auch tatsächlich das stärkste des Films. Das zuvor gesehene verblasst dagegen merklich, da ist viel Prätentiöses mit wenig Substanz zu sehen.

Das Hauptproblem des Dramas ist ihre Protagonistin. Angèles Verhaltensweise ist wenig nachvollziehbar, weil sie nicht motiviert ist. Die rüde Ausdrucksweise und ihre Promiskuität weisen sie als Verlorene aus, doch werden die Ursachen dieses Verlorenseins nicht klar genug ausgearbeitet. Nebenbei wird der Unfalltod ihres Mannes angesprochen, an dem sie offenbar beteiligt gewesen ist. Zudem befindet sich Angèle auf Bewährung. Die Beziehung zu ihren Schwiegereltern ist zudem äußerst gespannt. Das gilt auch für das Verhältnis zu ihrem Sohn. Mag sein, dass sie mitschuldig am Tod ihres Mannes ist und daraus das gespannte Verhältnis zu Schwiegereltern und ihrem Sohn resultiert. Dass diese Schuld jedoch in Zusammenhang mit ihrer Desillusionierung steht, wird nicht nachhaltig klar. Delaporte überlässt allzu viel der Interpretationsfreiheit des Zuschauers. In dessen Vorstellung bleibt Angèle letztlich Fremdkörper, genau wie die Frau wegen ihrer physischen Präsenz nicht in das Arbeits- und Lebensmilieu ihrer neuen Umgebung passen will. Dazu passt freilich, dass Delaporte die Hauptfigur mit Clotilde Hesme besetzt hat. Anders als ihr Kollege Grégory Gadebois als Tony, dessen äußere Erscheinung den Schauspieler zum integralen Bestandteil des Arbeitermilieus macht, fällt Hesme durch ihre Schönheit aus dieser Welt heraus. Das Fremdsein in der Welt und das ziellose Umherirren darin ist nicht das Problem, sondern deren mangelnde Erklärung. Delaporte zeigt die Folgen, spart aber allzu sehr an der Beschreibung der kausalen Ursachen.

Wenig konturiert ist "Angèle und Tony" auch in der Darstellung der Nebenfiguren. Die Abneigung von Tonys Mutter gegen die Freundin ihres Sohnes wird angedeutet, aber nicht problematisiert. Ihre wachsende Sympathie für Angèle wird gar nicht erst erklärt, sie ist plötzlich da. Die Gestalt von Tonys Bruder wie die gesamte Vater-Thematik -Tonys Vater kommt bei der Ausführung seines Berufs ums Leben; erst nach langer Zeit wird er aus dem Meer gefischt - sind überflüssig, belasten den Film und lenken nur von den wesentlicheren Themen ab: der Beziehung zwischen Angèle und Tony sowie dem Kampf der Frau um Sorgerecht und Zuneigung ihres Sohnes. Am Ende bleibt das finale Bild, das Delaporte so sehr am Herzen lag. Als Zuschauer wünscht man sich aber, dass sich die Filmemacherin auch den anderen Bildern mit ähnlicher Hingabe gewidmet hätte.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Videoclip: Angèle und Tony
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2024